Einigkeit bei SPÖ und ÖVP über größtes Demokratiepaket seit Jahrzehnten:
Ende des Proporzes ab 2015, Stärkung der Minderheitenrechte, mehr Mitbestimmung für Bevölkerung
Eisenstadt (blms) - Einigung in allen Punkten zwischen SPÖ und ÖVP bei der Reform der Landesverfassung
verkündeten nach den vorangegangenen Parteiengesprächen Landeshauptmann Hans Niessl, Landeshauptmannstellvertreter
Mag. Franz Steindl und die beiden Klubobmänner Christian Illedits und Rudolf Strommer bei einer gemeinsamen
Pressekonferenz am 06.11. in Eisenstadt. Die Kernpunkte umfassen die Abschaffung des Proporzes, die Einführung
eines zweiten Wahltages, mehr Kontrollrechte der Opposition und Einführung eines direkten Vorzugsstimmenmandates
sowie die Ausdehnung der Prüfkompetenz des Landesrechnungshofes auf alle Gemeinden und die Verkleinerung der
Regierung auf fünf Mitglieder ab 2020. Die Reform soll noch heuer vom Landtag beschlossen werden und 2015
in Kraft treten.
Abschaffung des Proporzes und „ein Mehr an Demokratie“
Die Reform bringe „ein Mehr an Demokratie“, ist Niessl überzeugt. „Es ist eine moderne Verfassung für
das 21. Jahrhundert, die größte Demokratiereform seit 23 Jahren. Es ist ein guter Kompromiss, bei dem
die Demokratie und die Burgenländerinnen und Burgenländer die Gewinner sind“. Zufrieden mit dem Paket
zeigt sich auch Steindl: „Es war ein langer Prozess. Das wesentliche Ziel, die Abschaffung des Proporzes, wurde
erreicht. Das nun vorliegende Paket ist weitreichender, als wir es geplant haben. Ich gehe davon aus, dass es im
Landtag auch einstimmig beschlossen werden wird“.
Persönlichkeitswahlrecht gestärkt
Die derzeitige Hürde von 15 Prozent der Parteistimmen für ein Vorzugsstimmenmandat wird abgeschafft,
ein Abgeordneter pro Bezirk kann mit Vorzugsstimmen direkt gewählt werden. Es wird künftig auch einen
zweiten Wahltag geben. „Das geheime, persönliche Wahlrecht wird damit deutlich aufgewertet“, so Niessl.
Mehr Kompetenz für den Rechnungshof
Die Prüfkompetenz des Landesrechnungshofes soll auf alle Gemeinden ausgedehnt werden. Gemeindebeteiligungen
sollen erst ab einer 50%-Beteiligung kontrolliert werden können. Damit sei man einer Anregung des Verfassungsdienstes
des Bundeskanzleramtes gefolgt.
Karenzregelung für Abgeordnete
Eine Karenz von Abgeordneten während einer Periode soll es auf Antrag der Opposition künftig geben,
auch hier habe es breiten Konsens in den Verhandlungen gegeben. Illedits sieht darin „eine Möglichkeit, mehr
Frauen in den Landtag zu bekommen“. Auch eine Karenz für Pflege solle möglich sein.
Stärkung des Minderheitenrechtes
Der Untersuchungsausschuss soll als Minderheitenrecht verankert werden. Ein Viertel der Abgeordneten reicht
für dessen Einsetzung. Den Vorsitz soll ein unabhängiger Richter führen, „um eine entsprechende
Verfahrensführung und rechtsstaatliche Vorgangsweise zu gewährleisten“, so Niessl. Im Vergleich der Verfassungen
der Bundesländer zeige sich, dass es im Burgenland die größten Oppositionsrechte gebe. Beim Klubstatus
habe man sich auf drei Abgeordnete geeinigt, damit liege man im Bundesländervergleich im Mittelfeld. Die Eintrittklausel
in den Landtag sei bewusst niedrig bei vier Prozent behalten worden, so Steindl.
Nur mehr fünf Regierungsmitglieder ab 2020
Ab 2015 kann es – als Übergangsregelung - optional fünf bis sieben Regierungsmitglieder geben; ab
2020 wird deren Zahl endgültig auf fünf beschränkt. Die Regierungspartner sehen dies als einen weiteren
Schritt zur Einsparung. Den Klubstatus soll es ab drei Abgeordneten geben.
Schließlich sollen künftig 10 Gemeinden bei gleichlautenden – bisher: bei einstimmigen - Gemeinderatsbeschlüssen
ein Volksbegehren erzwingen können.
Eine „richtungweisende Entscheidung, eine Verfassung, die auch Stürmen standhalten kann“ sieht Strommer in
dem „Werk“, das nun auf den Weg gebracht worden sei. Das Reformpaket soll noch im Dezember vom Landtag beschlossen
werden und ab 2015 in Kraft treten.
|