Wien (oenb) - Angesichts geringer Einkommenszuwächse sowie des niedrigen Zinsniveaus wurde zwischen Juli
2013 und Juni 2014 jeder vierzehnte Euro (7,4 %) des nominell verfügbaren Einkommens gespart. Ein Jahr davor
waren es nur 6,1 %. Vor dem Hintergrund dieser (im historischen Vergleich) geringen Sparquote war die Möglichkeit
bzw. Bereitschaft finanzielle Veranlagungen vorzunehmen eingeschränkt: Im aktuellen Beobachtungszeitraum der
letzten zwölf Monate machten die Nettoneuinvestitionen in Finanztitel 9,3 Mrd EUR aus. Haushalte entschieden
sich überwiegend für sofort verfügbare Veranlagungen wie Bargeld oder täglich fällige
Einlagen bei Banken und schichteten ihr Vermögen zulasten gebundener Einlagen um. Gleichzeitig rückten
Investmentzertifikate wieder verstärkt in den Anlagefokus der Haushalte. Auch Vorsorgeprodukte spielen weiterhin
eine wichtige Rolle für den Aufbau des Geldvermögens, das in den letzten zwölf Monaten um 3,4 %
auf 566 Mrd EUR stieg.
Vize-Gouverneur Mag. Ittner sowie Dr. Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik, erläuterten im Rahmen
einer Pressekonferenz der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) das aktuelle Finanzverhalten der privaten Haushalte.
Gemäß aktuellsten Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung (GFR) stieg das Geldvermögen
in den letzten zwölf Monaten um 3,4 % bzw. 18 Mrd EUR. Knapp mehr als die Hälfte (9,3 Mrd EUR) dieses
Anstiegs kam aus den Nettoneuveranlagungen, während die buchmäßigen Wertsteigerungen der Wertpapierdepots
sowie der Ansprüche gegenüber Versicherungen und Pensionskassen ebenfalls für einen Anstieg des
Geldvermögens sorgten.
Hintergrund dieser geringen Geldvermögensbildung ist vor allem das moderate Wachstum des nominell verfügbaren
Einkommens. Laut Statistik Austria lag die Sparquote in den letzten zwölf Monaten bei 7,4 % des verfügbaren
Einkommens. Von den durch Sparen, Kapitaltransfers und Kreditaufnahmen verfügbaren Mitteln in Höhe von
insgesamt 8,7 % des verfügbaren Einkommens wurden rund 5 Prozentpunkte für Finanzveranlagungen (9,3 Mrd
EUR) und der verbleibende Anteil für realwirtschaftliche Anlageinvestitionen, Immobilien und Wertsachen verwendet.
Der größte Teil der finanziellen Nettoneuveranlagungen floss in die Aufstockung der täglich fälligen
Einlagenkonten (8,6 Mrd EUR), weitere 1,2 Mrd EUR in den Bargeldbestand. Angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus
in allen Einlagenkategorien dürften Haushalte Umschichtungen von gebundenen zu täglich fälligen
Einlagen vorgenommen haben. Per saldo gingen die Einlagenbestände gebundener Gelder in den letzten zwölf
Monaten um 5 Mrd EUR zurück. Dieser Umschichtungseffekt ist seit rund zweieinhalb Jahren zu beobachten. “Rasche
Verfügbarkeit hat für Sparer derzeit Vorrang vor Ertragszielen, die mittels der geringen Verzinsung von
gebundenen Einlagen ohnehin kaum erreicht werden können“, erläuterte Vize-Gouverneur Ittner. Gleichzeitig
nützten Haushalte Online-Produkte sowie Produkte von Direktbanken. Auf diese Veranlagungsformen entfielen
in den letzten zwölf Monaten 17% der gesamten Geldvermögensbildung.
Während Anleihen von inländischen Banken und Unternehmen – nicht zuletzt wegen des geringen Angebots
– kein Interesse bei privaten Haushalten hervorriefen, rückten Investmentzertifikate wieder zunehmend in den
Anlagefokus. In den letzten zwölf Monaten wurden diese im Umfang von 2,3 Mrd EUR gekauft, womit eine Trendwende
eingeleitet wurde. Im Jahr 2011 sowie im ersten Quartal 2012 waren diese per saldo noch abgestoßen worden.
Auf der „Einkaufsliste“ der Haushalte standen vor allem Anteile von Rentenfonds, aber auch gemischte Fonds und
Immobilienfonds waren gefragt. Der Bestand an Investmentzertifikaten machte mit einem aktuellen Marktwert
von 45 Mrd EUR rund 8 % des gesamten Geldvermögens aller Haushalte aus.
Direktor Turner berichtete auch von Neuerungen im Zuge der Umstellung auf das Europäische System Volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010), die – neben der Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts, der Neuordnung in der
Klassifikation von Unternehmen als Staatseinheiten, der Verschiebung von Holdings aus dem nicht-finanziellen in
den finanziellen Sektor sowie der Behandlung von Forschung und Entwicklung als Investition – auch Änderungen
für den Haushaltssektor brachten. In diesem Zusammenhang stellte er ein Forschungsprojekt zwischen Statistik
Austria und der OeNB vor, das umfassende Daten der betrieblichen Säule der Altersvorsorge verfügbar macht
und erstmals Eingang in die vorliegenden Ergebnisse fand. Demnach bestanden Ende Juni 2014 für Haushalte in
Form der zweiten Säule der Altersvorsorge (bestehend aus Pensionskassen, betrieblichen Kollektivversicherungen
und der betrieblichen Altersvorsorge) Rückstellungen in Höhe von 36 Mrd EUR. Dies entspricht der Hälfte
der Ansprüche aus Lebensversicherungen. Rund ein Fünftel der Finanzveranlagungen in den letzten zwanzig
Jahren floss in die Erhöhung der Ansprüche aus Pensionsrückstellungen und aus Lebensversicherungen.
|