Lech am Arlberg (promedia) - Autor Michael Köhlmeier eröffnete am Abend des 04.12. den Mediengipfel
am Arlberg. Er zeichnete in seiner Rede ein nicht allzu optimistisches Bild der vorherrschenden demokratischen
Systeme. Damit bot er zugleich den Anstoß für die darauffolgende Diskussion unter der Leitung von Der
Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid. Unter dem Titel "Wer regiert Europa?" sprachen
unter anderem EU-Parlamentarier Michel Reimon und ORF-Korrespondent Raimund Löw über die aktuellen Demokratiedefizite
innerhalb der Europäischen Union.
"Unserer Demokratie droht nur eine Gefahr: das Volk." Der Vorarlberger Schriftsteller Michael Köhlmeier
eröffnete am Donnerstagabend den 8. Europäischen Mediengipfel in Lech mit einem Plädoyer gegen die
Politikverdrossenheit. Sein gegenwärtiger, wenig optimistischer Befund der vorherrschenden politischen Kultur
lautete:
"Ein großer Teil der Menschen ist entweder an der Demokratie nicht interessiert oder lehnt die Demokratie
gar ab." Dabei bedinge eine funktionierende Demokratie eben die Mitwirkung der Menschen, die sich einbringen
und mitgestalten. Köhlmeier tritt dafür ein, mehr Mitwirkung einzufordern, um sein Recht an Teilhabe
nicht zu verwirken. Andernfalls laufe man als Gesellschaft Gefahr, sich dem Pöbel auszuliefern, der nichts
Konstruktives beizutragen hat. Vor allem hinsichtlich der EU, wo ein demokratisches Konzept, das ursprünglich
für eine mittelgroße Stadt entworfen wurde, nun auf eine Gesamtheit von mehr als 500 Millionen Menschen
angewandt werde, sei Handlungsbedarf gegeben.
Deutsche Dominanz und fehlende Expertise
Die Eröffnungsrede lieferte viel Stoff für die darauffolgende Diskussion unter der Leitung von Der Standard-Chefredakteurin
Alexandra Föderl-Schmid. Sie ging mit ihren Podiumsteilnehmern der Frage nach, wer Europa tatsächlich
regiere. Dies ist zugleich das Generalthema des diesjährigen Europäischen Mediengipfels in Lech am Arlberg.
Der Grüne EU-Parlamentarier Michel Reimon verortet die größten Mängel in "der Vermittlung
europäischer Abläufe". Die Funktionsweise der EU sei derart komplex, dass noch nicht einmal damit
befasste Experten immer den Durchblick bewahren könnten, was wiederum Machtmissbrauch Tür und Tor öffne.
Dem widersprachen die anwesenden Journalisten, allen voran Cerstin Gammelin, Europa-Korrespondentin der Süddeutschen
Zeitung. Sie ging auf die dominante Rolle Deutschlands innerhalb der EU ein. Diese sei vor allem der Schwäche
der anderen Partner geschuldet: "Es gibt keine rechtsradikale Partei im Bundestag, die Europa ablehnt. Merkel
kann von der eigenen Opposition unbehelligt Europapolitik machen." Der langjährige ORF-Korrespondent
in Brüssel, Raimund Löw, pflichtete Reimon bei und meinte: "Mangels Informationen und Bewusstsein
wird bei uns noch immer über die grundsätzliche Legitimation Europas diskutiert." Es falle der österreichischen
Öffentlichkeit schwer, einzugestehen, man sei Teil eines großen Ganzen, der EU, so Löw.
Machtungleichgewicht in Europa
Der Korrespondent von Radio France International in Berlin, Pascal Thibault, ging hinsichtlich der Frage, wer
Europa regiert, auf die Rolle Deutschlands ein: " Die wahrgenommene Übermacht der Deutschen halte ich
zwar für übertrieben, aber man könnte durchaus darüber streiten, ob Berlin nicht in Wahrheit
die Hauptstadt Europas ist." Auch Gregor Kreuzhuber, Strategieberater bei der in Brüssel ansässigen
Agentur g+ europe, hat eine deutsche Dominanz registriert:
"Viele Schlüsselstellen in erster und zweiter Reihe der EU werden von Deutschen besetzt." Es sei
daher zu hinterfragen, ob nicht Berlin das wahre Machtzentrum der EU sei. Einig war man sich darin, dass nur mehr
Transparenz und Information zu einer Verbesserung des Status Quo führen können. Dabei seien vor allem
auch die Medien gefragt, die diese Mittlerrolle innehaben.
8. Europäischer Mediengipfel rückt Lech in den Blickpunkt
Noch bis Samstag werden in Lech am Arlberg führende Medienvertreter, Politiker und Wirtschaftsexperten zum
Thema "Wer regiert Europa?" diskutieren. Alle Hintergründe, die vollständigen Podiumsdiskussionen
und Interviews mit den Teilnehmern werden auf der Event-Homepage www.mediengipfel.at bereitgestellt. Dort berichten
angehende Journalisten aus Österreich und der Schweiz im Rahmen der Medienakademie Lech unter der Leitung
von NZZ.at-Chefredakteur Michael Fleischhacker von der Veranstaltung.
Der Europäische Mediengipfel am Arlberg, der von der Kommunikationsagentur pro.media kommunikation 2007 initiiert
wurde, wird neben der Lech Zürs Tourismus GmbH vor allem von der d. swarovski tourism services gmbh sowie
von Medienpartnern, wie dem Verband der Auslandspresse in Österreich und Deutschland, ORF, APA -Austria Presse
Agentur, news-aktuell, Der Standard, NZZ-Neue Zürcher Zeitung, Presseclub Concordia und Vorarlberger Medienhaus,
getragen.
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