Kurze Debatte im Nationalrat über Finanzausgleich und Aufgabenreform
Wien (pk) -Der neue Finanzausgleich soll aufgabenorientiert sein, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten
zusammenführen und Transparenz gewährleisten. Mit diesen drei Komponenten umriss Finanzminister Hans
Jörg Schelling am 20.11. im Nationalrat seine Prämissen für die kommenden Finanzausgleichsverhandlungen.
Als eine entscheidende Voraussetzung für den neuen Finanzausgleich, der 2017 in Kraft treten soll, nannte
der Finanzminister die Harmonisierung des Haushaltsrechts für alle Gebietskörperschaften. Die Gespräche
darüber seien konstruktiv, sagte er, und er gehe davon aus, dass diese Harmonisierung im nächsten Jahr
durch Verordnung umgesetzt werden könne. Dann verfüge man über vergleichbare Daten, womit Transparenz
gewährleistet sei.
Er wolle in die Finanzausgleichsverhandlungen gut vorbereitet gehen, bekräftigte Schelling und informierte
die Abgeordneten, dass bereits im kommenden März ein sogenanntes Kick-off-Meeting geplant sei. Man werde mit
der Aufgabenkritik starten und auf Grund der diesbezüglichen Ergebnisse würden dann Themen einzelnen
Arbeitsgruppen zugewiesen. Bereits Ende 2015 wolle man so weit sein, um Meilensteine fixieren zu können,
ab 2016 gehe man dann in die politischen Verhandlungen. Nach Beschlussfassung des neuen Finanzausgleichs werde
die Umsetzung und die Zielerreichung in Zwischenetappen überprüft, kündigte der Finanzminister an.
Ein Themenschwerpunkt bei den Finanzausgleichsverhandlungen werde sicherlich die Steuerautonomie der Länder
sein, betonte Schelling, wobei er sich bei seiner Schweizer Amtskollegin über die Erfahrungen im Nachbarland
informieren werde. Man müsse es auch schaffen, so der Ressortchef, die unübersichtlichen und intransparenten
Transfers zwischen den Gebietskörperschaften zu durchforsten.
NEOS befürchten weitere Verschleppung notwendiger Reformen
Schelling machte diese Aussagen im Plenum des Nationalrats im Rahmen einer kurzen Debatte über eine Anfragebeantwortung.
Die NEOS hatten im Vorfeld in einer schriftlichen Anfrage die Finanzausgleichsverhandlungen thematisiert und kritisiert,
dass der gültige Finanzausgleich aus dem Jahr 2008 bis 2016 verlängert wird. Das bedeute eine Verschleppung
von notwendigen Reformen, warnte Gerald Loacker (N), denn zentrale Defizite, wie die große Diskrepanz zwischen
Finanzierungs- und Aufgabenverantwortung, eine unübersichtliche Mischfinanzierung und die hohe Transferabhängigkeit
der Länder würden prolongiert. Dem hielt der Finanzminister entgegen, dass es gelungen sei, bei der Verlängerung
des geltenden Finanzausgleichs wichtige Veränderungen herbeizuführen. Das gute Ergebnis sei auf die gute
Vorbereitung seines Ressorts sowie auf die Dialogbereitschaft der Länder zurückzuführen.
Loacker vermisste in der Anfragebeantwortung durch den Finanzminister eine genaue Auskunft darüber, welche
Institutionen bei den kommenden Verhandlungen federführend beigezogen werden und welche Etappenziele man in
welchem Zeitplan erreichen wolle. Wie sein Klubkollege Rainer Hable (N) begrüßte er die geplante Autonomie
der Länder, ihm fehlen aber genauere Angaben zur Orientierung, in welche Richtung diese Autonomie gehen soll.
Deshalb befürchten die NEOS, dass die "neun Landesfürsten" den Finanzminister einmal mehr "auspressen"
werden. Sollten die Verhandlungen nicht den gewünschten Erfolg und die notwendigen Reformen bringen, dann
werde sich Österreich "zu Tode föderalisieren", folgerte Loacker und forderte Transparenz in
den Finanzströmen, eine aufgabenadäquate Mittelausstattung und die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten
ein.
Kritik an Politik der Landeshauptleute
Auch die anderen Redner der Oppositionsparteien begrüßten zwar die ins Auge gefasste Steuerautonomie
der Länder, übten aber jeweils scharfe Kritik an den Landeshauptleuten und an der geltenden Kompetenzaufteilung.
Manche Länder hätten noch zu viel Geld, meinte etwa Elmar Podgorschek (F) unter Anführung einiger
Beispiele, die Gemeinden hingegen würden von den Ländern ausgehungert. Man müsse endlich weg vom
"Gefälligkeitsföderalismus". Es brauche eine klare Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Bund
und Ländern, sagte er. Der Freiheitliche Finanzsprecher wiederholte in diesem Zusammenhang seine Einschätzung,
wonach man kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem hat, und als zentralen Hebel, das zu ändern, sieht
er den Finanzausgleich. Die Finanzausgleichspartner seien weder reformfähig noch gesprächsfähig,
urteilte Bruno Rossmann (G). Er forderte mehr Vertrauen ein und bedauerte, dass das Klima zwischen Ländern
und Gemeinden von tiefem Misstrauen geprägt sei.
