Wirtschaftsstandort Österreich gemeinsam ausbauen

 

erstellt am
29. 10. 14
10.00 MEZ

Haslauer empfing Wirtschaftsreferenten der Bundesländer zu erstmaligem Treffen in Salzburg
Salzburg (lk) - Die aktuelle Lage der Wirtschaftskonjunktur, Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie, Vergabekriterien der öffentlichen Hand, die Umsetzung der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie, das Immissionsschutzgesetz-Luft und der Ausbau der Breitband-Infrastruktur in Österreich standen am 28.10. im Mittelpunkt der Konferenz der Wirtschaftsreferentinnen und -referenten der Bundesländer. Salzburgs Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer hatte erstmalig zu diesem Treffen in Salzburg eingeladen.

"Ein koordiniertes, gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern ist von großer Bedeutung, um die heutigen wirtschaftlichen Herausforderungen anzunehmen und den Wirtschaftsstandort Österreich langfristig abzusichern und auszubauen", betonte Landeshauptmann Haslauer beim Informationsgespräch mit Wirtschaftskammerpräsident Dr. Christoph Leitl und Staatssekretär Dr. Harald Mahrer im Anschluss an die Konferenz und unterstrich die wirtschaftspolitische Bedeutung des heutigen Treffens.

Konjunkturdaten nach unten korrigiert
Die österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute haben die Konjunkturprognose für das Jahr 2014 deutlich nach unten korrigiert. Statt eines realen Wirtschaftswachstums von 1,4 bis 1,5 Prozent prognostizieren sie nunmehr ein reales Wachstum von 0,8 Prozent für 2014. Im Jahr 2015 dürfte das Wirtschaftswachstum mit 1,2 Prozent (Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO) beziehungsweise 1,6 Prozent (Institut für Höhere Studien IHS) zwar wieder höher ausfallen, die aktuelle Prognose für das nächste Jahr liegt aber ebenfalls deutlich unter der Juni-Prognose mit 1,7 beziehungsweise 1,9 Prozent Wachstum. Dadurch dürfte die Zahl der unselbstständig Beschäftigten schwächer, die Zahl der Arbeitslosen hingegen stärker steigen als bisher angenommen. Für das heurige Jahr erwarten daher die Wirtschaftsforschungsinstitute eine Arbeitslosenrate von 8,4 Prozent (WIFO) beziehungsweise 8,3 Prozent (IHS). Für 2015 prognostiziert das WIFO einen weiteren Anstieg auf 8,8 Prozent, das IHS gleichbleibend bei 8,3 Prozent.

"Der Erfolg der heimischen Wirtschaft ist kein Selbstläufer, Unternehmen brauchen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen", betonte WKO-Präsident Leitl. "Nur planbare und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen schaffen die Voraussetzungen für notwendige Investitionen. Der Weg dorthin führt über notwendige und sinnvolle Maßnahmen, nämlich die Vermeidung und Beseitigung von Doppelgleisigkeiten, Bürokratieabbau und Strukturreformen sowie über gezielte Wachstumsimpulse."

Staatssekretär Mahrer sagte: "Das europäische 300-Milliarden-Euro-Investitionspaket ?ist ein gutes Fundament, auf dem wir Wachstum aufbauen und Jobs schaffen können. Wir müssen dafür sorgen, dass die Projekte strukturiert umgesetzt werden und bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen." Und weiter: "Bildung und Innovation sind der Schlüssel ?für eine erfolgreiche Zukunft. Neue Ansätze wie Open Innovation werden wir in Österreich verstärken und ausbauen. Von der Bundesregierung haben wir daher ein klares Ziel: Wir wollen den wirtschaftlichen Fortschritt bestmöglich unterstützen."

Bürokratieabbau soll Unternehmen entlasten
Die Bürokratie belastet Unternehmen durch einen enormen Zeit- und Kostenaufwand und wird besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten belastend wahrgenommen – vor allem von Klein- und Mittelbetrieben (KMU). Die Absenkung der Verwaltungskosten um 30 Prozent würde die österreichische Wirtschaft nach Berechnungen der Wirtschaftskammer Österreich mit rund einer Milliarde Euro entlasten. Im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 ist eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung von bürokratischen Aufwendungen enthalten. Die Notwendigkeit des Abbaus von Bürokratie betrifft jedoch nicht nur den Bund, sondern auch die Länder. Insbesondere im Naturschutz-, Raumordnungs- und Umweltrecht scheinen Vereinfachungen in den Gesetzesmaterien dringend geboten.

