Wien (öj) - Sergei Loznitsa dokumentiert mit "Maidan" (NL/Ukraine 2014) den Aufstand
der ukrainischen Bevölkerung gegen Präsident Janukovitsch. Dabei wird der Zuschauer zum distanzierten
Beobachter, der wie ein Fremder auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew steht, bewegungslos und mitgenommen,
ein stummer Zeuge. Nur einmal gerät die Kamera in Bewegung - als der Kameramann selbst sich in Sicherheit
begeben muss.
"Ghesseha" (Iran 2014) bedeutet ins Englische übersetzt "Tales". Und tatsächlich
werden Rakhshan Banietemads Film mehrere Geschichten von Menschen erzählt, deren komplizierte Beziehungen
erst nach und nach preisgegeben werden, um in der Schlussszene in einem Dialog zwischen der Sozialarbeiterin Sara
und dem Fahrer der Organisation in aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu kommen - Liebe, Einsamkeit, Drogensucht,
Aids, Prostitution, Hunger, Stolz, fehlende Meinungsfreiheit. Das alles will ein unabhängiger Regisseur mit
einer Handkamera festhalten.
"El futuro" (E 2013) ist der erste eigene Langspielfilm von Luis López Carrasco. Der aus
der spanischen Stadt Murcia stammende Filmemacher wollte mit der im Mittelpunkt stehenden Partyszene jene verrückte
Zeit der ‚época de la transición' in Erinnerung rufen, die auf den Sieg der Sozialisten bei den spanischen
Wahlen 1982 folgte. Eine Party ohne Ende, mehr und mehr betrinken sich die Gäste und die Gespräche drehen
sich um Politik, Kultur, Freunde und vieles mehr, das man, wie es nun einmal auf Festen ist, nicht immer genau
mitbekommt, auch wenn man sich noch so bemüht. Am Ende von all dem ein schwarzes Loch - die Krise. Menschen
ohne Zukunft.
"O arquipélago" (Brasilien/Chile 2014) ist ein Kurzfilm von Gustavo Beck. Darin dokumentiert
der brasilianische Regisseur eine dreijährige Ehekrise eines guten Freundes, Álvaro, der aus Chile
nach São Paulo gekommen ist, um ein neues Leben anzufangen. Er wohnt in einer Wohngemeinschaft, in einem
winzigen Zimmer, nein, eigentlich schläft er nur darin, wie er selbst sagt. Ein Lied des Don Quijote an seine
Dulcinea begleitet den langen Monolog. Dann lernen wir noch seine Ex-Frau und seinen kleinen Sohn kennen, den Álvaro
nicht einmal zu Hause besuchen darf - deshalb treffen sich die beiden auf der Straße und verbringen dort
Zeit miteinander.
Jean-Pierre und Luc Dardenne lassen in "Deux jours, une nuit" (B/F/I 2014) Marion Cotillard als
Sandra ihre Mitarbeiter davon überzeugen, bei einer Abstimmung gegen eine Prämie und für ihre Arbeitsstelle,
die droht, eingespart zu werden, zu wählen. Dabei ist Sandra gerade eben von einem längeren Krankenstand
zurückgekommen und möchte ihre ganze Energie in die Arbeit investieren. Jeden einzelnen Mitarbeiter möchte
sie nun im Laufe des Wochenendes aufsuchen, denn sie braucht eine klare Mehrheit, um in der Firma bleiben zu können.
Dabei erfährt sie, dass der Vorarbeiter bereits Intrigen geschürt hat.
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