Budgetvollzug 2014 – Konjunktur schwächer, Defizit höher
Wien (pk) - Im Mai 2014 beschloss der Nationalrat für 2015 einen Bundesvoranschlag, der auf einer BIP-Prognose
von 1,7% aufbaute und ein gesamtstaatliches Maastricht-Defizit von 1,4% sowie eine Senkung des strukturellen Defizits
um 0,1% auf 0,9% des BIP vorsah. Die deutlich ungünstigere Konjunktur – die Wachstumsprognose für das
BIP 2015 lautet nunmehr auf 1,2% - dürfte das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit auf 1,9% des BIP erhöhen.
Diese Entwicklung teilte die Bundesregierung der EU-Kommission und der Eurogruppe fristgerecht bis 15. Oktober
in einer Übersicht zur Haushaltsplanung von Bund, Ländern und Gemeinden für das kommende Jahr mit.
In der Einleitung skizziert die Regierung ihre langfristige und stabilitätsorientierte Haushalts- und Wirtschaftsstrategie
für nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit hoher Beschäftigung. Ziel ist ein strukturell ausgeglichener
Haushalt des Gesamtstaates ab 2016 und eine sukzessive Senkung der Staatsschuldenquote. Für Wachstum und Beschäftigung
werden Investitionen in Bildung, Forschung, Entwicklung und Infrastruktur forciert und Strukturreformen in den
Bereichen Pensionen, Gesundheitspolitik, öffentliche Verwaltung, Förderungen, Arbeitsmarkt und Steuern
fortgesetzt.
Der erwartete Aufschwung blieb aus
Nach besserer Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2013 trat der erwartete Aufschwung im Jahr 2014 nicht
ein. Der Welthandel stagniert und der Russland-Ukraine-Konflikt bremst die Investitionen. Der schon 2013 schrumpfende
private Konsum zeigt trotz sinkender Sparquote auch 2014 wenig Dynamik (+0,4%), Wachstumsimpulse gehen auch 2014
lediglich vom öffentlichen Konsum aus.
Die Zahl unselbständig Beschäftigter steigt 2013 und 2014 um mehr als 46.000. Zugleich wächst das
Angebot an Erwerbspersonen um 108.000. Daher stieg die Arbeitslosenrate gemäß Eurostat-Definition von
Ende 2012 bis Ende 2013 von 4,3% auf 4,9%. Für 2014 und 2015 wird nur ein leichter Anstieg auf 5% bzw. 5,2%
prognostiziert. Stärker steigende Preise bei Dienstleistungen und Nahrungsmitteln erhöhten die Inflation
in Österreich gegenüber dem Rest der Eurozone.
Für 2015 prognostizieren die Wirtschaftsforscher ein reales BIP-Wachstum von 1,2%, gleichbleibende Inflation
und eine weitere Zunahme der Beschäftigung. Dem Bundesvoranschlag für 2015 lag eine Wachstumsprognose
von 1,7% zugrunde. Die Zunahme des Arbeitskräftepotentials wird sich 2015 zwar abschwächen, aber immer
noch stärker sein als die Arbeitskräftenachfrage, was die Arbeitslosenrate gemäß Eurostat
bis Ende 2015 von 5% (Ende 2014) auf 5,2% ansteigen lassen wird. Als Risikofaktor gilt eine Ausweitung der Russlandkrise,
positive Auswirkungen hätten eine Senkung des effektiven Wechselkurses und der Ölpreise oder ein Anspringen
der europäischen Konjunktur.
Budgetvollzug 2014
Bei Erstellung des Budgets im vergangenen Frühjahr wurde für den Bund ein Maastricht-Defizit von 2,8%
des BIP erwartet und von 2,7% des BIP für den Gesamtstaat (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung),
wobei Bankenmaßnahmen mit 1,2 % zu Buche schlagen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wurde für 2014
mit 79,2% des BIP beziffert. Wegen der schwächeren Wirtschaftsentwicklung und Änderungen in der Volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung (VGR), die sich insbesondere auf Bund und Gemeinden auswirken, wird für den Gesamtstaat ein
geringfügig höheres Maastricht-Defizit von 2,8% des BIP erwartet, obwohl das Maastricht-Defizit des Bundes
mit 2,7% des BIP statt 2,8% des BIP geringer ausfallen dürfte als geplant. Länder und Gemeinden dürften
2014 mit einem Maastricht-Defizit von 0,2% des BIP abschließen statt wie geplant mit einem ausgeglichenen
Saldo. Die Sozialversicherung rechnet 2014 mit dem erwarteten Überschuss von 0,1% des BIP.
Die Verschuldungsquote wird wegen der VGR-Revision um über 7%-Punkte des BIP höher ausfallen als geplant
(86,5% des BIP statt 79,2% des BIP). Wesentliche Einheiten von Bund und Gemeinden, die bisher dem privaten Sektor
zugerechnet wurden (ÖBB-Infrastruktur, ÖBB-Personenverehr, KA Finanz, BIG, Wiener Linien) werden dem
öffentlichen Sektor zugerechnet, was den gesamtstaatlichen Schuldenstand rückwirkend deutlich erhöht.
Bei den kräftigen Einnahmenzuwächsen des Jahres 2014 sind zunächst die direkten Steuern zu nennen.
