Von 18. November 2014 bis 16. Jänner 2015 im Ausstellungszentrum im Ringturm
Wien (vic) - Jährlich seit 1967 verleiht die Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs
den Bauherrenpreis und zeichnet Bauten aus, die durch ihre außergewöhnliche architektonische Gestaltung
und Ausführung bestechen. Darüber hinaus leisten die prämierten Projekte - in intensiver Zusammenarbeit
zwischen BauherrInnen und ArchitektInnen entstanden - einen positiven Beitrag zur Entwicklung des jeweiligen Umfelds.
Bereits zum vierten Mal in Folge präsentiert der Wiener Städtische Versicherungsverein in seiner "Architektur
im Ringturm"-Reihe den Bauherrenpreis und vermittelt ein Bild der zeitgenössischen Architekturlandschaft
Österreichs. In einem Vorverfahren haben neun Bundesländerjurien aus den 110 eingelangten Einreichungen
jeweils bis zu vier Bauten nominiert. Aus diesen ermittelte die international besetzte Hauptjury nach Besichtigung
von insgesamt 27 nominierten Projekten die sieben Preisträger. Durch diese Vorgehensweise wird jedes prämierte
Projekt auch internationalen Maßstäben gerecht.
Die ausgezeichneten Projekte im Detail
PaN Wohnpark, Interkulturelles Wohnen, Wien Bauherrin: Neues Leben Gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft,
Dir. Karl-Heinz Stadler, Dir. Wolfgang Reitterer, Dir. Johann Gruber
Architektur: Werner Neuwirth, Wien / von Ballmoos Krucker Architekten, Zürich / Sergion Bates, London
Landschaftsplanung: D\D Landschaftsplanung ZT KG, Anna Detzlhofer
Leistbares, schönes Wohnen ist rar. Der Sparstift wird auch beim geförderten Wohnbau angesetzt und macht
attraktiven Wohnraum für eine breite Schicht schwer zugänglich. Daher fallen unorthodoxe Beispiele wie
der PaN Wohnpark am ehemaligen Nordbahnhof besonders ins Auge. PaN steht für "Partner aller Nationen"
und ist ein Verband, der sich für ein harmonisches Zusammenleben von Wienerinnen und Wienern unterschiedlicher
Herkunft einsetzt. Die 90 geförderten Mietwohnungen sind auf drei Häuser verteilt, die sich um einen
Platz gruppieren und einen eigenen, urbanen Stadtraum bilden. Gemeinschaftseinrichtungen wie eine Lese-Lounge,
ein Café mit weltoffener Atmosphäre sowie Gemeinschafts- und Kinderspielräume schaffen in der
Leopoldstadt Orte der Begegnung und des Miteinanders.
VinziRast-mittendrin, Wien
Bauherrin: Verein Vinzenzgemeinschaft St. Stephan, Cecily Corti, Doris Kerbler
Architektur: gaupenraub +/- Wien, Alexander Hagner, Ulrike Schartner
Für freien Hochschulzugang und gegen Studiengebühren gingen die Studierenden in Österreich im Jahr
2009 auf die Barrikaden. "unibrennt" war damals das Motto der Protestierenden, die das Audimax der Universität
Wien monatelang besetzten. Auch Obdachlose fanden in den Hörsälen Zuflucht und der gemeinsame Alltag
schweißte zusammen. Das gemeinsame Kochen, Diskutieren, Musizieren und Organisieren lebt im Wiener VinziRastmittendrin
weiter. Studierende entwickelten und realisierten gemeinsam mit dem Verein Vinzenzgemeinschaft St. Stephan und
dem Team gaupenraub +/- ein besonderes Konzept: In der Wiener Währinger Straße wohnen und arbeiten Studierende
mit ehemaligen Obdachlosen in Wohngemeinschaften zusammen. Darüber hinaus beherbergt VinziRast-mittendrin
einen Dachgarten mit Atelier, Werkstätten im Erdgeschoß, die Tischlerarbeiten und Radreparaturen ausführen
und das öffentliche Lokal, getrennt als GmbH von Projektbeteiligten geführt, ohne Konsumzwang, mit Gastgarten
im Hof. Der revitalisierte Altbau rückt Menschen in den Vordergrund, die respektvoll und vorurteilsfrei aufeinander
zugehen.
Generalat Halleiner Schwestern Franziskanerinnen, Salzburg
Bauherrin: HSF Immobilien GmbH Oberalm, SR Emanuela Resch, SR Benedicta Lienbacher, Bmst. Manfred Steinlechner
Architektur: Heinz Tesar, Wien
Einfach, kontemplativ, karitativ und gemeinnützig - die Ordensfrauen aus Hallein leben und wirken nach dem
Vorbild von Franz und Klara von Assisi, die ihr Leben in den Dienst an der Allgemeinheit stellten. So kümmern
sich die Franziskanerinnen seit dem 18. Jahrhundert um Waisenkinder und haben sich Schichten verschrieben, die
sich schulische Bildung nicht leisten konnten. Die franziskanische Lebenshaltung, geprägt durch Sparsamkeit,
spiegelt sich auch im Bauprojekt für die Ordensgemeinschaft wider. Das bestehende Ensemble von Schloss und
Altenwohnheim Kahlsperg ergänzte der Wiener Architekt Heinz Tesar in Zusammenarbeit mit den franziskanischen
Schwestern. Ihre Wünsche nach einem schlichten Raumkonzept, das praktisch bewältigbar, für künftige
Veränderungen tauglich und aus einfachsten Materialien ist, wurden erfüllt.
