Tourismusausschuss: Allparteien-Einigung zum Erhalt der Beherbergungsstatistik
Wien (pk) - Grundsätzlich positiv gestalte sich der Ausblick auf die kommende Wintersaison in Österreich,
unterstrich Staatssekretär Harald Mahrer am 12.11. im Tourismusausschuss des Nationalrats. Zum einen sehe
man eine rege Investitionstätigkeit der Tourismusbetriebe, zum anderen presche die Österreich Werbung
mit neuen Initiativen zu Wellness und Kulinarik speziell in ausländischen Märkten vor. Damit sollten
sich negative Auswirkungen auf die Buchungslage bedingt durch die schwächelnde Weltwirtschaft und die EU-Sanktionen
gegen Russland abfedern lassen.
Diese Einschätzung der heimischen Tourismusentwicklung ließen die Ausschussmitglieder aber nicht vorbehaltlos
gelten. Von der steuerlichen Belastung für die Freizeitwirtschaft, speziell bezüglich der Lohnnebenkosten,
bis zu mangelhafter Verkehrsanbindung vieler Unterkünfte wurden von den Abgeordneten zahlreiche Probleme ins
Treffen geführt. Zudem war in der Debatte mit Mahrer und zwei Experten der Österreichischen Hoteliervereinigung
die Notwendigkeit eines Bürokratieabbaus für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus
ein Thema.
Im weiteren Sitzungsverlauf beschloss der Ausschuss einstimmig einen Sechs-Parteien-Antrag zum Erhalt der Beherbergungsstatistik
für die Tourismusplanung. Befürchtet wird von den Antragstellern, mit Inkrafttreten des neuen Meldegesetzes
würde die Qualität der Gästedatenerfassung stark eingeschränkt. Eine Forderung der FPÖ,
Trinkgelder von Sozialabgaben zu befreien, wurde mehrheitlich vertagt.
Mahrer: Wintertourismus mit neuen Facetten anregen
Schon die Bilanz der Sommersaison im österreichischen Tourismus sei besser ausgefallen als erwartet, betonte
Mahrer. "Der Tourismus bildet neben der Exportwirtschaft weiterhin eine solide Konjunkturstütze",
erklärte er und verwies auf das 2,3%-Plus der Ankünfte zwischen Mai und September auf 17,9 Millionen
Personen sowie die Steigerung der Nächtigungen auf über 60 Millionen. Zwar habe man in Bezug auf russische
Gäste vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise einen Rückgang verzeichnet, doch gebe es für diesen
Markt vermehrte Marketinganstrengungen, die schon teils positive Effekte in der Buchungslage für den Winter
zeitigen, sagte der Staatssekretär. Generell fokussiere das Marketing der österreichischen Tourismuswirtschaft
aktuell die Auslandsmärkte. Mahrer nannte als Beispiel die neue Initiative der Österreich Werbung, "Ein
Winter voller Lebensfreude", die neben dem Skisport auch wetterunabhängige Aspekte des Winterurlaubs
wie Wellness und Kulinarik anspreche. Seine optimistische Grundhaltung hinsichtlich der Wintersaison 2014 begründete
Mahrer außerdem mit der hohen Kreditnachfrage bei der Tourismusbank.
Hoteliervereinigung sieht Arbeitsleistung zu stark belastet
Seitens der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) besteht zwar auch vorsichtiger Optimismus bei
den Nächtigungszahlen im heurigen Winter, dennoch gebe es eine Reihe von Problemen speziell für den Hotelsektor,
strich ÖHV-Präsident Gregor Hoch im Ausschuss hervor. Mangels Durchsetzung einer Preissteigerung komme
der heimische Tourismus den stark ansteigenden Kosten kaum bei. Besonders die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit
sei ein Problem, das die Politik rasch lösen sollte. Trotz eines niedrigen Lohnniveaus im Tourismusgewerbe
würden die MitarbeiterInnen aufgrund der Abgaben zu viel kosten, präzisierte der Vorsitzende des unabhängigen
Hotelier-Interessenverbands seine Sorge. Zwecks Personalkostenminderung den Hotelbetrieb vor allem auf technologisierte
Vorgänge umzustellen, könne bei der personenorientierten Gästebetreuung im österreichischen
Freizeitgewerbe aber keine zielführende Alternative sein. Der Generalsekretär der Hoteliervereinigung,
Markus Gratzer, bekräftigte, damit die heimische Tourismuswirtschaft wettbewerbsfähig bleibt, bedürfe
es dringend einer deutlichen Absenkung der Lohnnebenkosten. "Die Standortgarantie im Tourismus darf nicht
ihr Nachteil sein", appellierte der Experte.
