Asyl: Landeshauptleute finden Einigung

 

erstellt am
19. 11. 14
10.00 MEZ

Bundesländer einigten sich auf Verteilerquartiere
LH Kaiser berichtete mit LH Pröll und LH Niessl über konstruktive Tagung in Klagenfurt – Länder wollen bis 31.01.2015 Betreuungsquoten zu 100 Prozent erfüllen
Klagenfurt (lpd) - „Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“ lautet das Motto der Landeshauptleutekonferenz, die am 18.11. unter Kärntner Vorsitz im Spiegelsaal der Landesregierung tagte. Dementsprechend konnte Landeshauptmann Peter Kaiser mit seinen Amtskollegen Erwin Pröll aus Niederösterreich und Hans Niessl aus dem Burgenland in der anschließenden Pressekonferenz von einer sehr konstruktiven und substanziellen Tagung berichten. Ein Informationsschwerpunkt der „Troika“ galt dem Tagesordnungspunkt Asyl. Die Länder einigten sich laut Kaiser darauf, bis 31. Jänner 2015 ihre Betreuungsquoten zu 100 Prozent zu erfüllen, außerdem wollen sie bei der Schaffung von sogenannten Verteilerquartieren kooperieren.

Kaiser denkt, dass sich auch Kärnten in Richtung eines Verteilerquartiers entwickeln werde. Solche Einrichtungen sollten nicht in allen Bundesländern entstehen, sondern vordringlich in solchen, die ihre Quote nicht erfüllen können. Die Bundesländer hätten dabei die Möglichkeit, miteinander zu kooperieren, wie genau sei noch verhandlungsoffen. Als Umsetzungszeitraum nannten die Landeshauptleute Mitte 2015. Der Vorteil der Verteilerquartiere sei, dass der Bund zu 100 Prozent die Kosten dafür tragen werde und dass die Plätze dem jeweiligen Bundesland auf die Quote angerechnet würden. Beschlossen wurden auch die Forderung nach einer automatischen Anpassung der Tagsätze für Quartiergeber entsprechend den Steigerungen des Verbraucherpreisindex ab 2016 sowie eine schnellere Umsetzung von Integrationsmaßnahmen des Bundes in Koordination mit den Ländern und dem AMS, um die Akzeptanz der Bevölkerung zu erhöhen. Dafür soll es auch ein Sonderbudget des Bundes geben. Außerdem soll der Betreuungsschlüssel von 1:170 auf 1:140 verbessert werden.

Der Kärntner Landeshauptmann forderte wiederholt, den Asylbereich zu einer gesamteuropäischen Angelegenheit zu machen. Vor allem bei einem außergewöhnlichen Anstieg der Flüchtlingsströme müssten zusätzliche Mechanismen auf europäischer Ebene ausgelöst werden. Den nunmehrigen Beschluss in der Landeshauptleutekonferenz sieht Kaiser als Schritt zu einer „österreichischen Flüchtlingspolitik aus einem Guss“.

Einstimmig beschlossen die Landeshauptleute laut Kaiser auch die Forderung nach der uneingeschränkten Erhaltung der technischen und personellen Einsatzbereitschaft und -stärke des Bundesheeres insbesondere im Bereich des Katastrophenschutzes.

In die Arbeitsgruppe zur Bildungsreform wurden Kaiser, Pröll und Niessl sowie Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer nominiert. Eine zentrale Forderung gilt der politischen Bildung als Unterrichtsfach. In die Arbeitsgruppe zur Steuerreform wurden laut Kaiser er selbst sowie die Landeshauptmänner Markus Wallner aus Vorarlberg, Josef Pühringer aus Oberösterreich und Michael Häupl aus Wien berufen. Kaiser stellte klar fest, dass Steuerreform und Finanzausgleich getrennt voneinander zu behandeln seien.

Weitere Beschlüsse wurden zu den Themen leistbares Wohnen, Umsetzung des Bestbieterprinzips bei öffentlichen Aufträgen, Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIO und CETA sowie notärztlicher Bereitschaftsdienst gefasst. Kaiser dankte seinen Amtskollegen für die konstruktive Zusammenarbeit im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz. Im nächsten Halbjahr werde er den Vorsitz geregelt an Pröll übergeben. Die gute Zusammenarbeit der Bundesländer solle so von Kontinuität begleitet sein.

Das Thema Asyl sei für die Bundesländer Niederösterreich und Burgenland besonders relevant gewesen, betonten die Landeshauptleute Erwin Pröll und Hans Niessl. Grundsätzlich hervorzuheben sei die Bereitschaft der Bundesländer, Verantwortung zu übernehmen. Bis 31. Jänner 2015 müsse von allen Bundesländern die Betreuungsquote von 100 Prozent erfüllt sein.

