Landwirtschaftsausschuss unterstützt Exportoffensive als Ausgleich
für Verluste nach Russland-Sanktionen
Wien (pk) - Das Programm Österreichs zur Ländlichen Entwicklung ist nun fertiggestellt und sollte
noch am 13.11. an Brüssel übermittelt werden. Wie Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter in einer
Aussprache des Landwirtschaftsausschusses mitteilte, ist Österreich damit eines der ersten Länder, dessen
Programm nun vor der Genehmigung durch die Europäische Union steht. Was hingegen die Folgen des russischen
Embargos auf die österreichische Landwirtschaft betrifft, die in der Debatte breiten Raum einnahmen, setzt
Rupprechter auf eine Exportoffensive in Richtung neuer Märkte, aber auch auf die zunehmende Bereitschaft der
österreichischen KonsumentInnen, heimische Produkte zu kaufen.
Ergänzt wurde die Aussprache mit dem Minister durch eine Debatte über den Grünen Bericht 2014 sowie
über den Bericht über die Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2015, die beide
ein von Einkommensverlusten und teils auch von Produktionsrückgängen geprägtes Bild der heimischen
Landwirtschaft zeichnen und mit den Stimmen der Regierungsparteien zur Kenntnis genommen wurden.
Die Grünen wiederum steuerten einen Entschließungsantrag bei, der u.a. die Forderung nach einer Erhöhung
der Dotierung von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen enthält. Diese Initiative wurde ebenso vertagt wie
ein Vorstoß der FPÖ auf Verkürzung der Aufbewahrungsfristen von Unterlagen im Programm OPUL 2015.
In die Warteschlange verwiesen wurden weiters die Forderung der Freiheitlichen nach Investitionsförderung
für Landmaschinen mit Pflanzenölbetrieb sowie der Ruf des Team Stronach nach einem Qualitätsgütesiegel-Gesetz.
"Bitte warten" hieß es auch für Entschließungsanträge, in denen die Grünen
eine ökologische Reform der GAP fordern und ihre kritische Haltung zum Transatlantischen Handelsabkommen TTIP
zum Ausdruck bringen.
Ländliche Entwicklung: Offene Fragen konnten geklärt werden
Das österreichische Programm zur Ländlichen Entwicklung sei nicht aufgeschnürt, sondern adaptiert
worden. Man habe dabei sämtliche im Verhältnis zur Union noch offenen Fragen abgearbeitet und geklärt,
teilte Rupprechter den Abgeordneten mit und kündigte an, unmittelbar im Anschluss an die Sitzung des Ausschusses
den Sendeknopf zur elektronischen Übermittlung des Papiers an Brüssel zu drücken. Weniger positiv
sah Rupprechter das Berichtigungsschreiben der EU zum Haushalt 2015. Der Plan, 450 Mio. € aus dem Agrarbudget in
andere Finanzbereiche der Union zu übertragen, sei abzulehnen. Es gehe nicht an, dass die im Zuge der Russland-Sanktionen
entstandene Krise nun auf Kosten der Bauern bewältigt wird, unterstrich Rupprechter und sah sich darin auch
durch massive Vorbehalte im Europäischen Parlament bestätigt.
Österreich habe das am besten dotierte und überdachte Programm zur Ländlichen Entwicklung, das in
Europa eingereicht wurde, bestätigte ÖVP-Mandatar Hermann Schultes, der darin auch eine Messlatte für
andere Bereiche sah. Wichtig sei nun vor allem die Planungssicherheit der Betriebe, meinte sein Fraktionskollege
Manfred Hofinger ebenso wie Erwin Preiner (S). Der Agrarsprecher der Sozialdemokraten merkte zudem als positiv
an, dass nun erstmals bei der ländlichen Entwicklung auch die sozialen Dienste berücksichtigt werden.
Josef Schellhorn von den NEOS wiederum interpretierte das Programm auch als Anstoß für eine intensivere
Einbindung des Tourismus in Aktivitäten im Bereich des ländlichen Raumes.
