Wiener Programm für Frauengesundheit & FEM Süd feiern 15 Jahre
Wien (rk) - "Gesundheit hat ein Geschlecht": 1999 beschloss der Wiener Gemeinderat einstimmig,
der damals relativ jungen wissenschaftlichen Erkenntnis erstmalig Rechnung zu tragen. Mit der Schaffung zweier
Einrichtungen, dem Wiener Programm für Frauengesundheit und dem FEM Süd, fiel der Startschuss für
eine Reihe von Maßnahmen, die bis heute vorbildhaft sind. Die Stadt Wien wurde ihrem Leitspruch "Wien
ist anders" einmal mehr gerecht und nimmt damit innerhalb Österreich aber auch international eine Vorreiterrolle
ein.
Das Jubiläum wird zum Anlass genommen Bilanz zu ziehen: Damals gab es österreichweit keine strukturierte
Hilfe und Prävention bei Essstörungen, kein Brustkrebs- Früherkennungsprogamm, kein mehrsprachiges
Frauengesundheitszentrum, keine Schulungen zur Prävention postgeburtlicher Depressionen oder über gewaltbetroffene
Patientinnen. "Die Stadt Wien hat sich mit dem Programm und dem frühzeitigen Aufbau frauenfreundlicher
Strukturen im Gesundheitssystem ein Profil verliehen, um das sie von anderen Städten europaweit beneidet wird",
sagt die Wiener Frauengesundheits- beauftragte und Leiterin des Wiener Programms für Frauengesundheit a.o.
Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger anlässlich der 15-Jahr-Feier.
Info, Beratung und Gesundheitsangebote an den Bedürfnissen von Frauen und Mädchen orientiert
Eine der ersten vom Wiener Programm für Frauengesundheit gestarteten Initiativen war die Essstörungs-Hotline,
die bisher über 25.000 Mädchen und Frauen dabei unterstützte, ihre Essstörungen in den Griff
zu bekommen. Rund 220.000 Wienerinnen erhielten bereits im Jahr 2001 Informationen und eine persönliche Einladung
in mehreren Sprachen zum Mammographie-Screening. Tausende Frauen nützten außerdem die türkischsprachige
Assistenz bei der Gesundenuntersuchung oder ließen sich in der FEM-Elternambulanz beraten. Ein Auftrag lautet
zudem, den Wienerinnen Gesundheitsinformationen verständlich zu vermitteln: Das Programm produzierte rund
eine Million Infobroschüren zu 45 frauenspezifischen Themen - von Herzgesundheit über falsche Schlankheitsideale
bis Wechseljahre, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Bis heute fanden im Frauengesundheitszentrum FEM
Süd 35.000 persönliche Beratungen statt, vor allem mit psychologisch/psychotherapeutischem Focus, 50.000
Mädchen und Frauen nützten das breit aufgestellte Kursangebot und 70.000 Mädchen und Frauen besuchten
diverse Gesundheitsvorträge.
"Am Anfang war eine Idee, heute ist die Frauengesundheit ein fester Bestandteil des Wiener Gesundheitssystem",
gratuliert Gesundheits-und Sozialstadträtin Mag.a Sonja Wehsely: "Manchmal ist eben das Ei auch vor der
Henne da." Dank des unermüdlichen Engagements und Einsatzes der Mitarbeiterinnen des Wiener Programms
für Frauengesundheit und des FEM Süd konnte über 100.000 Frauen das Leben erleichtert und verbessert
werden, das seien Zahlen, auf die alle Beteiligten sehr stolz sein könnten, so Wehsely. Auch Wiens Frauenstadträtin
Sandra Frauenberger gesellt sich zu den Gratulantinnen: "Mein Ziel als Frauenstadträtin ist es, dass
jede Wienerin ihr Leben sicher, selbstbestimmt und unabhängig gestalten kann. Ein ganz wichtiger Aspekt dabei
ist der Zugang zur Gesundheit und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Das Wiener Programm für
Frauengesundheit ist seit 15 Jahren die Stelle der Stadt, die sich um frauenspezifische Gesundheitsaspekte kümmert.
Danke an alle engagierten Mitarbeiterinnen!"
