Sofort verfügbare Finanzierungsinstrumente dominieren
 weiterhin die Vermögensbildung der Haushalte

 

erstellt am
12. 11. 14
10.00 MEZ

Wien (oenb) - Angesichts geringer Einkommenszuwächse sowie des niedrigen Zinsniveaus wurde zwischen Juli 2013 und Juni 2014 jeder vierzehnte Euro (7,4 %) des nominell verfügbaren Einkommens gespart. Ein Jahr davor waren es nur 6,1 %. Vor dem Hintergrund dieser (im historischen Vergleich) geringen Sparquote war die Möglichkeit bzw. Bereitschaft finanzielle Veranlagungen vorzunehmen eingeschränkt: Im aktuellen Beobachtungszeitraum der letzten zwölf Monate machten die Nettoneuinvestitionen in Finanztitel 9,3 Mrd EUR aus. Haushalte entschieden sich überwiegend für sofort verfügbare Veranlagungen wie Bargeld oder täglich fällige Einlagen bei Banken und schichteten ihr Vermögen zulasten gebundener Einlagen um. Gleichzeitig rückten Investmentzertifikate wieder verstärkt in den Anlagefokus der Haushalte. Auch Vorsorgeprodukte spielen weiterhin eine wichtige Rolle für den Aufbau des Geldvermögens, das in den letzten zwölf Monaten um 3,4 % auf 566 Mrd EUR stieg.

Vize-Gouverneur Mag. Ittner sowie Dr. Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik, erläuterten im Rahmen einer Pressekonferenz der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) das aktuelle Finanzverhalten der privaten Haushalte. Gemäß aktuellsten Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung (GFR) stieg das Geldvermögen in den letzten zwölf Monaten um 3,4 % bzw. 18 Mrd EUR. Knapp mehr als die Hälfte (9,3 Mrd EUR) dieses Anstiegs kam aus den Nettoneuveranlagungen, während die buchmäßigen Wertsteigerungen der Wertpapierdepots sowie der Ansprüche gegenüber Versicherungen und Pensionskassen ebenfalls für einen Anstieg des Geldvermögens sorgten.

Hintergrund dieser geringen Geldvermögensbildung ist vor allem das moderate Wachstum des nominell verfügbaren Einkommens. Laut Statistik Austria lag die Sparquote in den letzten zwölf Monaten bei 7,4 % des verfügbaren Einkommens. Von den durch Sparen, Kapitaltransfers und Kreditaufnahmen verfügbaren Mitteln in Höhe von insgesamt 8,7 % des verfügbaren Einkommens wurden rund 5 Prozentpunkte für Finanzveranlagungen (9,3 Mrd EUR) und der verbleibende Anteil für realwirtschaftliche Anlageinvestitionen, Immobilien und Wertsachen verwendet.

Der größte Teil der finanziellen Nettoneuveranlagungen floss in die Aufstockung der täglich fälligen Einlagenkonten (8,6 Mrd EUR), weitere 1,2 Mrd EUR in den Bargeldbestand. Angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus in allen Einlagenkategorien dürften Haushalte Umschichtungen von gebundenen zu täglich fälligen Einlagen vorgenommen haben. Per saldo gingen die Einlagenbestände gebundener Gelder in den letzten zwölf Monaten um 5 Mrd EUR zurück. Dieser Umschichtungseffekt ist seit rund zweieinhalb Jahren zu beobachten. “Rasche Verfügbarkeit hat für Sparer derzeit Vorrang vor Ertragszielen, die mittels der geringen Verzinsung von gebundenen Einlagen ohnehin kaum erreicht werden können“, erläuterte Vize-Gouverneur Ittner. Gleichzeitig nützten Haushalte Online-Produkte sowie Produkte von Direktbanken. Auf diese Veranlagungsformen entfielen in den letzten zwölf Monaten 17% der gesamten Geldvermögensbildung.

Während Anleihen von inländischen Banken und Unternehmen – nicht zuletzt wegen des geringen Angebots – kein Interesse bei privaten Haushalten hervorriefen, rückten Investmentzertifikate wieder zunehmend in den Anlagefokus. In den letzten zwölf Monaten wurden diese im Umfang von 2,3 Mrd EUR gekauft, womit eine Trendwende eingeleitet wurde. Im Jahr 2011 sowie im ersten Quartal 2012 waren diese per saldo noch abgestoßen worden. Auf der „Einkaufsliste“ der Haushalte standen vor allem Anteile von Rentenfonds, aber auch gemischte Fonds und Immobilienfonds waren gefragt. Der Bestand an Investment­zertifikaten machte mit einem aktuellen Marktwert von 45 Mrd EUR rund 8 % des gesamten Geldvermögens aller Haushalte aus.

Direktor Turner berichtete auch von Neuerungen im Zuge der Umstellung auf das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010), die – neben der Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts, der Neuordnung in der Klassifikation von Unternehmen als Staatseinheiten, der Verschiebung von Holdings aus dem nicht-finanziellen in den finanziellen Sektor sowie der Behandlung von Forschung und Entwicklung als Investition – auch Änderungen für den Haushaltssektor brachten. In diesem Zusammenhang stellte er ein Forschungsprojekt zwischen Statistik Austria und der OeNB vor, das umfassende Daten der betrieblichen Säule der Altersvorsorge verfügbar macht und erstmals Eingang in die vorliegenden Ergebnisse fand. Demnach bestanden Ende Juni 2014 für Haushalte in Form der zweiten Säule der Altersvorsorge (bestehend aus Pensionskassen, betrieblichen Kollektivversicherungen und der betrieblichen Altersvorsorge) Rückstellungen in Höhe von 36 Mrd EUR. Dies entspricht der Hälfte der Ansprüche aus Lebensversicherungen. Rund ein Fünftel der Finanzveranlagungen in den letzten zwanzig Jahren floss in die Erhöhung der Ansprüche aus Pensionsrückstellungen und aus Lebensversicherungen.

 

 

 

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