„Niederösterreich ist mit dem Erstaufnahmelager Traiskirchen schon über viele Jahre überdurchschnittlich belastet“, sagte Pröll. Mit rund 1.700 Asylsuchenden, darunter sehr viele Kinder und Jugendliche, gebe es eine deutliche Überbelegung mit all seinen Problemen. Ein großer Teil der Flüchtlingsströme würde über die Ostgrenze im Burgenland und in Niederösterreich landen. „Ich werte den heutigen Beschluss als wichtigen und ordentlichen Schritt nach vorne und gebe der Hoffnung Ausdruck, dass es möglich sein wird, wieder menschenwürdige Zustände herzustellen.“ Es sei eine gesamtösterreichische Frage, diesen ganz wichtigen humanitären Auftrag zu erfüllen. Die Hoffnung auf Entlastung sei groß, aber man müsse sich trotzdem mit der Realität konfrontieren, dass ein weiteres Anwachsen des Flüchtlingsstromes neue zusätzliche Herausforderungen für Traiskirchen, die Republik Österreich und die Bundesländer bringen werde. Die Aufteilungsgerechtigkeit der Unterbringung von Flüchtlingen in den Bundesländern, welche die Betreuungsquote noch nicht zu 100 Prozent erfüllt hätten, sei eine gute Grundlage. „Wenn der konstruktive Geist, der heute spürbar war in den kommenden Monaten zum Tragen kommt, werden wir die Herausforderungen bewältigen.“ Es zeige sich jedenfalls deutlich, dass der Föderalismus gut funktioniere, wenn es darauf ankommt. Trotzdem werde auch vom Bund eine Solidarhaltung gefordert.

Zum Thema Steuerreform und Finanzausgleich forderte Pröll, dass es eine deutliche zeitliche Trennung zwischen diesen beiden Bereichen geben müsse. „Die Verhandlungen zur Steuerreform müssen klar vor Ende des geltenden Finanzausgleiches abgeschlossen sein und um Ordnung machen zu können, müssen alle einen Anteil tragen, die Bereitschaft hierfür ist von den Bundesländern gegeben.“

Zum Thema Asyl bekräftigte Niessl, dass das Burgenland die Betreuungsquote zu 100 Prozent erfülle und dazu auch weiterhin bereit sei. „Es gibt Vorbereitungen, neue zusätzliche Quartiere zur Verfügung zu stellen, um die unmenschlichen Zustände in Traiskirchen zu beseitigen“, so Niessl, der ankündigte, dass das Burgenland in der Frage der Verteilerquartiere mit Wien kooperieren werde.

Ein großes Thema der LH-Konferenz sei auch leistbares Wohnen gewesen, berichtete der burgenländische Landeshauptmann. „In schwierigen Zeiten, wo durch den bevorstehenden Winter die Arbeitslosigkeit wieder deutlich ansteigen wird, müssen neue Impulse im Bereich der Bauwirtschaft gesetzt werden.“ Man müsse in Gespräche eintreten, um den Bundesländern durch geänderte Kriterien die 276 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Wohnbauförderung zugänglich zu machen. „Wohnen darf nicht durch Auflagen noch teurer werden, sondern muss leistbar bleiben.“ Es müssten für den sozialen Wohnbau bessere Voraussetzungen geschaffen werden und der Fokus müsse auf Stärkung der regionalen Wirtschaft gelegt werden. „Wir müssen vom Billigstbieter- zum Bestbieterprinzip kommen.“ Schon in den Ausschreibungen solle Wert gelegt werden auf Nachhaltigkeit, Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern und Ausbildung von Lehrlingen. Im Mittelpunkt müsse die Erhaltung von Arbeitsplätzen und das Verhindern eines Ansteigens der Arbeitslosigkeit stehen.