Wolfgang Pirklhuber äußerte namens der Grünen hingegen die Befürchtung, die Einsparungen bei
den Flächenzahlungen könnten zu einem massiven Einkommensverlust in der Landwirtschaft führen. Grundsätzlich
bemängelte der Grünen-Agrarsprecher, dass das Programm nicht durch ein Rahmengesetz umgesetzt wird. Für
die Freiheitlichen vermisste Harald Jannach Obergrenzen bei den Agrarsubventionen. So gehe es nicht an, dass Stiftungen
oder Großbetriebe Förderungen in Millionenhöhe erhalten, dies sei gesellschaftlich nicht vertretbar.
Exportoffensive und Regionalisierung als Reaktionen auf russisches Embargo
Von den Maßnahmen Russlands im Gefolge der EU-Sanktionen sind in erster Linie Schweinefleisch, Käse
sowie Obst und Gemüse betroffen, wobei Minister Rupprechter von einem Volumen im Ausmaß von rund 100
Mill. €. sprach. Es gelte nun, neue Absatzmärkte zu finden, um die Einbußen für die heimische Landwirtschaft
zu dämpfen. Eine Exportoffensive in Richtung Südkorea und China habe bereits erste positive Ergebnisse
gebracht. Weitere Zielländer werden Japan und die Philippinen sein, kündigte Rupprechter an und berichtete
von großem Interesse in Asien an Qualitätsprodukten aus Österreich.
Den Absatzschwierigkeiten soll aber auch durch verstärkte Aktivitäten auf den heimischen Märkten
begegnet werden. Der Aufruf zum Schulterschluss mit der österreichischen Landwirtschaft sei ein Erfolg. So
werde vor allem der Apfel von den KonsumentInnen als Symbol gesehen, bewusst heimische Produkte zu kaufen. Rupprechter
will nun im Rahmen der Aktion "Schau drauf, wo es herkommt" auch weiterhin auf Regionalität und
hohe Qualität setzen, was auch SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner begrüßte, der allerdings auf
die höheren Preise von heimischen Qualitätslebensmitteln hinwies. Wichtig sei es, dass auch einkommensschwache
Haushalte Zugang zu hochwertigen Produkten haben, gab er zu bedenken und warnte vor einer Zwei-Klassen-Gesellschaft
im Lebensmittelbereich. Sein Vorschlag einer diesbezüglichen Förderung wurde von Rupprechter im Hinblick
auf die Rechtslage auf EU-Ebene allerdings skeptisch beurteilt.
Dass die österreichischen Lebensmittel nicht billig sind, war auch Hermann Schultes von der Volkspartei klar,
der dazu aufrief, der heimischen Landwirtschaft für ihre Leistungen die nötige Wertschätzung zu
zollen. Wir sind nicht die billigsten - das wollen wir auch nicht sein, wir wollen vielmehr die besten sein, lautete
seine Devise. Davon ging auch Team Stronach-Agrarsprecher Leopold Steinbichler aus, der in diesem Zusammenhang
heftige Kritik an Schleuderaktionen in Supermärkten übte. Die Russland-Krise werde ausgenützt, um
zusätzlichen Druck auf die Preise zu machen, empörte er sich. Für wenig glaubwürdig hielt Steinbichler
überdies die von Rupprechter angekündigte Regionalisierungsoffensive bei Lebensmitteln. Die KonsumentInnen
würden dabei getäuscht, zumal immer häufiger Produkte, die als heimisch propagiert werden, in Wirklichkeit
aus dem Ausland importiert werden.
Einen Widerspruch zwischen der Exportoffensive und den Zielen des Klimaschutzes ortete Georg Willi von den Grünen.
Man könne nicht für kurze Transportwege und Regionalität eintreten, gleichzeitig aber eine Strategie
verfolgen, durch die Güter ans Ende der Welt gebracht werden, argumentierte er. Rupprechter sah dies anders
und konterte, es sei sinnvoller, China importiere naturnah erzeugte Lebensmittel aus Österreich als Produkte,
für deren Anbau der Regenwald abgeholzt werden muss.
