Neue EU-Kommission hat mit 1. November ihre Arbeit aufgenommen - Für Umsetzung der Reformprogramme
ist frühzeitige Einbindung der Sozialpartner und Wirtschaftskammern unerlässlich
Wien (pwk) - "Die neue Europäische Kommission unter Jean-Claude Juncker hat mit 01.11. planmäßig
ihre Arbeit aufgenommen - und es ist höchste Zeit dafür. Das angekündigte 300 Mrd. Euro-Investitionspaket
zur Ankurbelung von Beschäftigung, Wachstum und Investitionen muss so rasch wie möglich geschnürt
werden", erklärte Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), anlässlich
der Amtsaufnahme der neuen EU-Kommission.
Die EU müsse den Weg aus der Wachstums- und Beschäftigungskrise finden: Um die Umsetzung der ambitionierten
Reformprogramme rasch zu erreichen, sei besonders eine frühzeitige Einbindung der Sozialpartner und Wirtschaftskammern
unerlässlich - in allen relevanten Politikbereichen der EU. "Die positiven Effekte der österreichischen
Sozialpartnerschaft auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie die Akzeptanz und breite Umsetzung von Reformen
können auch für andere Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene beispielgebend sein." Im Rahmen der Tripartiten
Sozialgipfel sollte die permanente Einbeziehung aller europäischen Sozialpartner-Organisationen sowie repräsentativer
horizontaler europäischer Verbände gewährleistet werden, fordert Leitl.
Wirtschaftskammern sind als Unternehmensvertreter wesentliche Akteure in den Bereichen duale Ausbildung, Unternehmensgründung,
Internationalisierung und vieles mehr. "Trotz hoher (Jugend)-arbeitslosigkeit herrscht in vielen Ländern
hoher Fachkräftemangel, der sich in Zukunft noch verstärken wird. Die Berufsbildung ist jedoch oftmals
von den Anforderungen des Arbeitsmarktes entkoppelt und praxisfern", betont Leitl. Um eine Halbierung der
Jugendarbeitslosigkeit bis 2020 zu erreichen, müsse verstärkt auf arbeitsplatzbasiertes Lernen gesetzt
werden:
"Lehrlingssysteme können aber nur funktionieren, wenn Organisationen der Arbeitswelt wie Wirtschaftskammern
eine tragende Rolle spielen. Durch sie können Unternehmen direkt bei der Berufsbildung mitwirken."
Bürokratische Hürden beseitigen
Insbesondere in den vergangenen Jahren haben Beschwerden österreichischer Unternehmen über bürokratische
und mit hohen Kosten verbundene EU-Vorgaben stark zugenommen. "Vielfach werden Details auf EU-Ebene geregelt,
die im Sinne der Subsidiarität besser auf lokaler oder nationaler Ebene behandelt werden könnten. Die
Wirtschaft wird durch diese zunehmende Bürokratie belastet und die unternehmerische Freiheit beschränkt",
so der WKÖ-Präsident. Vor allem die Verbraucherrechterichtlinie sowie eine Ausnahme der Lebensmittelkennzeichnung
bei offenen Zubereitungen (also z.B. in Restaurants) müssen im Rahmen des Kommissionsprogramms REFIT überprüft
werden.
Finanzmarktregulierung neu bewerten
Angesichts des noch immer erschwerten Zugangs für KMU zu Finanzierungen innerhalb der EU fordert Leitl
eine umfassende Bewertung der Finanzmarktregulierung: "Es muss jedenfalls vermieden werden, dass sich die
Konditionen der Finanzierung der Realwirtschaft und insbesondere der KMU durch eine überbürdende Belastung
der Kreditinstitute verschlechtern und somit neues Wirtschaftswachstum gefährden." Eine Analyse müsste
von der Kommission beauftragt und von einem oder mehreren unabhängigen Instituten durchgeführt werden.
Weiters brauche es Strategien, um die Industrie in Europa zu halten bzw. wieder anzusiedeln: "Der Standort
Europa muss auch mit sehr ambitionierten Umweltstandards attraktiv sein, d.h. Umwelt und Industriepolitik müssen
besser aufeinander abgestimmt werden", so Leitl. Er fordert eine Reform des Emissionshandels mit robusten
Schutzmaßnahmen für die exponierten Industriezweige, solange Europa einsamer Vorreiter bleibt, sowie
vollen Einsatz für ein global verbindliches Klimaschutzabkommen.
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