VwGH kommt beim Abbau des Aktenrückstands zügig voran
Wien (pk) - Dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ist es in den ersten zehn Monaten dieses Jahres gelungen,
den Aktenrückstand weiter deutlich abzubauen. Wie VwGH-Präsident Rudolf Thienel am 04.11. im Verfassungsausschuss
des Nationalrats berichtete, konnten bis Ende Oktober 2.700 Akten aus den Vorjahren und ein erheblicher Teil der
neu anfallenden Beschwerdefälle erledigt werden. Damit waren zu Beginn dieses Monats weniger als 3.000 Verfahren
offen, Anfang 2014 waren es noch 4.623 gewesen. Die durchschnittliche Verfahrensdauer sank von 16,8 Monaten auf
8,8 Monate und halbierte sich damit beinahe.
Als Grund für diese Entwicklung nannte Thienel, abseits der engagierten Arbeit der RichterInnen, dass sich
das neue System der Verwaltungsgerichtsbarkeit offenbar noch nicht voll eingespielt hat und auch weniger Beschwerden
von Asylwerbern als erwartet beim VwGH eingelangt sind. Er rechnet allerdings damit, dass der Aktenanfall in Hinkunft
steigen wird. So erwartet er unter anderem einen Anstieg von Glücksspielsachen.
Bewährt hat sich laut Thienel das neue Revisionssystem. Dieses führe zu einer deutlichen Entlastung des
Verwaltungsgerichtshofs und funktioniere sehr gut, hob er hervor. Einige Schwierigkeiten hat es ihm zufolge mit
den Übergangsregelungen gegeben, da sich in der Praxis Situationen ergaben, an die der Gesetzgeber nicht gedacht
habe. Die neue Möglichkeit des VwGH, einen Bescheid nicht nur aufzuheben, sondern in der Sache selbst zu entscheiden,
wurde laut Thienel nur 19mal genutzt.
VfGH-Präsident Holzinger erwartet weiter hohe Zahl von Asylfällen
Seitens des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) informierte Präsident Gerhart Holzinger die Abgeordneten, dass
die vielerorts gehegte Erwartung, wonach die Zahl der Asylbeschwerden beim Verfassungsgerichthof deutlich zurückgehen
wird, da sich die AsylwerberInnen nun wieder an den Verwaltungsgerichtshof wenden können, nicht erfüllt
hat. Es werden heuer voraussichtlich rund 1.500 Asylfälle beim VfGH landen, skizzierte er. Das sind sechsmal
so viel wie 2007. Holzinger rechnet auch nicht damit, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Der Verfassungsgerichtshof
habe sich allerdings auf diese Situation vorbereitet und werde damit fertig. Holzinger sprach sich in diesem Zusammenhang
auch dagegen aus, den Rechtsschutz für Asylwerber einzuschränken, obwohl die enorme Belastung des Verfassungsgerichtshofs
mit Asylsachen europaweit singulär sei.
Die durchschnittliche Erledigungsdauer der Verfahren beim Verfassungsgerichtshof hat laut Holzinger - ohne Asylsachen
- zuletzt rund 7,5 Monate betragen, Asylsachen werden in 82 Tagen entschieden. Zusätzliche Ressourcen braucht
der VfGH ihm zufolge durch die neue Möglichkeit der Einbringung so genannter "Gesetzesbeschwerden"
ab kommendem Jahr. Der Verfassungsgerichtshof sehe keine Möglichkeit den zusätzlichen Aufwand durch Einsparungen
beim Personal und bei den Sachausgaben zu kompensieren, wie das das Finanzministerium verlangt habe, bekräftigte
er. Holzinger rechnet mit rund 150 zusätzlichen Normenkontrollverfahren, die er auch als aufwändiger
einstufte als andere Verfahren.