Daten und Fakten konnten die Abgeordneten auch dem Grünen Bericht 2014 (III-101 d.B.) und dem daran angeschlossenen
Ressortbericht über die Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft (III-102 d.B.) entnehmen. Ihre
Ablehnung des Berichts erklärten FPÖ, Grüne und NEOS damit, dass die bisherige Agrarpolitik nicht
ihren Vorstellungen entspreche. Wolfgang Pirklhuber (G) brachte als Negativbeispiel die Nichtförderungen des
Umstiegs von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft in den vergangenen Jahren. Die SPÖ nahm den
Grünen Bericht zum Anlass, generell die Verteilung der Fördermittel bei den Direktzahlungen aus der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) der EU zu hinterfragen. Wie die Oppositionsparteien sehen die Sozialdemokraten dabei nämlich
eine Schlechterbehandlung von Kleinbetrieben und Nebenerwerbsbauern.
Minister Rupprechter betonte dazu, die Neuauflage der GAP stelle mit verstärkten Maßnahmen zur Ländlichen
Entwicklung den Erhalt der Nebenerwerbslandwirtschaft sicher, für Verteilungsgerechtigkeit bei den Direktförderungen
sorge das heimische Marktordnungsgesetz mit einer entsprechenden Kleinerzeugerregelung. Insgesamt sei Österreich
mit seiner ökosozialen Agrarpolitik auf dem richtigen Weg.
Grünen-Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber ging zudem mit einem Entschließungsantrag (148/A/(E)) in die
Debatte, der einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Umsetzung der GAP-Reform im Bereich Ländliche
Entwicklung enthält. Zu den zentralen Punkten zählen dabei die Forderungen nach Erhöhung der Mittel
für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen sowie nach stärkerer Förderung des biologischen Landbaus.
In der Diskussion machte sich Pirklhuber erneut für ein eigenes Gesetz zur Ländlichen Entwicklung stark,
seinen Antrag vertagten SPÖ und ÖVP aber mit dem Hinweis, die Europäische Kommission habe das österreichische
Programm der zweiten GAP-Säule noch nicht genehmigt.
FPÖ fordert Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für ÖPUL-Unterlagen
Einen gemeinsamen Antrag zur Kürzung der Frist, in der LandwirtInnen ihre Aufzeichnungen als Fördergrundlage
im "Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft" (ÖPUL) aufbewahren müssen
stellte Ausschussvorsitzender Jakob Auer bis zur Nationalratssitzung nächste Woche in Aussicht. Hintergrund
dieser Ankündigung war ein FPÖ-Antrag, in dem ungerechtfertigt lange Aufbewahrungspflichten für
Unterlagen des ÖPUL-Förderprogrammes beklagt werden. Antragsteller Harald Jannach erklärte den Vorstoß
mit der geltenden Regelung, wonach landwirtschaftliche Betriebe alle für die Förderung relevanten Unterlagen
zehn Jahre lang aufbewahren müssen; die Frist werde vom Ende des Förderzeitraums ab gerechnet.
Da das aktuelle ÖPUL-Programm und damit der Verpflichtungszeitraum mit Ende 2020 ausläuft, bedeute dies
in der Praxis, dass die Agrarmarkt Austria berechtigt ist, im Jahr 2030 für eine Vor-Ort-Kontrolle Aufzeichnungen
und Unterlagen bis zum Jahr 2015 zurück bei den Landwirten zu kontrollieren, gab Jannach im Ausschuss zu bedenken
und sah darin eine krasse Benachteiligung der Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen. Sein
Entschließungsantrag (746/A(E)) in dem er eine Verkürzung der Aufbewahrungspflichten auf das für
Buchhaltungsunterlagen gemäß der Bundesabgabenordnung übliche Maß von sieben Jahren ab Förderungsauszahlung
fordert, wurde zwar von allen Fraktionen grundsätzlich befürwortet, die Ausschussmehrheit beschloss dennoch
vorerst die Vertagung, um zur Formulierung eines Allparteien-Antrags zur Thematik noch mit RechtsexpertInnen Rücksprache
zu halten.
