Blatnik: Erinnern, Versöhnen,
Zukunftsgestaltung als Auftrag
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erstellt am
06. 11. 14
10.00 MEZ
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Bundesratspräsidentin Ana Blatnik eröffnet im Parlament Ausstellung zur Vertreibung
Kärntner SlowenInnen während der NS-Zeit
Wien (pk) - Über 200 slowenische Familien aus Kärnten wurden im April 1942 von den Nationalsozialisten
gewaltsam enteignet und aus ihren Wohnorten vertrieben. Für die meisten der 1.075 Männer, Frauen und
Kinder endete der Leidensweg über ein Sammellager in Klagenfurt in einem Konzentrationslager bzw. in der Zwangsarbeit.
Im Gedenken an diese unmenschlichen Vergehen eröffnete die Präsidentin des Bundesrats, Ana Blatnik, am
05.11. im Parlament eine Ausstellung über die zwangsweise Aussiedlung der slowenischen Minderheit Kärntens.
Blatnik, selbst Kärntner Slowenin, betonte, die Aufarbeitung der Vergangenheit sei ihr ein großes persönliches
Anliegen. In ihrer politischen Arbeit stehe zudem die Förderung des friedlichen Miteinanders immer im Vordergrund.
Dementsprechend sind Erinnerung, Versöhnung und Gestaltung der Zukunft die Schwerpunkte ihrer Bundesratspräsidentschaft.
Die Wanderausstellung "Zwangsaussiedlung slowenischer Familien aus Kärnten" sieht Blatnik als bedeutenden
Beitrag im Versöhnungsprozess der Kärntner Bevölkerung.
"Nach dem Motto der Kärntner spricht Deutsch, sollte alles Slowenische zum Verschwinden gebracht werden.
Diese Tragödie ist ein wichtiger Bestandteil der Geschichte Kärntens, über den sich bald nach 1945
ein Mantel des Schweigens gelegt hat", hielt die Historikerin Brigitte Entner vom Klagenfurter Slowenischen
wissenschaftlichen Institut bei der Einführung in das Thema fest. Kurz nach dem Krieg habe es noch Bestrebungen
zur Anerkennung gegeben, dann habe sich die politische Stimmung gewendet. Sowohl Opfer als auch Beteiligte hätten
dieses Schweigen mitgetragen. Die Folge davon waren Verharmlosung und Vergessen. Erst 2012 wurden etliche Zeichen
gesetzt, die Konsensgruppe installiert und eine entsprechende Ausstellung gestaltet.
Die Bilder der Ausstellung dokumentieren Einzelschicksale von Deportierten als Sinnbild für das Leid der slowenischsprachigen
Volksgruppe Kärntens. Eine Karte zeigt, woher die Familien kamen, deren weiterer Weg oft nicht mehr rekonstruiert
werden kann. Dokumente zeugen von Vorbereitung und Durchführung der Scheinlegalisierung eines Raubzuges. Fotos
von Lageralltag und Situation der HeimkehrerInnen runden die Schautafeln ab.
Näher beleuchtet wurden die die Ereignisse und ihre Aufarbeitung in einer Podiumsdiskussion mit dem Obmann
des Kärntner Heimatdienstes Josef Feldner und dem Chef des Zentralverbandes Slowenischer Organisationen Marjan
Sturm sowie mit den Jugendlichen Luka Kaiser, Clara Steiner und Lea Murer. In ihren Eingangsworten hielt Präsidentin
Blatik fest, mit Sturm und Feldner würden zwei Repräsentanten der Konsensgruppe konstruktiv und gleichberechtigt
miteinander diskutieren. "Das ist die Chance für ein friedliches Miteinander", so Blatnik. Die sogenannte
Konsensgruppe fördert den Dialog zwischen Mehrheit und Minderheit in Kärnten und hat unter anderem wesentlich
zur Lösung der Frage zweisprachiger Ortstafeln beigetragen. Sie wurde für ihr Engagement im Versöhnungsprozess
mit dem Europäischen Bürgerpreis geehrt.
Die Moderation des heutigen Austausches übernahm ORF-Kulturredakteurin Katja Gasser, umrahmt wurde die Veranstaltung
vom Chor des bilingualen Gymnasiums Komensky mit Liedern in deutscher und slowenischer Sprache.
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