Breite Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats
Wien (pk) - Das Gesetzespaket zur geplanten Untersuchungsausschuss-Reform ist auf dem Weg in das Plenum
des Nationalrats. Der Geschäftsordnungsausschuss hat am 04.12. mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ,
Grünen und NEOS grünes Licht für eine Änderung der Bundesverfassung, eine Novellierung des
Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats, ein neues Informationsordnungsgesetz und weitere erforderliche
Gesetzesänderungen gegeben. Zuvor waren noch einige Adaptierungen vorgenommen worden, um Bedenken, die im
Begutachtungsverfahren geäußert wurden, Rechnung zu tragen.
Opposition mit Ausnahme des Team Stronach begrüßt Stärkung der Minderheitsrechte
Mit Ausnahme des Team Stronach zeigten sich alle Parteien mit der Einigung zufrieden. Dieses Gesamtpaket stärkt
die parlamentarische Minderheit, betonte etwa Gernot Darmann seitens der Freiheitlichen, es stelle eine wesentliche
Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage dar, weil Minderheitsrechte im gesamten Verfahrensablauf sichergestellt
seien. Die Mehrheit könne nicht mehr über die Minderheit drüberfahren, sagte er. Ebenso argumentierte
Dieter Brosz von den Grünen gegenüber der Kritik von Robert Lugar (T), der nochmals die Bedenken seiner
Fraktion zusammenfasste.
Die anderen Oppositionsparteien hätten sich das Minderheitsrecht teuer abkaufen lassen, meinte er. So sei
etwa das Minderheitsrecht in Bezug auf die Ladung von Auskunftspersonen und Aktenanforderung zahnlos, weil die
Mehrheit dagegen beim Verfassungsgerichtshof Einspruch erheben kann. Für den Zweiten Nationalratspräsidenten
Karlheinz Kopf hingegen stellt diese Lösung einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit dar.
Es liege im Interesse aller, dass im U-Ausschuss dem Untersuchungsgegenstand entsprechend sachgerechte und keine
sachfremden Anträge gestellt werden, hielt er fest.
Auch die Kritik Lugars an dem Auswahlverfahren für die VerfahrensrichterInnen und VerfahrensanwältInnen,
wonach die Präsidentin nach Konsultationen in der Präsidiale entscheidet, welche Personen dem Geschäftsordnungsausschuss
vorgeschlagen werden, konnten die Ausschussmitglieder der anderen Fraktionen nicht nachvollziehen. Sie werde sich
jeweils an die Standesvertretung wenden und dann mit den Mitgliedern der Präsidiale die Liste diskutieren,
stellte Nationalratspräsidentin Bures fest. Außerdem seien die Voraussetzungen und Kompetenzen sowie
die spezifischen Aufgabenstellungen für diese Funktionen im Gesetz definiert. Die PräsidentInnen des
Nationalrats hätten ihre Entscheidungsbefugnisse immer mit großer Verantwortung ausgeübt, versuchte
Zweiter Nationalratspräsident Kopf die Bedenken des Team Stronach auszuräumen. Wie der Dritte Nationalratspräsident
Norbert Hofer machte auch er darauf aufmerksam, dass diese spezielle Neuregelung auch unter besonderer Beobachtung
der Öffentlichkeit stehen werde.
Eckpunkte der Reform der Untersuchungsausschüsse
Zentraler Punkt der Reform ist die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse künftig auch ohne Parlamentsmehrheit
einsetzen zu können. Notwendig ist lediglich die Zustimmung eines Viertels der Abgeordneten. Das gilt grundsätzlich
auch für die Anforderung von Akten und die Ladung von Auskunftspersonen. In bestimmten Streitfällen ist
eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vorgesehen. Auch das Parlament erhält in Form der drei VolksanwältInnen
eine Schiedsstelle. Sie sind aufgerufen, aufgrund eines Verlangens eines Viertels der Ausschussmitglieder, über
die Rechtmäßigkeit der Feststellung der bzw. des Vorsitzenden hinsichtlich der Unzulässigkeit einer
Frage zu entscheiden.
Den Vorsitz in Untersuchungsausschüssen soll in der Regel Nationalratspräsidentin Doris Bures mit Unterstützung
eines Verfahrensrichters bzw. einer Verfahrensrichterin führen, sie kann sich aber auch durch die beiden anderen
Präsidenten vertreten lassen. Daneben ist die Bestellung eines Verfahrensanwalts bzw. einer Verfahrensanwältin
geplant. Er bzw. sie soll darüber wachen, dass die Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen
nicht verletzt werden. Die Beweisaufnahme wird grundsätzlich auf 12 Monate beschränkt, im Bedarfsfall
kann der U-Ausschuss allerdings auf bis zu 20 Monate einschließlich der Berichtsvorbereitung verlängert
werden.
Bei Verleumdung und Verletzung der Geheimhaltungspflicht wird die berufliche Immunität eingeschränkt.
Das heißt, dass in derartigen Fragen der Immunitätsausschuss des Nationalrats entscheidet.
Aufgrund der Erfahrungen der letzten U-Ausschüsse wird zudem eine Bestimmung aufgenommen, wonach die Befragungen
von Auskunftspersonen in der Regel nicht länger als drei Stunden dauern sollen und nach längstens vier
Stunden vom Vorsitzenden für beendet zu erklären sind. Sollten Auskunftspersonen eine Ladung nicht befolgen
oder eine Aussage ungerechtfertigter Weise verweigern, so können durch das Bundesverwaltungsgericht Beugestrafen
verhängt werden. Bei einmaliger Nichtbefolgung der Ladung droht eine Beugestrafe von 500 bis 5.000 €, im Wiederholungsfall
von 2.000 bis 10.000 €. Bei ungerechtfertigter Verweigerung der Aussage kommt eine Geldstrafe.
Mit den heute vorgelegten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsanträgen, wird auch
die Parlamentssignatur eingeführt. Damit können in Zukunft parlamentarische Materialien elektronisch
verteilt werden.
Parallel zur Änderung der Bundesverfassung und des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats ist auch
der Beschluss eines neuen Informationsordnungsgesetzes ( 720/A) vorgesehen: Es enthält umfassende Regelungen,
wie mit vertraulichen bzw. geheimen Informationen umzugehen ist, die dem Parlament übermittelt werden.
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