Außerdem gebe es einen akuten Personalmangel in der Hotellerie: Gratzer zufolge suchen derzeit über
60% der Betriebe geeignete MitarbeiterInnen. Wohl biete die ÖHV Lehrgänge zur Praxisentwicklung auf diesem
Gebiet und kooperiere mit Tourismusschulen, doch gelte es, die Lehre hier weiterzuentwickeln und attraktiver zu
machen.
Ausschuss weist auf Problemfelder im Tourismus hin
In all diesen Punkten stießen die ÖHV-Vertreter auf viel Verständnis bei den Ausschussmitgliedern,
wenn auch Michael Ehmann (S) vor hohen Verlusten bei den Sozialversicherungsbeiträgen warnte, wenn die Lohnnebenkosten
unüberlegt gekürzt werden. Kontrovers verlief die Debatte jedoch, als im Rahmen der geforderten Steuerreform
das Stichwort Vermögenssteuer fiel. Während Gabriel Obernosterer (V) und Markus Gratzer von der ÖHV
einig waren, die Einhebung einer solchen Steuer bedeute das Ende für Tourismusbetriebe und schade folglich
der Regionalwirtschaft massiv, konnten Josef Muchitsch (S) und Georg Willi (G) diese Vorbehalte nicht nachvollziehen.
Da die Vermögenslage in Österreich sehr ungleich verteilt sei, dürfe hier keine generelle Blockade
gegen Abgaben aufgebaut werden, lautete ihr Credo. Anstatt Steuerfragen im Tourismusausschuss zu diskutieren, solle
sich das Gremium lieber damit auseinandersetzen, wie die Rahmenbedingungen der Freizeitwirtschaft verbessert werden,
meinte Willi nichtsdestotrotz. Ansatzpunkte dafür gebe es genug: von der Förderung des öffentlichen
Verkehrs in Tourismusstandorten bis hin zur engeren Vernetzung von Tourismus und Landwirtschaft.
Gerade im Sinne des "Nation Branding", sei tatsächlich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Agrarwirtschaft
und Tourismus in Österreich nötig, pflichtete Josef Schellhorn (N) bei. Leopold Steinbichler (T) hinterfragte
in diesem Zusammenhang, wie groß der regionale Nutzen der Tourismuswirtschaft tatsächlich ist. Er vermutete
nämlich, dass vielfach ausländische Nahrungsmittel vom österreichischen Gastgewerbe erworben werden.
Das wollte ÖHV-Präsident Hoch nicht unkommentiert lassen und informierte, regionale Tourismusbetriebe
würden in einem Umkreis von 90km bis zu 80% der Produkte und Dienstleistungen aus der Region beziehen. Staatssekretär
Mahrer ergänzte, Österreich verfüge über höchste Standards der Lebensmittelsicherheit,
Waren aus anderen Ländern seien eben klar zu kennzeichnen.
Eine Durchforstung der zahlreichen Vorschriften und Auflagen regte wiederum Gabriel Obernosterer (V) an. Viel zu
tun gebe es hier, unterstrich er, Doppelgleisigkeiten in der Gewerbeordnung, überschießender Arbeitsschutz
oder realitätsferne Abschreibungsvorgaben seien nur einige Beispiele dafür. Heinz-Peter Hackl (F) und
Josef Schellhorn (N) brachten einmal mehr die Russland-Sanktionen der Europäischen Union zur Sprache, die
ihrer Meinung nach zusammen mit der allgemeinen Konjunkturschwäche kaum Zuversicht bei Wirtschaftstreibenden
auslösen. Sollten die Sanktionen gegen Russland wirklich noch verschärft werden und dadurch die österreichische
Freizeitwirtschaft schwere Einbußen erleiden, wären auf EU-Ebene Finanzhilfen für die Tourismuswirtschaft
zu diskutieren, hielt Harald Maher fest. Damit russischen Gästen aber auch in Zukunft im Unionraum ihren Urlaub
verbringen, seien Ratsverhandlungen über einen Vorschlag der Europäischen Kommission im Gange, die Bestimmungen
der Visa-Richtlinie zu erleichtern. Auf Obernosterers Vorstoß für einen Bürokratieabbau erwiderte
Mahrer, das Wirtschaftsressort arbeite an einer Reihe von Maßnahmen zur Vereinfachung der Vorgaben für
Unternehmen, etwa bei der Förderungsabwicklung, um ihnen das Wirtschaften zu erleichtern.
Abgesehen davon habe die Bundesregierung noch weitere Verbesserungen in ihrem Einflussbereich auf der Agenda, ging
Staatssekretär Mahrer näher auf die übrigen Problemfelder ein. So hätten Wirtschafts-, Umwelt-,
und Verkehrsressort einen gemeinsamen Leitfaden für nachhaltige Mobilität im Tourismus auf die Beine
gestellt und Investitionsprogramme ins Auge gefasst, um bessere Nahverkehrsangebote in den Regionen zu etablieren.
