Zentralmatura nach Anlaufschwierigkeiten
 bereit zum Durchstarten

 

erstellt am
28. 10. 14
10.00 MEZ

Bildungsforschungsinstitut BIFIE berichtet über Entwicklung der flächendeckenden standardisierten Reifeprüfung
Wien (pk) - Aus Fehlern lernen: mit diesem Vorsatz geht das Bildungsforschungsinstitut BIFIE die bundesweite Zentralmatura im heurigen Schuljahr an. Das erschließt sich aus dem BIFIE-Bericht zur standardisierten kompetenzorientierten Reife- und Diplomprüfung, den das Bildungsministerium dem Nationalrat übermittelt hat. Darin wird konkret auf die Zwischenfälle eingegangen, die im Frühjahr 2014 in punkto Datensicherheit und bei Schulversuchen aufgetreten sind. Neben der Identifikation und Behebung von Schwächen nehme man für die Reife- und Diplomprüfung 2015 zusätzliche Qualitätskontrollen vor, unterstreichen die VerfasserInnen.

Hauptteil des umfangreichen Schriftstücks ist allerdings ein Überblick über die Prozess- und Arbeitsschritte bei den Feldtestungen und Schulversuchen im Vorjahr, mit denen die Schulen auf die neue Reife- und Diplomprüfung vorbereitet wurden. Schwerpunkt war dabei die Evaluierung der Schulversuche in Deutsch, Englisch (BHS), Latein und Griechisch sowie Angewandter Mathematik, die 2013 zum ersten Mal stattfanden. Insgesamt zeigte sich der Großteil von LehrerInnen und SchülerInnen zufrieden mit Durchführung und Aufgabenstellungen. Auch die begleitende Information durch das BIFIE wurde seitens der Lehrkräfte gut aufgenommen, Kritikpunkt war jedoch die als nicht ausreichend empfundene Kommunikation von Änderungen im Zusammenhang mit den Prüfungen.

Reifeprüfung neu statt Matura alt: BIFIE begleitet Umstieg
Durch die sogenannte Zentralmatura mit einheitlich vom BIFIE vorgegebenen Aufgaben und Korrekturanleitungen sollen Prüfverfahren und Beurteilung bei der Reifeprüfung objektiver und transparenter werden, so der Grundgedanke. Überdies biete die standardisierte Reife- und Diplomprüfung zuverlässigere und international vergleichbare Aussagen über die tatsächlich erworbenen Kompetenzen der SchülerInnen. Ein Stufenmodell der Kompetenzen für jedes Fach, mit ExpertInnen aus dem Schulwesen anhand der Lehrpläne entwickelt, dient als Grundlage der Beurteilung der neuen Prüfungsform. Das BIFIE hilft bei der Korrekturarbeit über die Website bzw. online-Helpdesks und mit einer telefonischen Hotline.

Gemäß Novelle des Schulunterrichtsgesetzes findet die Abschlussprüfung in standardisierter Form in Allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) verpflichtend als Reifeprüfung dieses Schuljahr statt, an Berufsbildenden höheren Schulen als Reife- und Diplomprüfung 2015/16. Um den geregelten Übergang vom alten zum neuen Prüfungsmodell sicherzustellen, liefen 2013 in allen Bundesländern Schulversuche mit über 20.000 KandidatInnen. Außerdem wurde an 338 Schulen (Februar/März) bzw. 220 Schulen (November) bei Feldtestungen an der Nachjustierung von potenziellen Klausuraufgaben gearbeitet. Dazu bewertete man in sämtlichen Fächern die Übereinstimmung der Aufgaben mit von TestexpertInnen erarbeiteten Gütekriterien. Das Programm zur Implementierung der Reifeprüfung ist erweitert worden und umfasst nun neben Probeklausuren (in Form von Schularbeiten oder informeller Kompetenzmessung) verstärkt Informations- und Fortbildungsangebote.

Bei der Erarbeitung der Reifeprüfungsaufgaben strebt das BIFIE eine größtmögliche Einbindung der direkt Betroffenen an. Die Aufgaben zur standardisierten kompetenzorientierten Reife- und Diplomprüfung werden von Lehrkräften erstellt und mit Feedbackschleifen an die AufgabenmoderatorInnen des BIFIE übermittelt. Nach einer Freigabe durch das Bildungsinstitut gehen die Aufgaben in Feldtestungen an SchülerInnen der 8. AHS-Klassen bzw. 5. BHS-Jahrgänge, die Zentralkorrektur der feldgetesteten Aufgaben erfolgt wiederum mit Beteiligung der AHS- und BHS-LehrerInnen, die zur Erstellung der Prüfungen beigetragen haben. Details zur Entwicklung der Klausuraufgaben in den spezifischen Fächern sowie Beispielaufgaben weist der Bericht in eigenen Abschnitten aus.