Großes Lob gab es von LH Pröll für die äußerst konstruktive Abwicklung der Landeshauptleutekonferenz in Kärnten. „Ich darf im Namen aller Landeshauptleute sprechen und betonen, dass die Konferenz unter einer konstruktiven, pointierten Vorsitzführung von LH Peter Kaiser exzellent vorbereitet und abgewickelt wurde.“


 

 Mikl-Leitner: Grundstein gelegt, um unwürdige Herbergssuche zu beenden
Erstaufnahmestellen Traiskirchen und Thalham werden in ihrer heutigen Form aufgelöst - Automatismus kommt - Dank an Landeshauptleute für gemeinsames Vorgehen in Flüchtlingspolitik
Wien (bmi) - "Durch die anhaltend dramatische Situation in Syrien, im Irak und anderen Krisenregionen steigt die Zahl der Kriegsflüchtlinge in ganz Europa - allerdings mit teilweise enormer Schieflage zwischen den einzelnen Staaten Europas. Auf europäischer Ebene drängen wir daher auch weiter auf die Umsetzung unseres 'Save Lives Project'", so Innenministerin Mikl-Leitner, "Wirklich verfolgten Menschen bliebe damit die lebensgefährlich Flucht über das Mittelmeer erspart. Und Österreich hätte durch die Einführung des geforderten fixen Verteilungsquote allein im Jahr 2013 um mehr als 10.000 Asylanträge weniger zu bearbeiten gehabt."

"In Österreich selbst führen solche Ausnahmesituation in regelmäßigen Abständen zu einem Rückstau in den Erstaufnahmestellen in Thalham und Traiskirchen und damit zu einer unwürdigen Herbergssuche für Asylwerber. Die Bevölkerung hat für dieses immer wiederkehrende Schauspiel schon lange kein Verständnis mehr - zu Recht", so Mikl-Leitner.

"Ich freue mich daher, dass die Landeshauptleute unseren Vorschlag zur Neustrukturierung der Grundversorgung für Kriegsflüchtlinge heute angenommen haben und möchte mich bei allen Landeshauptleuten dafür bedanken. Ich denke, wir können heute von einer historischen Neuausrichtung sprechen. Das ist der Anfang vom Ende der unwürdigen Herbergssuchen in Österreich", so die Innenministerin, "Die Erstaufnahmestellen Traiskirchen und Thalham werden damit in ihrer heutigen Form aufgelöst - und nur mehr für Sonderabklärungen, wie etwa Dublin-Fälle, benötigt. Das war unser Ziel. Unnötige Transfers und Überlastungen der Betreuungsstellen sind damit ab Sommer 2015 Geschichte."

Das neue System der neuen Grundversorgung sieht vor, die Erstaufnahmestellen Traiskirchen und Thalham zu entlasten. Bisher war es so, dass ein Asylwerber, egal in welchem Bundesland er den Antrag gestellt hat, in eines der Aufnahmezentren - Thalham oder Traiskirchen - gebracht wurde. Dann wurde geprüft, ob Österreich zuständig ist oder nicht. In Zukunft wird gleich in jenem Bundesland über die Zuständigkeit Österreichs entschieden, in dem der Asylwerber seinen Erstantrag stellt. Der Asylwerber wird in einem Verteilerquartier versorgt. Von dort kann er sofort in ein Privatquartier jenes Landes wechseln, das die Quote von 100 Prozent noch nicht erfüllt. "Aus der Unzufriedenheit auf allen Seiten konnten wir ein völlig neues Konzept entwickeln, das nun automatisch für eine solidarische und gleichmäßige Verteilung in Österreich sorgt und damit die Quotenerfüllung automatisch sicherstellt", so Innenministerin Mikl-Leitner abschließend.


 

 Darabos begrüßt Einigung im Asylwesen
Kriegsflüchtlingen menschenwürdiges Leben gewährleisten – Bund und Länder haben Lösung erarbeitet, während Strache Stimmungsmache gegen Kriegsflüchtlinge vorzog
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos begrüßt die heutige Einigung der Landeshauptleute unter Vorsitz des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser auf ein gemeinsames Vorgehen im Asylwesen. "Die Landeshauptleute haben heute gemeinsam eine gute Lösung gefunden, die zeigt, dass sie ihr Versprechen, die 100-Prozent-Quote bis Ende Jänner zu erfüllen, einhalten", betonte Darabos gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

"Kriegsflüchtlinge haben ein Recht darauf, menschenwürdig behandelt zu werden. Um das zu gewährleisten, haben Bundesregierung und Bundesländer konstruktiv zusammengearbeitet und schließlich auch eine Einigung erzielt", sagt der SPÖ-Bundesgeschäftsführer und erinnert an FPÖ-Chef Strache, der, statt an einer Lösung zu arbeiten, lieber Seite an Seite mit seinem niederösterreichischen Parteichef, der durch rassistische und menschenverachtende Äußerungen auffällig geworden ist, Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht hat. Darabos unterstreicht: "Österreich hat die Verpflichtung, denjenigen zu helfen, die in ihren Heimatländern alles zurücklassen mussten, um Krieg und Verfolgung zu entkommen."