Freiheitliche wollen Investitionsförderung für Traktoren mit Pflanzenölbetrieb
Vertagt wurde auch ein Vorstoß (749/A(E)) der FPÖ auf eine Investitionsförderung für den
Neukauf von pflanzenölbetriebenen Landmaschinen bzw. für eine entsprechende Umrüstung. Im neuen
Investitionsförderprogramm zur Ländlichen Entwicklung sei die Umrüstung von Traktoren auf Pflanzenölbetrieb
schon enthalten, informierte Landwirtschaftsminister Rupprechter, da dies eine nachhaltige Maßnahme für
Klimaschutz, Krisenversorgung, Boden- und Gewässerschutz sowie Wertschöpfung darstelle.
In seinem Antrag verweist der freiheitliche Landwirtschaftssprecher Harald Jannach kritisch auf die 2012 erfolgte
Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Agrardiesel und argumentierte, zur finanziellen Entlastung der
Bauern, aber auch aus Umweltgründen wäre es nun sinnvoll, die landwirtschaftlichen Maschinen auf Pflanzenöltreibstoff
umzustellen.
Grüne Vorbehalte gegen Transatlantisches Handelsabkommen zwischen EU und USA
Schwere Vorbehalte erhoben die Grünen gegen das geplante Handelsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den USA.
Im Kern gehe es dabei um tiefe Eingriffe in den Alltag der Menschen, wenn bäuerliche Landwirtschaft und Ernährungssouveränität
oder das Vorsorgeprinzip, Konsumentenschutz, Umwelt- und Gesundheitsschutz im Interesse von Marktliberalisierungen
unter den Tisch gekehrt werden, warnte Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber. In einem Entschließungsantrag (230/A(E))
pocht er auf die Offenlegung sämtlicher Verhandlungsdokumente und fordert gleichzeitig die Einbindung des
Europäischen Parlaments sowie der nationalen Parlamente und der Zivilgesellschaft in den Verhandlungsprozess.
Darüber hinaus sollten die Verhandlungskapitel betreffend Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit nicht
abgeschlossen bzw. im Vertragswerk explizit ausgenommen werden.
Da die jetzige EU-Kommission dem transatlantischen Handelsabkommen eher kritisch gegenüberstehe, schlug Erwin
Preiner (S) die Vertagung des Grün-Anliegens vor. Diesem Vorschlag leisteten SPÖ und ÖVP Folge,
Minister Rupprechter fügte jedoch an, er wolle den zuständigen EU-Agrarkommissar Phil Hogan im Frühjahr
nächstes Jahr zur Debatte darüber in den Landwirtschaftsausschuss holen.
Team Stronach drängt auf Qualitätsgütesiegel-Gesetz
Das Team Stronach bekräftigt in einem Entschließungsantrag (645/A(E)) die Forderung seiner Fraktion
nach einem transparenten, rechtlich verbindlichen Qualitätsgütesiegel für alle in Österreich
angebotenen Lebensmittel, das Klarheit über Herkunft, Erzeugungsart, Verarbeitung, Transport und Lagerung
gibt. Es müsse endlich Schluss sein mit Produkten, die sich als österreichisch ausgeben dürfen,
obwohl lediglich die Schlachtung bzw. die Verpackung in Österreich erfolgt, betont Landwirtschaftssprecher
Leopold Steinbichler in seinem Antrag und Waltraud Dietrich (T) fügte in der Ausschusssitzung an, die aktuelle
Vielzahl an Vermerken auf Lebensmitteln verunsichere KonsumentInnen und schwäche ProduzentInnen. ÖVP-Mandatar
Manfred Hofinger stellte diese Darstellung in Abrede, denn die AMA-Kennzeichnung als einzig staatlich anerkanntes
Gütesiegel biete ausreichend Klarheit am heimischen Markt. Den Team Stronach-Antrag vertagten die Koalitionsparteien.
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