Man wisse seit Jahrzehnten durch Rechnungshofberichte und Studien, dass eine Strukturreform notwendig sei, die
bisherigen Finanzminister hätten sich aber nicht gegen die Landeshauptleute durchsetzen können, stellte
wiederum Robert Lugar (T) fest. Nachdem Finanzminister Schelling sowohl von der Partei als auch von den Landeshauptleuten
unabhängig sei, biete sich nun die einzigartige Chance für den Bund, sich aus der Geiselhaft der Länder
zu befreien, meinte er. Kern der Verhandlungen sei, die Landeshauptleute zu entmachten und ihnen das Spielzeug
Geld wegzunehmen, mit dem sie ihre WählerInnen kaufen und bestechen, formulierte Lugar. Die Länder wollten
keine Transparenz konstatierte er und war darin einer Meinung mit Rainer Hable von den NEOS, der das österreichische
System mit den Worten beschrieb, einer sage, wie Geld eingenommen wird, der andere wie es ausgegeben wird, und
das führe zu einer ungeheuren Geldverschwendung.
Hable zeigte sich auch angesichts der nicht umgesetzten Ergebnisse zahlreicher Arbeitsgruppen, die bis ins Jahr
1977 zurückreichen, des Österreich-Konvents oder der Aufgabenreformkommission und des Perchtoldsdorfer-Abkommens
skeptisch, was den Erfolg künftiger Finanzausgleichsverhandlungen betrifft. Ebensowenig konnte er verstehen,
warum man jetzt weitere zwei Jahre diskutieren will, wo doch alle Konzepte auf dem Tisch liegen.
Diese Meinung vertrat auch Bruno Rossmann (G), der die Verlängerung des geltenden Finanzausgleichs ebenfalls
negativ bewertete. Mit diesem Finanzausgleich habe man nahezu ein Jahrzehnt verloren, sagte er, denn es werde so
getan, als gebe es in Österreich kein Föderalismusproblem und kein Strukturproblem. Rossmann bezweifelte
aufgrund der Machtverhältnisse, dass der Finanzausgleich einen großen Wurf bringen werde.
Ziel ist ein fairer und gerechter Lastenausgleich
Was die inhaltliche Seite betrifft, so vertrat Rossmann die Ansicht, dass die Frage der Einnahmen mit jener der
Aufgaben zu verknüpfen sei und diesbezügliche Ziele definiert werden müssen. Bei der Aufgabenorientierung
müsse man nach einzelnen Ausgabenbereichen vorgehen, forderte Rossmann und merkte weiters an, es sei notwendig,
die Prozesse in den Vordergrund zu stellen. Der Grün-Abgeordnete begrüßte den Plan, das Haushaltsrecht
der Gebietskörperschaften zu harmonisieren, hält dazu aber eine Änderung der Finanzverfassung für
erforderlich.
Auch die Redner von SPÖ und ÖVP umrissen in ihren Statements die Erwartungen, die sie mit dem kommenden
Finanzausgleich verbinden. Klaus Uwe Feichtinger (S) unterstützte die Absicht, den Ländern mehr Abgabenautonomie
einzuräumen, keinesfalls dürfe man aber dem Steuerwettbewerb Vorschub leisten. Auch Nikolaus Prinz (V)
appellierte, bei der Abgabenautonomie mit Augenmaß vorzugehen.
Prinz verteidigte auch den vom Finanzminister vorgelegten Zeitplan und die Vorgangsweise, da er es für sinnvoll
erachtet, vor dem neuen Finanzausgleich die Steuerreform zu beschließen. Er plädierte dafür, die
Aufgabenverteilung, die Transfers und die Kompetenzbereinigung im Auge zu behalten und sprach sich allgemein für
einen gerechteren Finanzausgleich aus. Dabei müsse man seiner Ansicht nach über eine faire Verteilung
der Mittel, über die Aufgabenorientierung und die Kommunalsteuern nachdenken. Auch die demographische Entwicklung,
etwa im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Gesundheits- und Pflegesystems, müsse ebenso berücksichtigt
werden wie die Möglichkeit einer gemeindeübergreifenden Zusammenarbeit.
Beim Finanzausgleich gehe es um einen horizontalen und vertikalen Lastenausgleich zwischen den Gebietskörperschaften,
um Effizienzsteigerung und die Abschaffung von Doppelgleisigkeiten, fasste Klaus Uwe Feichtinger (S) seine Vorstellungen
zusammen. Es gelte, ein modernes, transparentes Haushaltsrecht und ein Spekulationsverbot für Länder
und Gemeinden mitzuverhandeln. Feichtinger brach auch eine Lanze für die Leistungen der Gemeinden und mahnte,
genau darauf zu achten, dass die Gelder für die Gemeinden tatsächlich ausreichen, um ihre vielfältigen
Aufgaben finanzieren zu können.
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