 

Strache: Asyleinigung bekämpft Symptome, aber nicht Ursachen
Wien (fpd) - Dass sich die Landeshauptleute auf ein gemeinsamen Vorgehen geeinigt hätten, sei zwar zu begrüßen, ändere aber nichts an der Asylproblematik als solcher, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache. Die angekündigte Errichtung von "Verteilerzentren" lasse zudem befürchten, dass man wieder einmal versuche, die Menschen in den davon betroffenen Gemeinden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Verteilerzentren hätten nur dann Sinn, wenn es keine Grundversorgung mehr von Asylwerbern durch private Unterbringungssteller gebe, sondern nur durch Bundeseinrichtungen. Dies wäre ein Schritt, die florierende Asylindustrie einzudämmen. Außerdem müssten die Bürgerinnen und Bürger ausführlich informiert und gefragt werden, ob sie in ihrer Gemeinde ein derartiges Zentrum überhaupt wollen.

Strache forderte weiters, private Organisationen und Vereine an der Mitwirkung am Asylwesen auszuschließen, damit so die Abwicklung des Asylwesens wieder vollständig vom Bundesministerium für Inneres selbst als hoheitliche Aufgabe wahrgenommen werde. Ebenso müsse es zu einer Verfahrensverkürzung kommen, das Verfahren dürfe die Dauer von maximal drei Monaten nicht überschreiten.


 

 Korun: Was 'Verteilerzentren' leisten sollen, noch ungeklärt und offen
Geld statt in neue Strukturen in neue Unterbringungsplätze in den Ländern investieren
Wien (grüne) - "Die Landeshauptleute haben sich laut APA unter anderem darauf geeinigt, neue 'Verteilerzentren' in den Bundesländern aufzumachen. Wo diese sein sollen, ist großteils noch offen. Jenseits von Bezeichnungen muss man allerdings entscheiden und klären, was genau solche 'Verteilerzentren' leisten sollen. Denn dass Schutzsuchende anfangs für ein paar Tage an einem neuen Ort untergebracht werden, löst das schon länger existierende Bettenproblem in den Bundesländern noch nicht. Schon bisher war es nicht primär die Anfangsaufnahme, sondern die darauffolgende längerfristige Unterbringung in den Bundesländern, an der es gekrankt hat. Daher wäre es produktiver, mit dem Geld, das für die Schaffung von neuen Strukturen wie 'Verteilerzentren' oder 'Erstaufnahmezentren' notwendig sein wird, konkrete neue Unterbringungsplätze in den Bundesländern zu schaffen", kommentiert Alex Korun, Menschenrechtssprcherin der Grünen, die Ergebnisse der Landeshauptleutekonferenz.

"Ich begrüße zudem die Verpflichtung der Landeshauptleute, die Quoten pro Bundesland erfüllen zu wollen, dabei wird es aber auch ganz konkret um die Schaffung neuer Betten gehen und nicht bloß um eine neue Struktur, die wieder Geld kostet, aber die langfristige Unterbringung nicht leistet", so Korun.


 

Scherak: Einigung im Asylbereich muss auch durchgesetzt werden
Beschluss der Länder zu gemeinsamen Vorgehen begrüßenswert
Wien (neos) - "Die Einigung der Länder auf ein gemeinsames Vorgehen im Asylwesen ist ein Schritt in die richtige Richtung", kommentiert Niki Scherak, Menschenrechtssprecher der NEOS das Ergebnis der Landeshauptleutekonferenz. "Jetzt muss nur noch dafür gesorgt werden, dass die Versprechen auch eingehalten werden. Die Innenministerin meint zwar, dass es aufgrund des nunmehr vorgesehenen Automatismus keine Sanktionen bei Säumigkeit der Länder bei der Quotenerfüllung bedarf. Da stellt sich dann aber die Frage, wieso die Quoten bis jetzt nicht erfüllt wurden. Es wirkt schon ein wenig so, als ob das wieder einmal nur bloße Ankündigungspolitik ist. Wir hoffen, dass jetzt wirklich alle an einem Strang ziehen, aber ohne Sanktionen wird es wohl in Zukunft nicht funktionieren können."

Außerdem bedürfen einige Details dieses neuen Systems noch der Klärung. "Die Verhandlungen der Einzelheiten sollte ebenfalls rasch passieren, da die beiden in Wien eingerichteten provisorischen Bundesquartiere mit insgesamt 600 Asylwerbern nicht auf Dauer eingerichtet sind. Engpässen bei der Versorgung von Asylwerbern muss rechtzeitig vorgebeugt werden!", schließt Niki Scherak.

 

 

 

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