Vögel wählen ihre Partner nach dem Geruch
Wien (vetmeduni) - Von vielen Tierarten ist bekannt, dass der Körpergeruch bei der Partnerwahl eine
Rolle spielt. Der Duft des potenziellen Partners verrät, wie gut das Immunsystem zum eigenen passt. Es gilt
das Prinzip: Je unähnlicher ein Paar, desto fitter werden seine Nachkommen sein. Forschende vom Konrad-Lorenz-Institut
für Vergleichende Verhaltensforschung an der Vetmeduni Vienna haben erstmals herausgefunden, dass sich auch
Vögel bei der Partnerwahl von ihrer Nase leiten lassen. In einer aktuellen Studie in Nature’s Scientific Reports
zeigen die WissenschafterInnen, dass ähnlich duftende Dreizehenmöwen auch ähnliche Immun-Gene besitzen.
Die Wahl des Sexualpartners hat auch im Tierreich eine große Bedeutung. Die Robustheit und Gesundheit der
Nachkommen hängen nämlich davon ab, wie unterschiedlich die Genetik der Eltern ist. Je verschiedener
die Immunsysteme der Eltern, desto gesünder sind deren Nachkommen.
Tiere können das passende Immunsystem riechen
Mäuseweibchen erkennen beispielsweise am Uringeruch eines Männchens, ob er ein naher Verwandter oder
ein fremder Mäuserich ist. Forschende haben dazu herausgefunden, dass sich im Uringeruch die Genetik der jeweiligen
Maus wiederspiegelt. Der sogenannte MHC-Komplex (Major Histocompatibility-Komplex) ist dabei ausschlaggebend. Bei
dem MHC-Komplex handelt es sich um eine Gruppe von Genen bei Wirbeltieren, die für die Immunabwehr zuständig
ist. Je unterschiedlicher die MHC-Gene, desto unterschiedlicher die Immunsysteme der beiden Organismen. Paaren
sich Tiere mit sehr unterschiedlichen MHC-Genen, entstehen robuste Nachkommen mit einer großen Vielfalt an
Immun-Genen.
Ähnlicher Duft – Ähnliche Gene
Richard Wagner vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung an der Vetmeduni Vienna untersuchte
gemeinsam mit KollegInnen der Universität Toulouse, ob es dieses Phänomen auch in der Vogelwelt gibt.
Sie analysierten dazu das Drüsensekret aus der Bürzeldrüse von Dreizehenmöwen (Rissa tridactyla).
In den Bürzeldrüsen wird ein individueller Cocktail an Duftnoten produziert.
„In einer früheren Studie haben wir gezeigt, dass Dreizehenmöwen sich bevorzugt mit genetisch verschiedenen
Partnern paaren. Woran die Möwen diese Partner erkennen, war bislang aber unklar“.
Die Forschenden verglichen die Drüsensekrete der einzelnen Vögel mit den jeweiligen MHC-Genen. Sie fanden
nun erstmals heraus, dass Dreizehenmöwen mit ähnlichem Duft auch über ähnliche MHC-Gene verfügen.
Eng verwandte Möwen riechen ähnlicher als entfernt Verwandte und besitzen auch ähnliche MHC-Gene.
„Wir gehen nun davon aus, dass die Möwen ihre Sexualpartner am Geruch wählen, indem sie ihren eigenen
Geruch mit dem des anderen vergleichen und denjenigen aussuchen, mit dem sie nicht verwandt sind“, erklärt
der Studienleiter und Ornithologe Wagner.
„Mit der Erforschung des Geruchs wird immer klarer, dass Vögel all das können, was wir zuvor nur den
Säugetieren zugeschrieben haben. In Zukunft wollen wir den Zusammenhang zwischen der Partnerwahl und der Krankheitsresistenz
bei Vögeln untersuchen“, fasst Wagner zusammen.
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen,
akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit,
Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna
beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf
verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute
am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur
Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen.
Service:
Der Artikel “Preen secretions encode information on MHC similarity in certain sex-dyads in a monogamous seabird”
von Sarah Leclaire, Wouter F. D. van Dongen, Steeve Voccia, Thomas Merkling, Christine Ducamp, Scott A. Hatch,
Pierrick Blanchard, Étienne Danchin & Richard H. Wagner wurde im Online Journal Scientific Reports veröffentlicht.
doi:10.1038/srep06920
http://www.nature.com/srep/2014/141105/srep06920/full/srep06920.html
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