Für Präsident Leitl erzeugt die wachsende Flut an Bürokratie "zunehmend eine aggressive Stimmung, die zu Unlust am unternehmerischen Handeln führt. Das betrifft Regelungen auf allen Ebenen. Von der EU droht nun eine weitere Bürokratiekeule durch die sogenannte Aarhus-Konvention, gegen die sich die Wirtschaftskammer aktiv zur Wehr setzt. Die Aarhus-Konvention sieht die Einführung von neuen, weit reichenden Klags- und Beschwerderechten für Umwelt-NGOs im Umweltrecht vor. Dadurch käme es zu gravierenden Verfahrensverzögerungen und bis zum Ende der Beschwerdefrist zu massiven Verunsicherung der Investoren. Das gilt es zu verhindern", so Leitl.

Öffentliche Vergaben mittelstandsfreundlicher gestalten
Seit Ende 2011 bemühen sich Land und Wirtschaftskammer Salzburg, die öffentlichen Vergaben mittelstandsfreundlicher und regionaler zu gestalten. So wurde der Fairnesskatalog mit dem Land Salzburg vereinbart. Dieser enthält den Verzicht auf Totalunternehmervergaben sowie die Anwendung von Kriterien zur Stärkung der KMU und der regionalen Betriebe. Da die Lokalpräferenz rechtswidrig ist, konnten nur Kriterien wie zum Beispiel die Ausbildung, die Beschäftigung älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Umweltkriterien angewendet werden.

2014 wurde der Fairnesskatalog erweitert. Noch stärker als bisher wurde die Vergabe in Einzelgewerken in den Vordergrund gestellt, erstmals wurde die Ausdehnung des Geltungsbereiches auf die Landesgesellschaften angestrebt, und die Grenze für die Zuschlagskriterien wurde von einer Million Euro auf 500.000 Euro abgesenkt. Weiters wurden die Bestbieterkriterien neu gestaltet. Diese beinhalten eine weitere Verbesserung des Subunternehmensschutzes. Zudem werden Subunternehmen im Hinblick auf die Entlohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontrolliert, weil bei Subunternehmen aus anderen EU-Staaten häufig kritisiert wird, dass sich diese Wettbewerbsvorteile durch Unterentlohnung schaffen. Auch bei den Umweltkriterien und den sozialen Kriterien, wie Ausbildung von Lehrlingen und Beschäftigung von älteren Arbeitskräften, wird nachgebessert. Insgesamt werden dadurch die Bestbieterkriterien mit 15 Prozent und der Preis mit 85 Prozent gewichtet. Ermöglicht wird dies auch durch die neue EU-Vergaberichtlinie. Diese überlässt es den Mitgliedstaaten, nicht nur den Preis und die Kosten allein als einziges Zuschlagskriterium zu verwenden.

Auf Bundesebene sind ebenfalls Maßnahmen für faire Vergaben geplant. Noch heuer soll es dazu im Parlament eine Enquete geben. Zudem wurde kürzlich die Schwellenwert-Verordnung bis Ende 2016 verlängert. Dadurch können Dienstleistungsaufträge bis zu einem Volumen von 100.000 Euro direkt vergeben werden. Bei Bauaufträgen im nicht offenen Verfahren gilt der erhöhte Wert von einer Million Euro.

Einfachere Verfahren bei Berufsanerkennung
Aufgrund der Änderung einer EU-Richtlinie müssen die landesrechtlichen Regelungen zur Berufsanerkennung bis 18. Jänner 2016 geändert werden. Die wesentlichen Punkte der neuen Berufsanerkennungsrichtlinie sind Verfahrensvereinfachung, Einführung eines europäischen Berufsausweises, Information über einheitliche Ansprechpersonen, verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten, verpflichtende Begründung von Reglementierungen und gegenseitiger Evaluierungsprozess der Mitgliedstaaten.

Auf Bundesebene wird versucht, ein zentrales Anerkennungsgesetz nach deutschem Vorbild zu schaffen. Die Länder sollen sich in diesen Prozess frühzeitig einbringen. Ein Erfahrungsaustausch zu diesem Thema unter Berücksichtigung von Verwaltungsabbau und Sicherstellung eines hohen Qualifikationsniveaus wird angestrebt.

