1. Passivhaussanierung eines
 bewohnten Gründerzeithauses in Europa

 

erstellt am
10. 11. 14
10.00 MEZ

Fertigstellung des erfolgreichen Pilotprojekts in der Eberlgasse 3 in Wien-Leopoldstadt
Wien (rk) - In Wien ist europaweit erstmals die Passivhaussanierung eines Gründerzeithauses in bewohntem Zustand gelungen. Die Stadt Wien hat die ambitionierte Sanierung des Wohngebäudes in der Eberlgasse, bei der auch eine deutliche Steigerung des Wohnkomforts erzielt wurde, mit Mitteln aus der Wiener Wohnbauförderung unterstützt. Der Heizwärmebedarf im Wohngebäude Eberlgasse wurde im Zuge eines ganzen Bündels von Maßnahmen um enorme 140,16 kWh/(m2a) - von 151,27 kWh/(m2a) auf den Passivhausstandard 11,11 kWh/(m2a) - gesenkt. Am 07.11. luden Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Bezirksvorsteher Karlheinz Hora sowie Hauseigentümer Andreas Kronberger zu einer Besichtigung des Wiener Vorzeigeprojekts ein.

"Jedes erfolgreiche Pilotprojekt setzt große Anstrengungen voraus. So auch bei der Passivhaussanierung des Gründerzeithauses Eberlgasse, die von Hauseigentümer Andreas Kronberger mit großem Einsatz betrieben und von den Mieterinnen und Mietern mitgetragen wurde. Dass die Sanierungsmaßnahmen bei aufrechten Mietverhältnissen durchgeführt wurden, entspricht nicht nur dem sozial orientierten Wiener Weg der ,Sanften Stadterneuerung', sondern fügt diesem nun ein weiteres Highlight hinzu", betonte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Er hielt außerdem fest: "Die Stadt Wien hat den Erfolg des Projekts durch finanzielle und ideelle Unterstützung - durch beträchtliche Fördermittel und durch die engagierte und kompetente fachliche Betreuung seitens des wohnfonds_wien - ermöglicht. Umso mehr freut es mich, dass wir heute ein äußerst erfreuliches Ergebnis präsentieren können, das nicht nur hierzulande, sondern auch weltweit auf großes Interesse stößt. Eine umfassende Evaluierung des Pilotprojekts wird weitere Erkenntnisse zur Passivhaussanierung bewohnter Gründerzeitgebäude liefern."

Konkret leistet die Stadt Wien zum Pilotprojekt einen nicht rückzahlbaren Zuschuss im Ausmaß von rund 143.000 Euro, ein günstiges Landesdarlehen im Umfang von rund 292.000 Euro sowie Annuitätenzuschüsse auf die Dauer der Förderung (15 Jahre), die insgesamt 368.000 Euro ausmachen. Die Gesamtsanierungskosten betragen rund 1,6 Mio. Euro.

"Dass die erste Passivhaussanierung eines bewohnten Gründerzeithauses in Wien-Leopoldstadt gelungen ist, erfüllt mich natürlich mit Freude und Stolz. Besonders hervorheben möchte ich aber nicht nur den einzigartigen innovativen Charakter des Projekts, sondern auch, dass es im besten Einvernehmen zwischen Hauseigentümern und Mieterinnen und Mietern durchgeführt wurde. Auch das macht das Gründerzeithaus Eberlgasse zu einem Beispiel mit Vorbildwirkung", unterstrich Bezirksvorsteher Karlheinz Hora.

Andreas Kronberger, engagierter Miteigentümer, Projektentwickler und Bewohner des Hauses Eberlgasse 3, betonte: "Derart hoher Wohnstandard kann für Mieterinnen und Mieter in der Altbausanierung nur durch öffentliche Fördermittel erreicht werden. Hier ist es aus Projektentwicklersicht essentiell, einen verlässlichen Partner wie die Stadt Wien zu haben, der auch in finanziell schwierigen Zeiten Mittel für zukunftsweisende Projekte zur Verfügung stellt. Unser Ziel war es, die technischen Möglichkeiten in thermisch-energetischer Hinsicht aufzuzeigen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass bei der anstehenden Reform des Mietrechts ein Anreizsystem für derartige Investitionen geschaffen wird, um eine Multiplikatorwirkung für viele andere Hauseigentümer und Entwickler zu ermöglichen!"

