Unternehmensübergaben sind auf 6.900 pro Jahr gestiegen, Tendenz weiter steigend - Demographischer
Wandel erhöht Handlungsbedarf
Wien (bmwfw/pwk) - Unternehmensübergaben haben in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich an Bedeutung
gewonnen. Gemäß einer vom Wirtschaftsministerium und der WKÖ beauftragten Studie der KMU-Forschung
Austria ist die Zahl der Übergaben seit 2003 um 17 Prozent auf zuletzt rund 6.900 pro Jahr gestiegen. Auch
für die nächsten Jahre sei unter anderem aufgrund des demographischen Wandels mit einem weiteren Anstieg
zu rechnen. "Erfolgreiche Übergaben sichern Wachstum, Arbeitsplätze und Wertschöpfung und gewinnen
an Bedeutung für Österreichs Wirtschaft. Umso wichtiger ist die gezielte Unterstützung der vielen
Übernehmer im Land", sagen Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und WKO-Präsident Christoph
Leitl zur Studie "Unternehmensübergaben und -nachfolgen in Österreich".
Demnach stehen in den kommenden zehn Jahren 45.700 kleine und mittlere Arbeitgeberbetriebe vor der Herausforderung,
eine geeignete Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden, der ihr Unternehmen weiterführt. "Erfolgreiche
Übergaben würden in diesem Zeitraum über 450.000 Arbeitsplätze sichern, das sind 30 Prozent
aller in KMU Beschäftigten. Diese Zahlen verdeutlichen, wie wichtig der Weiterbestand der Betriebe ist. Daher
wollen wir Übernehmer auf mehreren Ebenen verstärkt fördern, sei es mit maßgeschneiderten
Finanzierungsangeboten, gezielten Beratungen oder der Stärkung des Unternehmergeistes im Land. Aufgrund des
demographischen Wandels gibt es jedenfalls einen erhöhten Handlungsbedarf", betont Mitterlehner.
Leitl zeigt sich erfreut, dass 38 Prozent der Unternehmer nach der Übernahme die Mitarbeiteranzahl steigern
und immerhin 55 Prozent die Zahl der Beschäftigten konstant halten konnten. Weitere positive Effekte für
künftige Nachfolger erwarte man sich durch die im April 2013 beschlossene Novelle zum Anlagenrecht, die den
Freiraum für Betriebsnachfolger und Anlagenbetreiber erweitert und den Verwaltungsaufwand reduziert. Erfreulich
ist zudem, dass immer mehr Frauen Betriebe übernehmen. "Erstmals haben gleich viele Frauen wie Männer
Unternehmen übernommen - gegenüber nur 31 Prozent vor 15 Jahren", so Mitterlehner.
Verstärkte Nachfolgesuche außerhalb der Familie
Der altersbedingte Rückzug aus dem Erwerbsleben ist nach wie vor der häufigste Grund für eine
Unternehmensübergabe. In 66 Prozent der Fälle wird das Unternehmen mit Erreichen des pensionsfähigen
Alters weitergegeben. Dabei halten sich familieninterne und -externe Übergaben inzwischen die Waage. Für
die Hälfte aller KMU muss demnach eine passende Nachfolge außerhalb der Familie gefunden werden. Um
dies mittel- und langfristig zu erleichtern, muss vor allem der Unternehmergeist gestärkt werden. Daher braucht
es Initiativen, die schon bei den Jungen ansetzen und unternehmerisches Denken gezielt fördern: So soll etwa
die Ausbildung zu unternehmerischen Initiativen im Lehrangebot von Berufsbildenden Schulen und im universitären
Bereich verstärkt berücksichtigt werden. Mit dem von BMWFW und WKÖ geförderten "Entrepreneurial
Skills Pass" gibt es ab diesem Schuljahr erstmals ein internationales Gütesiegel, das praktische und
theoretische unternehmerische Kompetenzen zertifiziert und selbständiges Arbeiten fördert.
"Darüber hinaus müssen wir die bewährte duale Ausbildung weiter attraktivieren. Denn der Lehrabschluss
ist nach wie vor die wichtigste Stufe am Weg in die Selbstständigkeit", sagt Mitterlehner. Mit einem
Anteil von 36 Prozent haben die meisten Nachfolger als höchste abgeschlossene Ausbildung eine Lehrabschlussprüfung.
Als weiteres Angebot steht das von BMWFW und WKO geförderte "Jungunternehmercoaching" auch jenen
Unternehmern offen, die einen bestehenden Betrieb übernehmen. Zusätzlich steht die Nachfolgebörse
des WKÖ-Gründerservice kostenlos zur Verfügung.
Übergaben laufen geplanter ab, externe Beratung wird ausgeweitet
Bei potenziellen Übergebern besteht laut Studie das Risiko rückläufiger Innovations- und Investitionstätigkeit
im Betrieb. Fast die Hälfte habe in den letzten drei Jahren vor der Übergabe keine Innovationen oder
Investitionen gesetzt, was sich auf den erzielbaren Kaufpreis auswirken kann. Umso wichtiger ist, dass der Anteil
jener, die ihren Übergabeprozess gezielt planen, seit 1996 von 28 auf 64 Prozent gestiegen ist und dieser
Prozess verstärkt durch externe Beratung begleitet wird. Eine neue Hilfestellung für die Ermittlung und
Steigerung des Marktwertes bietet der von Wirtschaftsministerium und WKO unterstützte Unternehmenswertrechner.
Positiv ist, dass sich die für den Fortbestand eines Unternehmens wesentliche betriebswirtschaftliche Übergabetauglichkeit
von Unternehmen verbessert. Wurden nach früheren Studien noch rund neun Prozent als nicht übergabetauglich
eingestuft, ist dieser Wert aktuell auf nur sechs Prozent gesunken.
Übernehmerfonds für Tourismuswirtschaft verlängert
Vor besonderen Herausforderungen steht die Tourismus- und Freizeitwirtschaft, innerhalb derer die Übergabeintensität
am höchsten sein wird. Daher hat das Wirtschaftsministerium den als Pilotprojekt gestarteten Übernehmerfonds
verlängert. Die Initiative richtet sich an Unternehmer, die einen elterlichen Betrieb übernehmen oder
einen Betrieb über eine Übernahmebörse erwerben und in qualitätsverbessernde Maßnahmen
investieren. Den Übernehmern wird ein zinsgünstiger Kredit mit einem Volumen zwischen 350.000 Euro und
einer Million Euro (bis zu 70 Prozent der Investkosten) eingeräumt. Zusätzlich übernehmen einige
Bundesländer (Vorarlberg, Tirol, Steiermark, NÖ und OÖ) auch den Zinsendienst während der ersten
zehn Jahre. In jedem Fall stellt der Bund eine Garantie, um die Finanzierungskosten weiter zu senken. Die Abwicklung
übernimmt die Österreichische Hotel- und Tourismusbank als One-Stop-Shop.
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