Kulturzentrum Ischgl, Tirol
Bauherrin: Gemeinde Ischgl, Bgm. Werner Kurz, Christian Schmid
Architektur: parc ZT GmbH, Innsbruck, Michael Fuchs, Barbara Poberschnigg
Aus dem einst armen Bergdorf Ischgl hat sich im Laufe der letzten 30 Jahre eine sogenannte Bettenburg entwickelt.
Das Mekka für Wintersportliebhaber in Österreich hat aber noch mehr zu bieten: Nach wie vor gibt es das
Dorf als Sozialgefüge, das über eine vielseitige Vereinslandschaft verfügt. Das will gepflegt werden
und braucht Raum. Am Widum Platz im Ortszentrum fand das Gemeinschaftsleben ein neues, barrierefreies Zuhause und
beherbergt jetzt Chor, Bibliothek und Dorfarchiv. Eine große "Stube" mit Schank bietet ohne Konsumzwang
allen Ischgler Vereinen Platz für Zusammenkünfte. Durch das Einbeziehen der gesamten Dorfgemeinschaft
von Anfang an, stieß das Projekt auf breite Zustimmung.
Ausstellungs- und Versammlungshalle Werkraum Bregenzerwald, Andelsbuch, Vorarlberg
Bauherr: Werkraum Bregenzerwald, Renate Breuß, Anton Kaufmann
Architektur: Peter Zumthor, Haldenstein
Mit dem Werkraum Bregenzerwald haben sich 84 Handwerksbetriebe aus der Region eine gemeinsame Plattform geschaffen.
Ein Ort ist entstanden, an dem modernes Handwerk seinen Platz für Präsentation und Diskurs findet. Regelmäßige
Ausstellungen, Wettbewerbe und Vorträge fördern den Austausch und bestärken die Handwerksbetriebe,
überwiegend lokale und recyclebare Rohstoffe zu nutzen. Als Schaufenster nach außen und Bildungsforum
nach innen stellt sich die Bauherrschaft mit dem Pavillon "selbst vor" und wird zum regional und global
wegweisenden Beispiel.
Schatzkammer Gurk, Dom zu Gurk, Kärnten
Bauherrin: Diözese Gurk, Klagenfurt, DI Fritz Breitfuss, Msgr. Mag. Gerhard Christoph Kalidz, Dr. Eduard
Mahlknecht
Architektur: winkler + ruck architekten, Klagenfurt
Der Dom zu Gurk, Grab der Kärntner Schutzpatronin Hemma, ist kein Hotspot des Kulturtourismus. Für Liebhaber
romanischer Baukunst in Europa aber allemal eine Reise wert. Insbesondere mit der Übersiedlung der Diözesan-Schatzkammer,
die vorher schwer zugänglich in einem Stadthaus lagerte, erhielt der Ort ein außergewöhnliches
Museum - und einen weiteren Anreiz, Gurk in Reiseplanungen aufzunehmen. Räumlich, technisch und funktional
adaptierte die Bauherrschaft tausend Quadratmeter denkmalgeschützter Substanz des Propsthofes, um sie neu
zu erschließen und Objekte aus Vergangenheit und Gegenwart aus unterschiedlichen Epochen stimmig zu präsentieren.
Betriebsgebäude Office OFF Steinberg-Dörfl, Burgenland
Bauherr: Johannes Stimakovits, FOB-face of buildings
Architektur: heri&salli, Wien, Josef Saller, Heribert Wolfmayr
Stahl-SpezialistInnen wagten sich mit ihrem Firmensitz auf ein ungewohntes Terrain: Das Wiener Architekturbüro
heri&salli konzipierte für FOB-face of buildings, spezialisiert auf Stahl-Glas-Fassaden, ein neues Bürogebäude
aus Holz. Die Idee, eine Umgebung zu schaffen, in der Arbeit und Leben aufeinander treffen, führte die Planer
zu einem energieautarken, ökonomischen Gebäude. Integrierte Besprechungszonen sowie Wohlfühl- und
Ruhebereiche dehnen den traditionellen Begriff des Arbeitsplatzes und lassen die Grenzen zur Freizeitkultur verschwimmen.
Ausstellung
Die Schau im Ringturm zeigt neben den Gewinnern des Bauherrenpreis 2014 auch jene Projekte, die von den ehrenamtlichen
Bundesländerjurien nominiert wurden. Pläne, Fotos und Modelle führen durch österreichische
Architektur der Gegenwart und ermöglichen Einblicke in die Zusammenarbeit von BauherrInnen und ArchitektInnen.
Katalog
Architektur im Ringturm XXXVIII. Bauherrenpreis 2014. (Hg.) Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs,
ca. 85 Seiten. Preis: 18 Euro
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