Vom Gründerzeithaus zum internationalen Vorzeige-Passivhaus
Bei dem Wohngebäude in der Eberlgasse handelt es sich um ein Gründerzeithaus, dessen einst gegliederte Straßenfassade durch einen Bombenschaden zerstört wurde. Dadurch war es möglich, die Gebäudehülle entsprechend den Passivhausqualitätskriterien zu dämmen.

Neben den technischen Voraussetzungen war bei diesem Projekt durch den besonderen Einsatz der Hauseigentümer auch die Akzeptanz der MieterInnen für die Sanierung in Passivhausqualität, die bauliche Eingriffe in allen Wohnungen notwendig machte, gegeben. Tatkräftig unterstützt wurde Andreas Kronberger während der Sanierungszeit vom Team des Bauphysikbüros Schöberl & Pöll GmbH sowie den ExpertInnen des wohnfonds_wien.

Der folgende Überblick über die wichtigsten Maßnahmen gibt einen Eindruck vom Umfang des innovativen Projekts:

  • 100% der Wohnnutzfläche wurden auf Kategorie A angehoben
  • sämtliche Fassaden wurden instandgesetzt und wärmegedämmt
  • es erfolgte eine Rundumwärmedämmung des Lifts
  • Passivhausfenster und -Balkontüren wurden eingebaut
  • die Kellerdecken wurden mit einer Wärmedämmung versehen
  • eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit einem zentralen Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung (Rückgewinnungsgrad von 82%) wurde eingebaut
  • für die Komfortlüftungsanlage wurde in jeder Wohnung ein Installationsschacht sowie partiell, dort wo unbedingt notwendig, eine abgehängte Decke errichtet, um die Frischluftverteilung gewährleisten zu können
  • zusätzlich erfolgte der Einbau einer Grundwasser-Wärmepumpe für Warmwasser und Heizung
  • darüber hinaus wurde eine Photovoltaikanlage am Dach zur Abdeckung des haushaltsbezogenen Strombedarfs der Dachgeschosswohnungen errichtet
  • Maßnahmen wie der Zubau eines Dachgeschosses mit zwei Wohnungen, die Zusammenlegung von vier auf zwei Wohnungen, der Zubau von sechs Balkonen sowie der Zubau eines Personenlifts runden die Sockelsanierung in Passivhausqualität ab.


Bestmögliche Unterstützung für die MieterInnen
Die MieterInnen konnten fast während der gesamten Dauer der Arbeiten in ihren Wohnungen verbleiben. Während der intensivsten Phase (ca. zwei bis drei Wochen) zogen zwei MieterInnen kurzfristig in eine freie Wohnung im 1. Obergeschoß, in zwei weiteren Fällen wurde der Urlaub der MieterInnen genutzt, um in deren Abwesenheit die gröbsten Arbeiten durchzuführen. Ein Mieter zog in eine bereits neu ausgebaute Wohnung im Dachgeschoß. Fünf Wohnungen wurden im Rahmen einer sogenannten Huckepacksanierung - die Stadt Wien unterstützt die MieterInnen hierbei noch einmal durch günstige Darlehen - umfassend hinsichtlich des Wohnkomforts verbessert.

Während der Dauer der Arbeiten wurde zwischen den Eigentümern und den MieterInnen eine reduzierte Miete vereinbart. Mit Hilfe der Fördermittel wurde zudem die finanzielle Belastung der MieterInnen im Schlichtungsstellenverfahren möglichst gering gehalten. Der Netto-Mietzins beläuft sich nach dem Kostendeckungsprinzip zur Refinanzierung der Darlehen (für 15 Jahre) auf ca. 6,50 Euro/m2. Nach Rückzahlung der Darlehen wird sich die Nettomiete am Wiener Richtwert - derzeit 5,39 Euro/m2 - orientieren.

Projektdaten

  • Nutzfläche: 830,80 m2 nach Sanierung (inkl. DG-Ausbau)
  • Sanierung: 8 Wohneinheiten mit 618,42 m2 Nutzfläche
  • DG-Ausbau: 2 Wohneinheiten mit 212,38 m2 Nutzfläche
  • Nach Sanierung: 8 Wohneinheiten
  • Beginn der Sanierungsarbeiten: Dezember 2012
  • Fertigstellung: Frühjahr 2014
  • HWB vor Sanierung: 151,27 kWh/(m2a)
  • HWB nach Sanierung: 11,11 kWh/(m2a)


Die MitarbeiterInnen des wohnfonds_wien beraten interessierte HauseigentümerInnen, beauftragen und koordinieren alle Sanierungsaktivitäten und betreuen die einzelnen Projekte während der gesamten Verfahrensdauer.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.wohnfonds.wien.at

 

 

 

 

 

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