Überhaupt sei der Infrastrukturausbau ein Kernthema der Regierungspolitik, verwies Mahrer auf die Breitbandoffensive,
zu der Josef Muchitsch (S) nachgefragt hatte. Immerhin, so der Staatssekretär, stärke eine schnelle Internetverbindung
nicht nur den Tourismusstandort, sondern gewährleiste auch eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe
im 21. Jahrhundert. Wiewohl sämtliche Förderanfragen ihre Berechtigung hätten, gab Mahrer zu bedenken,
dass bei einer aufkommensneutralen Verteilung der bestehenden Budgetmittel zusätzliche Finanzierungshilfen
immer durch Einsparungen an anderen Stellen zu kompensieren seien. Folglich regte er an, diese Verteilungsfrage
in einem breiteren politischen Kontext zu diskutieren.
Allparteien-Konsens: Tourismus braucht Gästestatistik
Damit die Tourismuswirtschaft weiterhin über eine fundierte Beherbergungsstatistik verfügt, fordern die
Tourismussprecher aller Fraktionen, im neuen Meldegesetz die Änderungen der Gästeerfassung nicht in der
geplanten Form umzusetzen. In ihrem Antrag ersuchen Gabriel Obernosterer (V), Maximilian Unterrainer (S), Roman
Haider (F), Georg Willi (G), Leopold Steinbichler (T) und Josef Schellhorn (N) Innenministerin Johanna Mikl-Leitner,
bei der Durchführungsverordnung für das neue Meldegesetz die Anliegen der Tourismuswirtschaft zu berücksichtigen
( 722/A(E)).
Das Ziel der Novelle, Verwaltungsvereinfachung zu erwirken, sahen die Antragsteller grundsätzlich positiv.
Mit der geplanten Gesetzesänderung würden den Tourismusbetrieben in Zukunft wichtige Daten fehlen, warnte
Georg Willi. - Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
FPÖ will komplette Abgabenbefreiung von Trinkgeld
Mit den Stimmen der SPÖ und der ÖVP vertagt wurde hingegen der Antrag ( 715/A(E)) von FPÖ-Tourismussprecher
Roman Haider für eine Ausnahme des Trinkgelds bei den Sozialversicherungsbeiträgen. Beschäftigte
im Gastronomie- und Beherbergungsgewerbe würden dadurch unabhängig von der Höhe der erhaltenen Trinkgelder
finanziell belastet, kritisierte Haider. Dem schloss sich sein Fraktionskollege Gerald Hauser an.
Unterstützung fanden sie bei Georg Willi (G), der meinte, die derzeitige Regelung sei widersprüchlich,
denn man fordere von freiwilligen Leistungen Dritter, die variabel und zudem von der Einkommenssteuer befreit sind,
pauschal Sozialversicherungsbeiträge. Damit sei für die Beschäftigten ein Einkommensverlust verbunden.
Dieses Argument teilte Schellhorn (N). Er forderte auch einen neuen Kollektivvertrag für Beschäftigte
der Gastronomie, um die Schattenwirtschaft einzudämmen. Diese gebe es in der Hotellerie nicht, die ArbeitnehmerInnen
erhielten in diesem Bereich auch höhere Löhne.
ÖVP-Tourismussprecher Gabriel Obernosterer argumentierte wie die SPÖ-Mandatare Hubert Kuzdas und Harald
Troch gegen den Antrag. Die Befreiung des Trinkgelds von Sozialversicherungsabgaben würde sich vielleicht
kurzfristig auf die Löhne auswirken, wäre längerfristig aber zum Schaden der ArbeitnehmerInnen,
da sie niedrigere Arbeitslosengeld- und Pensionsbezüge zur Folge hätte. Das Thema sei bereits ausführlich
diskutiert worden und es habe sich an diesem Befund nichts geändert, meinten sie.
In inhaltlichem Zusammenhang mit diesem Antrag brachte Josef Schellhorn (N) einen Antrag im Ausschuss ein, der
darauf abzielt, Fahrzeuge von Saisoniers in Tourismusbetrieben von der Normverbrauchsabgabe zu befreien. Schellhorn
erläuterte, es gehe hier um die Entlastung von MitarbeiterInnen von Tourismusbetrieben. Auch dieser Vorstoß
wurde von den Abgeordneten der FPÖ und der Grünen unterstützt.
Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) und Staatssekretär Harald Mahrer führten ins Treffen, dass der
Antrag etwas formuliere, das gesetzlich schon klar geregelt sei. Befindet sich der Hauptwohnsitz eindeutig im Ausland,
so unterliegen Saisoniers nicht der Normverbrauchsabgabe. Georg Willi meinte dazu, es gebe offenbar Widersprüche
im Vollzug des KFZ-Gesetzes zu dieser gesetzlichen Regelung, was abgeklärt werden sollte. Der Antrag wurde
schließlich gemeinsam mit dem Entschließungsantrag der FPÖ vertagt.
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