Die Lohnsteuer steigt infolge Beschäftigungsaufbau und progressionsbedingter Mehreinnahmen wegen wachsender
Pro-Kopf-Löhne. Die übrigen Einkommen- und Ertragssteuern legen 2014 wegen steigender Gewinneinkommen
und wegen der zuletzt geschlossenen Steuerlücken zu. Indirekte Steuern expandieren infolge der Steuererhöhungen
bei Verbrauchssteuern. Insgesamt stiegen die Steuereinnahmen in den ersten acht Monaten um 4,6%, budgetiert war
ein Anstieg von 3,9%. Besser als erwartet fließen auch die Beiträge der Arbeitslosenversicherung und
zur Sozialversicherung. Die Krankenkassen werden auch 2014 einen Überschuss erwirtschaften.
Etwas stärker als geplant steigen auch die Ausgaben des Staates, obwohl sich der Personalaufwand des Bundes
wegen eines moderaten Gehaltsabschlusses und des Aufnahmestopps günstiger entwickelt als veranschlagt. Auch
beim Betriebsaufwand wurden Mittel eingespart. Weiter gesunkene Zinssätze reduzieren die Zinsaufwendungen
des Staates. Minderausgaben werden auch bei den Ausfuhrförderungen und beim Katastrophenfonds registriert.
Mehrausgaben resultieren im Budget aus Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt: Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung
und Zuschüsse an die gesetzliche Pensionsversicherung steigen.
Bei der Hypo-Alpe-Adria-Abbau-Gesellschaft, die im 4. Quartal 2014 gegründet werden soll, wird ein Effekt
auf die Schuldenquote von 17,8 Mrd. € einkalkuliert.
Zu den Einmalmaßnahmen, die bei der Berechnung des strukturellen Defizits wichtig sind, zählen Ausgaben
von 4,2 Mrd. € für die verstaatlichten Banken, Hochwasser- und Dürre-Entschädigungen von 0,1 Mrd.
€ und Einnahmen aus dem Steuerabkommen mit Liechtenstein, die 2014 0,3 Mrd. € betragen werden, um 0,2 Mrd. € weniger
als erwartet.
Aussichten für den Budgetvollzug 2015
Der im Mai 2014 gemeinsam mit dem Budget 2014 beschlossene Bundesvoranschlag für 2015 sieht ein gesamtstaatliches
Maastricht-Defizit von 1,4% sowie eines für den Bund von 1,5% vor. Länder und Gemeinden sollten ausgeglichen
budgetieren und die Sozialversicherung einen Überschuss von 0,1% des BIP aufweisen. Das gesamtstaatliche strukturelle
Defizit sollte gegenüber 2014 von 1% um 0,1% auf 0,9% des BIP zurückgehen. Die deutlich ungünstigere
Konjunktur dürfte das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit auf 1,9% und das strukturelle Defizit auf 1% des
BIP erhöhen. Die Finanzschuldenquote sollte auf 85,6% des BIP zurückgehen.
Strukturmaßnahmen
Zur nachhaltigen Verbesserung der Budgetsituation wurde das Finanzstrafrecht verschärft, die Straffreiheit
bei Selbstanzeigen eingeschränkt und der missbräuchlichen KESt-Rückerstattung auf Dividenden ein
Riegel vorgeschoben. Die Aufgaben- und Deregulierungskomission identifiziert Effizienzpotenziale in der Verwaltung.
Sonderpensionen wurden begrenzt und Pensionssicherungsbeiträge eingeführt.
Im September 2014 vereinbarte die Bundesregierung ein strukturpolitisches Maßnahmenpaket mit dem Titel "Wachstum
stärken, Krisenbewältigung unterstützen, Beschäftigung sichern". Es umfasst einen beschleunigten
Ausbau des Breitbandnetzes, bessere finanzielle Rahmenbedingungen für Start-ups sowie für die Kreativ-
und die Filmwirtschaft, Erleichterungen bei der Erschließung neuer Märkte und Maßnahmen gegen
Lohndumping und Sozialbetrug.
Das Maßnahmenpaket "Bürgernaher Staat" zielt auf den verstärkten Einsatz automatisierter
Verfahren, den Ausbau des E-Governments und auf Vereinfachungen in der Verwaltung ab.
Ein 6-Punkte-Bildungsprogramm erfasst alle Altersstufen und soll die Schnittstelle Kindergarten/Volksschule verbessern,
die Sprach- und Lesekompetenz unterstützen, die Schulautonomie stärken, die Qualität ganztägiger
Schulformen steigern, Sport und Bewegung ausbauen und die Erwachsenenbildung weiterführen.
Die Steuerstrukturreform will die Regierung am 17. März 2015 im Ministerrat beschließen. Sie soll unter
Einhaltung der EU-Fiskalregeln ein Entlastungsvolumen von 5 Mrd. € bringen. Ob eine höhere Entlastung möglich
ist, prüft die politische Steuerungsgruppe zur Steuerreform.
Der Fiskalrat und die Absicherung der Budgetkonsolidierung
Der neue Österreichische Stabilitätspakt enthält eine Schuldenregel, die der Absicherung des Konsolidierungskurses
dient. Sie verpflichtet Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung erstmals im Jahr 2017 zu strukturell
ausgeglichenen Haushalten. Der Bund muss sein strukturelles Defizit bis 2017 auf maximal 0,35% des BIP zurückführen
und darf diese Grenze in der Folge nicht mehr überschreiten. Die Maximalgrenze des strukturellen Defizits
für Länder und Gemeinden beträgt 0,1% des BIP, für den Gesamtstaat 0,45% des BIP. Für
die Überwachung der Einhaltung der fiskalischen EU-Vorgaben ist seit 1. November 2013 der "Fiskalrat"
(vorher "Staatsschuldenausschuss") zuständig.
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