Wien (universität) - Warum manche Tiere sehr alt werden und andere nicht, ist eine noch ungelöste
Frage in der Biologie. Trotz zahlreicher Studien, v.a. zur Lebensdauer und Alterungsprozessen des Menschen, ist
unklar, inwieweit ein längeres Leben einen evolutiven Vorteil für den einzelnen Organismus bedeutet.
ForscherInnen der Universität Wien gehen dieser Frage auf ungewöhnliche Weise nach: Sie untersuchen die
kurzlebigen Schmetterlinge. Dabei fanden sie heraus, dass mediterrane Ochsenaugen länger leben, wenn sie unter
den Lichtverhältnissen eines "ewigen Sommers" gehalten werden. Die Ergebnisse der Studie erscheinen
aktuell im Fachmagazin PLOS ONE.
Die Lebensdauer jedes Organismus hat eine natürliche physiologische Grenze. Für Wirbeltiere sind diese
Maxima relativ gut bekannt. "Ein Elefant lebt ungefähr 40 Mal länger als eine Feldmaus. Ebenfalls
bekannt ist, dass genetische Anlagen und der Einfluss der Umwelt eine Rolle spielen", erklärt Andrea
Grill, Biodiversitätsforscherin an der Universität Wien: "Über das maximale Lebensalter von
Insekten, mit Ausnahme der Fruchtfliege Drosophila, wissen wir hingegen vergleichsweise wenig."
Für die vorliegende Studie sammelte Andrea Grill mit ihrer damaligen Masterstudentin Elena Haeler mehr
als hundert lebende Schmetterlinge der Gattung Maniola (dt. Ochsenaugen), die sowohl im Mittelmeerraum als auch
in Österreich vorkommen. Am Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität
Wien wurden die Tiere in zwei Untersuchungsgruppen geteilt: Die erste Gruppe wurde unter Bedingungen gehalten,
wie sie im Hochsommer herrschen: 16 Stunden hell, acht Stunden dunkel. Die zweite Gruppe bekam herbstliche Lichtverhältnisse:
elf Stunden hell, 13 Stunden dunkel.
Mediterrane Schmetterlinge "verschlafen" den Hochsommer
Die gesammelten Tiere waren ausschließlich Weibchen. Während die Männchen nämlich kurz
nach der Paarung sterben, leben die Weibchen länger: bis zur Eiablage. Hier liegt auch der große Unterschied
zwischen den mediterranen und den österreichischen Ochsenaugen: In heißen Gegenden halten die Maniola-Weibchen
einen Sommerschlaf, den sie nur unterbrechen, um Nektar zu saugen. Ihre Eier legen sie erst Ende September ab:
Dann fällt wieder genug Regen, so dass die frisch geschlüpften Raupen ausreichend frisches Gras als Futter
vorfinden. In kühleren Lagen hingegen, wie z.B. in den österreichischen Alpen, legen die Schmetterlinge
die Eier sehr rasch nach der Befruchtung ab.
Rekordalter: Schmetterlinge leben über 200 Tage
In ihrer aktuellen Publikation im Journal PLOS ONE beschreiben die WissenschafterInnen, dass die Gruppe jener Schmetterlinge,
die unter sommerlichen Lichtverhältnissen gehalten wurden, zwei- bis dreimal so alt wurden wie jene aus der
"Herbstgruppe": nämlich bis zu 246 Tage alt. "Diesen Rekord unter den europäischen Tagfaltern
stellen aber nur die Schmetterlinge aus dem Mittelmeerraum auf", betont Andrea Grill: "Die in Österreich
heimischen Falter zeigten keine Veränderung ihrer natürlichen Lebensdauer".
Zum Vergleich: In der Natur leben die untersuchten Tagfalter nur etwa 20 bis 120 Tage, den Großteil ihres
kurzen Lebens verbringen sie als Raupe.
Publikation im Open Access Journal PLOS ONE
Haeler E, Fiedler K, Grill A: What prolongs a butterfly's life? Trade-offs
between dormancy, fecundity and body size. PLOS ONE 2014: DOI: http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0111955
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