Das Wiener Programm für Frauengesundheit als Impulsgeberin
Das Wiener Programm für Frauengesundheit verfolgt seit 15 Jahren das Ziel, die Gesundheitsversorgung an
die Bedürfnisse von Frauen anzupassen und für Chancengleichheit zu sorgen. Als Schnittstelle für
ExpertInnen aus unterschiedlichen Bereichen des Gesundheits- und Sozialbereichs entwickelte das Programm Handlungsanleitungen
- u.a. Leitlinen, die das geburtshilfliche Personal bei der Bewältigung psychosozialer Schwangerenbetreuung
unterstützen, Guidelines zur interdisziplinären Betreuung von Brustkrebspatientinnen, ein Konsensuspapier
zur intim-plastischen Chirurgie, das an die SchönheitschirurgInnen adressiert ist oder ein Handbuch über
den Umgang mit gewaltbetroffenen Patientinnen im Spital. Parallel zu zahlreichen Infomaterialien, vielen themenspezifischen
Veranstaltungen, vielfältigen Schulungsmaßnahmen fürs Gesundheitspersonal, dem Aufbau neuer Strukturen
und der Modellentwicklung für gezielte Maßnahmen im Public Health-Bereich baute das Wiener Programm
für Frauengesundheit wienweite Vernetzungsforen auf, wie die Plattform gegen Essstörungen, das Netzwerk
Perinatale Krisen, den Runden Tisch Seniorinnen, den FMG-Beirat (Female Genital Mutilation/weibliche Genitalverstümmelung),
das Gesundheitsforum "Frauen mit Behinderungen", den Adipositas-Beirat und die Vernetzung der Wiener
Opferschutzgruppen. "Das konsequente Lobbying des Wiener Programms für Frauengesundheit hat wesentlich
dazu beigetragen, dass Entscheidungsträgerinnen und -träger im Gesundheitsbereich sich nun viel mehr
die Genderbrille aufsetzen", sagt Frauengesundheitsbeauftragte Univ.Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger.
Das FEM Süd auf der Seite von Frauen in schwierigen Lebenslagen
Im Fokus von FEM Süd stehen Frauen in schwierigen Lebenssituationen. Die Besonderheit dieser Einrichtung
liegt auch darin, dass dieses Frauengesundheitszentrum in einem Krankenhaus angesiedelt ist. Das heißt, Mädchen
und Frauen sind nach dem Prinzip der integrierten Versorgung in den allerbesten Händen. Das innovative mehrsprachige,
kostenlose Kurs- und Beratungsangebot ist auf die verschiedensten Zielgruppen, vor allem sozial benachteiligte
Frauen, abgestimmt. Das ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal für die sehr hohe Akzeptanz seitens der Frauen.
"Allein 102.000 Kontakte im Jahr 2013, d.h. 8.500 Kontakte pro Monat, sind ein Beweis für den Erfolg
von FEM Süd und für die Nachfrage nach diesen Angeboten", sagt Mag.a Hilde Wolf, die das FEM Süd
seit seiner Gründung leitet. Österreichweit einzigartig ist auch eine spezielle Beratungsstelle für
Frauen mit Behinderungen, die "FEM-Frauenassistenz". Dieses erfolgreiche Programm wird vom Sozialministeriumservice
gefördert und unterstützt Frauen nicht nur gesundheitlich sondern bereitet sie auf bessere Chancen am
Arbeitsmarkt vor.
Fachkonferenz zieht Bilanz und diskutiert künftige Herausforderungen der Frauengesundheit
Im Rahmen der Fachkonferenz "Zurück in die Zukunft. Frauengesundheit gestern - heute - morgen",
die am 12.11. im Wiener Rathaus mit mehr als 500 TeilnehmerInnen tagt, wird eine Bestandsaufnahme über den
Aufbau und die Entwicklung frauen- und gendergerechter Strukturen im Wiener Gesundheitssystem geboten sowie im
Beisein internationaler und Wiener Expertinnen über zukünftige Herausforderungen für die Frauengesundheit
diskutiert. Präsentiert werden auch die 15-Jahres-Broschüren des Wiener Programms für Frauengesundheit
und des FEM Süd, die einen Überblick über die bisherigen Aktivitäten enthalten. Beide Broschüren
sind kostenlos erhältlich.
Die Zukunft beginnt jetzt
Trotz vieler Aktivitäten auf unterschiedlichen Ebenen gibt es auch in Zukunft wichtige Herausforderungen.
Ein dringendes Ziel ist die Steigerung der psychischen Gesundheit und die damit verbundene Selbstbestimmung von
Frauen aller Altersgruppen. Die Erhöhung der Gesundheitskompetenz, insbesondere von benachteiligten Frauen
und Familien, ist ein weiteres wichtiges Zukunftsziel. Das medial omnipräsente Bild der ewigen Jugend und
Schönheit stellt immer noch und immer wieder eine Herausforderung dar. Immer noch ahmen viel zu viele junge
Frauen einem Idealbild nach, was gesundheitsschädlich werden kann. Thema bleibt auch die Gewaltprävention
und die richtige Unterstützung der Betroffenen. Zu verbessern ist, in unser erfreulicher Weise älter
werdenden Gesellschaft, das noch immer vorherrschende abwertende Image der Frau ab 60. Falten dürfen nicht
als ästhetischer Mangel kommuniziert werden. Alter bzw. Altern muss positiv besetzt werden.
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