WKÖ-Präsident nennt fünf Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur - so
wie SPD-Chef Sigmar Gabriel klares Bekenntnis gegen Vermögenssteuern
Wien (pwk) - In seinem "Bericht zur Lage der Österreichischen Wirtschaft" konstatierte WKÖ-Präsident
Christoph Leitl am 27.11. vor dem Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ein "Wechselbad
der Gefühle" für die heimische Wirtschaft. Auf der einen Seite stünden großartige Unternehmen,
die trotz allgemeiner Wachstumsschwäche nach wie vor weltweit tolle Erfolge erzielen. Und EU-Kommissionspräsident
Juncker habe mit seinen Investitionsplänen neue Perspektiven für den unternehmerischen Mittelstand eröffnet.
Eine "kalte Dusche" biete dagegen das aktuelle Wirtschaftsbarometer der WKÖ. Diese großangelegte
Befragung der österreichischen Betriebe zeige, dass die Wirtschaft aktuell und im kommenden Jahr mit der schwierigsten
Situation seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008/2009 konfrontiert ist.
Leitl: "Heuer wird es statt der prognostizierten 1,7 Prozent Wachstum bestenfalls 0,7 Prozent geben. Das bedeutet
25.000 Arbeitsplätze weniger und 1,5 Milliarden Mindereinnahmen für die öffentliche Hand. Und das
für 2015 prognostizierte Wachstum von 1,2 Prozent ist - offen gesagt - auch nicht in Sicht. Wir werden im
kommenden Jahr zwar nicht abstürzen, aber auch nicht hinaufkommen."
Dieser Entwicklung gegensteuern will die Wirtschaftskammer mit fünf Maßnahmen: 1) zusätzliche Investitionsanreize
(etwa eine degressive Abschreibung); 2) Forcierung der thermischen Sanierung und einer Wohnbauoffensive;3) Infrastrukturprojekte,
die schon lange Jahre in Genehmigungsverfahren verharren, müssen endlich angegangen werden; 4) zusätzliche
alternative Finanzierungsformen für Betriebe wie etwa Crowd funding und Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften;
5)Bekämpfung des "Bürokratiemonsters".
Was den notwendigen Abbau von bürokratischen Hemmnissen betrifft, verwies der WKÖ-Präsident auf
das neue Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping, wo es zwar Verschärfungen für "schwarze Schafe"
gibt, aber wo bei leichten Verfehlungen oder Irrtümern das Prinzip "Beraten statt Strafen" gilt:
"Allein das Arbeitnehmerschutzgesetz hat 1209 Bestimmungen. Die kann kein Unternehmer alle kennen. Wir werden
daher der Frage nachgehen, wie das mit Strafen ist, wenn ein Betroffener gar nicht mehr die Kenntnis über
die ganze Gesetzeslage haben kann. Es gibt auch in vielen Fällen viel zu hohe, völlig unverständliche
Strafen - und ich verlange auch, dass Kontrollen und Prüfungen in einer würdigen Form ablaufen müssen."
Der WKÖ-Präsident sprach sich zum wiederholten Mal gegen ein Bonus-/Malus-System bei der Beschäftigung
älterer Arbeitnehmer aus:
"Ich bin für Anreize. So könnte ein älterer Arbeitnehmer 3000 Euro Prämie von seinem fiktiven
Pensionsanspruch erhalten, der Arbeitgeber-Betrieb ebenfalls 3000 Euro. 6000 Euro könnten im Pensionssystem
verbleiben. Ich bin gegen Strafen, aber für Anreize und freie Entscheidungen."
Was die aktuelle Steuerreform-Diskussion betrifft, verwies Leitl auf den deutschen SPD-Chef Sigmar Gabriel. Dieser
spricht sich gegen eine Vermögenssteuer aus, weil sie das Eigenkapital der Betriebe reduziere und damit Arbeitsplätze
gefährde. Gabriel im O-Ton: "Eine Vermögenssteuer auf Betriebsvermögen würde ich auf keinen
Fall mitmachen". Leitl will diese Einsicht des deutschen Vizekanzlers dem demnächst tagenden SPÖ-Parteitag
"ins Stammbuch schreiben." Auch er trete für Verteilungsgerechtigkeit ein. Aber auch für eine
solche zwischen Staat und dem Bürger. Wenn von einer Lohnerhöhung zwei Drittel der Staat kassiere und
nur ein Drittel der Arbeitnehmer erhalte, dann gehe das auf Dauer nicht an. Der WKÖ-Präsident "unterstützt
alle Bestrebungen gegen Steuerflucht und Steuerbetrug -daher stehe ich auch zur entsprechenden europäischen
Initiative von Finanzminister Schelling."
Und der WKÖ-Chef wehrt sich auch gegen den Vorwurf, dass Arbeit krank mache und die Arbeitgeber für die
Krankheiten ihrer Mitarbeiter verantwortlichen sind. Dabei verwies er auf eine Studie, wonach die Arbeitsplatzzufriedenheit
der österreichischen Arbeitnehmer an zweiter Stelle in Europa liege. Dafür gehöre den Betrieben
großer Dank.
Was anstehende Maßnahmen betrifft, nannte Leitl den Handwerkerbonus, hier werde eine "Brücke zwischen
2014 und 2015 trotz mittlerweile ausgeschöpfter Mittel kommen." Positiv seien auch die mit 1. Jänner
2015 erreichten 200 Millionen Euro an Entlastungen bei den Lohnnebenkosten. Dieser Weg müsse fortgesetzt werden.
Und es sei auch zu begrüßen, dass Kleinanlagen künftig genehmigungsfrei sind.
Nicht zuletzt dankte der WKÖ-Chef den Delegierten anlässlich der letzten Sitzung des Wirtschaftsparlaments
vor der WK-Wahl im Februar 2015 für ihre Mitwirkung und Arbeit im Interesse der Betriebe. Er gehe davon aus,
dass der Wahlkampf ein positiver Wettbewerb der Ideen sein werde. Denn in den kommenden Jahren gebe es ungeachtet
aller Fraktionsgrenzen ein gemeinsames Ziel: "Wir müssen Österreich in der wirtschaftlichen Entwicklung
wieder zurück an die Spitze bringen und für die Betriebe Rahmenbedingungen schaffen, die ihnen die Kraft
geben, ihre hochgesteckten Ziele zu erreichen."
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