Basis für die Diskussion der Abgeordneten mit den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs
bildeten die Tätigkeitsberichte der beiden Höchstgerichte 2013, die einstimmig zur Kenntnis genommen
wurden. Beiden Gerichtshöfen ist es im vergangenen Jahr gelungen, die Zahl der offenen Verfahren zu reduzieren,
wobei der VwGH rund 30% der angefochtenen Bescheide aufhob. Der Verfassungsgerichtshof schloss 4.468 Verfahren
ab und gab in 8% der Fälle dem Beschwerdeführer bzw. der Beschwerdeführerin statt. Von 52 geprüften
Gesetzesnormen wurden 27 zumindest teilweise aufgehoben.
Beide Gerichtshöfe würden sehr effizient arbeiten und seien auch auf neue Aufgaben gut vorbereitet, kommentierte
ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl die Berichte. Mit ihren Ausführungen antworteten die beiden Präsidenten
auf Fragen der Abgeordneten Albert Steinhauser, Wolfgang Zinggl (beide G), Nikolaus Scherak (N), Harald Stefan
(F) und Christoph Hagen (T).
Privatradios: Grüne und NEOS fordern mehr Zeit für Programmerstellung
Mit den Stimmen der Regierungsparteien wurde vom Verfassungsausschuss ein gemeinsamer Gesetzesantrag der Grünen
und der NEOS auf Änderung des Privatradiogesetzes ( 609/A) vertagt. Nach Auffassung der Abgeordneten Dieter
Brosz (G) und Nikolaus Scherak (N) sollen Inhaber von Hörfunklizenzen künftig zwei Jahre Zeit haben,
um ein Programm auf die Beine zu stellen. Die derzeit geltende Frist von einem Jahr ab dem Zeitpunkt der Zulassung
reicht ihnen zufolge nicht immer aus, um auf Sendung zu gehen, insbesondere wenn neue Übertragungskapazitäten
genutzt werden.
ÖVP-Abgeordneter Johann Rädler begründete die Vertagung des Antrags mit dem Hinweis auf derzeit
laufende Gespräche zwischen den Regierungsparteien über das Thema Privatradio und wandte überdies
ein, er sehe keinen Anlass, wegen eines einzigen Betreibers, der Probleme mit der aktuellen Frist hat, nun Ausnahmeregelungen
zu beschließen.
Ein weiterer Antrag der NEOS zum Medienbereich ( 619/A(E)) zielte darauf ab, das System der Rundfunkgebühren
zu evaluieren und gegebenenfalls alternative Finanzierungsmodelle zu erarbeiten. Abgeordneter Nikolaus Scherak
bezweifelt, dass die geltende geräteabhängige Rundfunkgebühr ORF-SeherInnen noch treffsicher erfasst,
zudem fordert er mehr Transparenz. Auch dieser Antrag wurde mehrheitlich vertagt, nachdem SPÖ-Mandatar Johannes
Jarolim empfohlen hatte, zunächst eine ORF-interne Evaluierung abzuwarten.
Team Stronach für eigenes Dienstrecht für ExekutivbeamtInnen, FPÖ für pensionsrechtliche
Besserstellung für Zeitsoldaten
Mit Stimmenmehrheit vertagte der Ausschuss schließlich Anträge des Team Stronachund der FPÖ
zum Themenblock Dienstrecht. Geht es nach Team-Stronach-Abgeordnetem Christoph Hagen sollen ExekutivbeamtInnen
aufgrund der Besonderheiten ihres Aufgabenbereichs ein eigenes Dienstrecht erhalten. Die FPÖ fordert wiederum,
ehemalige Zeitsoldaten pensionsrechtlich besserzustellen. Nach Meinung des Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch
geht es nicht an, dass Zeitsoldaten maximal nur 30 Monate als beitragsgedeckte Dienstzeit geltend machen können.
ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl erinnerte ebenso wie Staatssekretärin Sonja Steßl an den im Regierungsprogramm
angekündigten Plan der Koalition, ein modernes Dienstrecht mit berufsspezifischen Ausprägungen zu schaffen.
Bezüglich der Zeitsoldaten wiederum gibt es derzeit, wie Beatrix Karl von der Volkspartei mitteilte, Gespräche
mit dem Sozialminister.
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