Kompensationsprüfungen zur Wiederholung von nicht bestandenen Reifeprüfungen finden heuer zum ersten Mal statt. Laut BIFIE ist bei deren Abwicklung wegen des geringen zeitlichen Spielraums zwischen schriftlicher und mündlicher Reife- und Diplomprüfung eine besonders enge Zusammenarbeit mit den beteiligten Schulen erforderlich. Die zwei Tage, an denen die Kompensationsprüfungen stattfinden, gibt das Bildungsministerium vor.

Schulversuche 2013: Großteils gutes Feedback
Nach einer ersten Zentralmatura in Mathematik (AHS) 2012 wurde der Schulversuch 2013 auf sämtliche relevanten Prüfungsfächer ausgedehnt. Bei den Maturaprüfungen im Mai 2013 nutzten 88% aller AHS standardisierte Klausuraufgaben, von den BHS nahmen immerhin 21% an der neuen Reifeprüfung teil. Unter den Bundesländern war Wien mit den meisten Schulen repräsentiert, gefolgt von Oberösterreich und der Steiermark. Besonders bei der erstmaligen Durchführung des Schulversuchs in Deutsch konstatierte das BIFIE eine gute Akzeptanz an den Schulen.

Aus den Post-Test-Analysen der Reife- und Diplomprüfungen 2013 ging eine breite Zustimmung unter den LehrerInnen hervor, da die Notenverteilung kaum Änderungen aufwies. Eher oder sehr zufrieden zeigten sich die meisten Lehrkräfte auch bei den Befragungen zu Begleitmaßnahmen (76%) und Organisation bzw. Durchführung (92%) der Prüfungen. Kritik gab es am nicht immer zufriedenstellenden Informationsaustausch mit dem BIFIE, etwa bei Adaptierungen der Vorlagen, und mangelnden Fortbildungsangeboten. Insgesamt wurde jedoch von 83% aller befragten LehrerInnen die Zentralmatura positiv aufgenommen, wenn auch drei Viertel dadurch kaum eine Entlastung in ihrer Unterrichtsarbeit wahrnahmen. Die Hälfte der PädagogInnen fühlte sich in der autonomen Gestaltung des Unterrichts eingeschränkt.

Bei den SchülerInnen ergaben die Befragungen, dass die Verständlichkeit der Arbeitsanweisungen grundsätzlich als eher oder sehr hoch bewertet wird. Nur ein geringer Prozentsatz befand die Arbeitszeit als zu kurz.

BIFIE: Anfangsschwierigkeiten behoben
Den Schülerprotesten gegen die Zentralmatura Ende 2013 begegneten BIFIE und Bildungsministerium mit vermehrten Informationsveranstaltungen über die Reifeprüfung für SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen. Mit der Bundesschülervertretung einigte man sich überdies auf einen Aktionsplan, in dem unter anderem die Beurteilungsvorgaben präzisiert wurden und eine Plattform mit Übungsaufgaben für SchülerInnen online ging. Klarstellungen gab es seitens des Ministeriums über die Zusammenstellung von Schularbeiten nach dem neuen Format, das den kompetenzorientierten Unterricht widerspiegelt.

Auf die Diskussion im Februar 2014 über die Datensicherheit am BIFIE reagierte das Bildungsministerium mit einem Audit, das die sichere Datenverwaltung im Bildungsforschungsinstitut feststellte. Die Schulversuche heuer konnten deswegen zwar vom BIFIE wie geplant durchgeführt werden. In der Umsetzung kam es aber erneut zu Problemen und folglich zu teils heftiger Kritik, wie der Bericht vermerkt. Der höhere Schwellenwert zur Beurteilung von Englischaufgaben, der unzureichende Ausdruck von Prüfheften in Mathematik und die fehlende Kontextualisierung eines Deutschmaturatextes mit NS-Ideologie werden als Gründe der Aufregung genannt.

In allen Fällen habe das BIFIE die nötigen Konsequenzen gezogen, heißt es weiter. Geachtet werde nun darauf, dass die Schulen Informationen über variable Schwellenwerte zur Benotung tatsächlich klar übermittelt bekommen und dass dem zeitgeschichtlichen Hintergrund bei allen Aufgaben erhöhtes Augenmerk geschenkt wird. Der Mangel an Prüfungsmaterialien für die Mathematik-Reifeprüfung konnte rasch behoben werden, berichtet das BIFIE. Binnen weniger Minuten hätten die betroffenen Schulen einen elektronischen Download mit den fehlenden Aufgaben erhalten.

 

 

 

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