Die Berufsanerkennungsrichtlinie der EU regelt die berufliche Anerkennung für den Zugang zu reglementierten Berufen in EU-Staaten. Zweck der Regelung ist es, die Mobilität von Arbeitskräften in der EU zu unterstützen. Reglementierung bedeutet, dass die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit direkt oder indirekt an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist. In Österreich umfasst dieser Begriff derzeit 231 Berufe, davon 38,1 Prozent im Gesundheits- und Sozialbereich und 13,9 Prozent im verarbeitenden Gewerbe. Welche Berufe reglementiert sind, obliegt jeweils dem Staat. Die Europäische Kommission versucht darauf hinzuwirken, die Zahl der Reglementierungen zu verringern. Die Berufsanerkennungsrichtlinie betrifft Bundes- und Landesrecht. Die Umsetzung in den Ländern ist bisher unterschiedlich erfolgt.

Problem "Gold Plating" bei Umsetzung von EU-Recht
Die in Österreich festgelegten Jahresmittelwerte im Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) über Luftqualität und saubere Luft sind strenger als die von der EU vorgegebenen Grenzwerte. Dieses "Gold Plating" führt zu Standortnachteilen für die heimische Wirtschaft gegenüber anderen europäischen Regionen. Von "Gold Plating" ist die Rede, wenn EU-Richtlinien national strenger umgesetzt werden, als dies von den Richtlinien her gefordert wird.

Die EU-Richtlinie schreibt für die Stickstoffdioxidkonzentrationen (NO2) in der Luft einen Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) und einen Stundengrenzwert von 200 µg/m3, der nicht öfter als 18 Mal im Kalenderjahr überschritten werden darf, vor. Für Österreich gelten die Grenzwerte seit dem 1. Jänner 2010. Die EU-Richtlinien wurden mit dem Immissionsschutzgesetz-Luft in nationales Recht umgesetzt – und zwar für Stickstoffdioxid mit einem Jahresmittelwert von 30 µg/m3 mit einer Toleranzgrenze von fünf µg/m3.

Breitband-Förderung für Länder zielgerichtet einsetzen
Bis 2020 sollen österreichweit flächendeckend Übertragungsraten im Internet von mindestens 100 Megabit pro Sekunde (MBit/s) verfügbar sein. Die Bundesregierung will für den Ausbau von Breitband-Infrastruktur eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Wichtig ist eine korrekte Darstellung der Fördergebietskulisse, also eine Art Landkarte, die zeigt, in welchen Regionen die Infrastruktur ausgebaut werden soll. Dadurch können die Förderungen für die Bundesländer zielgerichtet eingesetzt werden. Wann die Förderkulisse veröffentlicht und der finanzielle Aufteilungsschlüssel festgelegt wird, ist derzeit nicht bekannt. Eine Fördersparte soll dezentral in den Bundesländern abgewickelt werden. Vom Bund besteht der Wunsch nach einer Kofinanzierung durch die Länder, dies wurde jedoch noch nicht näher besprochen.

Mit dem Ausbau der Breitband-Infrastruktur wird die digitale Kluft zwischen Land und Stadt geschlossen, Betriebsansiedlungen forciert, Abwanderung vermieden und die Lebensqualität der Bevölkerung gesteigert. Auch gesellschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe hängt teilweise vom Zugang zu elektronischen Kommunikationsdiensten ab. Deshalb ist der Zugang zu modernen Kommunikationsnetzen auch eine demokratie- und sozialpolitische Frage.

Breitband ist für einen modernen Wirtschaftsstandort wichtig. Fast alle Österreicherinnen und Österreicher sind online, 80 Prozent der Bevölkerung und praktisch alle Unternehmen nutzen das Internet. Der Breitbandausbau ist eine wichtige Zukunftsinvestition und wird maßgeblich zum heimischen Wirtschaftswachstum beitragen. In der Europäischen Union wird ein Viertel des Wirtschaftswachstums und 40 Prozent der Produktivitätssteigerungen auf Informations- und Kommunikationstechnologien zurückgeführt.

"Der Breitband-Ausbau hat maßgebliche Bedeutung für den Wirtschaftsstandort", so Leitl. "Der Ausbau soll unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Wirtschaft wettbewerbsorientiert und technologieneutral erfolgen und sich dabei an der jeweils bestehenden Versorgungssituation orientieren. Maßnahmen zur Infrastrukturverbesserung haben für den Wirtschaftsstandort höchste Priorität und sollten ohne unnötige Verzögerungen in Angriff genommen werden."

Staatssekretär Mahrer betonte: "Deutschland hat bereits eine digitale Agenda. Auch in Österreich erarbeiten wir derzeit eine Netzpolitik-Strategie", so Mahrer.

 

 

 

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