Der Europäische Rechnungshof zu Gast im EU-Ausschuss des Bundesrats
Wien (pk) – Die Tätigkeit des Europäischen Rechnungshofs stand am 03.12. im Mittelpunkt des EU-Ausschusses
des Bundesrats. Eingeladen war der Vertreter Österreichs in diesem Kontrollorgan, Oskar Herics. Damit sorgte
der Bundesrat nach der gestrigen Diskussion mit EU-Kommissar Johannes Hahn im Plenum abermals für eine Premiere,
denn VertreterInnen des Europäischen Rechnungshofs waren noch nie im Österreichischen Parlament zu einer
Ausschusssitzung eingeladen. Das Interesse eines regen Informationsaustauschs wurde im Laufe der Ausschusssitzung
evident, sodass man sich vornahm, einen solchen Dialog jedes Jahr zu führen, um daraus auch praktische Anregungen
an die Bürgerinnen und Bürger – etwa was die Antragstellung bei Förderungen betrifft - weitergeben
zu können.
EU-Finanzmanagement genügt hohen Ansprüchen nicht
Wie Herics ausführte, genügt das EU-Finanzmanagement noch nicht den hohen Ansprüchen - weder auf
EU-Ebene noch auf der Ebene der Mitgliedstaaten. So werde oft ein zu geringer Fokus auf die Wirtschaftlichkeit
und Wirksamkeit gelegt, sagte er im Hinblick auf den Jahresbericht 2013. Das Berichtswesen sei nicht auf den Aspekt
der Ergebniserreichung ausgerichtet, der EU-Mehrwert habe nicht immer sichergestellt werden können. Man müsse
aber auch zugeben, dass es derzeit an zuverlässigen Indikatoren mangle, um eine Messung vornehmen zu können,
merkte er an. Jedenfalls seien für die neue Finanzperiode wesentliche Verbesserungen vorgesehen. In einigen
Fällen hätten die Begünstigten ihre Tätigkeiten und Aktivitäten auch ohne EU-Förderung
durchgeführt, berichtete Herics weiter.
Der EU-Kontrolleur überraschte die Ausschussmitglieder auch mit dem Hinweis, dass die Fehlerhäufigkeit
in Österreich in Bezug auf Landwirtschafts- und Kohäsionspolitik während der Jahre 2009-2013 noch
relativ hoch war. Insgesamt lag in der EU die, wie der Rechnungshof es ausdrückt, wahrscheinlichste Fehlerquote
zwischen 2007 und 2013 konstant über der Wesentlichkeitsschwelle von 2%, im Bereich der Landwirtschaft bei
3,7% und im Bereich der Kohäsion bei 6%. Die geschätzte Fehlerquote für 2013 war mit 4,7% ebenfalls
konstant über der Wesentlichkeitsschwelle. Die größte Fehlerquote liegt laut Schätzung des
EU-Rechnungshofs im Bereich Regionalpolitik, Verkehr und Energie mit 6,9% und bei der Landwirtschaft in Bezug auf
Marktstützung und Direktzahlungen bei 3,6%.
Als typische Fehler nannte er unter anderem zu hohe Angaben von Flächen oder von nicht vorhandenen Tieren,
nicht anspruchsberechtigte AntragsstellerInnen, Mängel an Kennzeichnung und Registrierung von Tieren, Verstöße
gegen Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge und die Verletzung staatlicher Beihilferegelungen.
Er sieht daher einen Handlungsbedarf, vor allem bei den nationalen Verwaltungsstellen und bei den Kontrollsystemen.
Das Landwirtschaftsministerium spricht sich in diesem Zusammenhang dafür aus, Maßnahmen zu ergreifen,
um die Verwaltung der Programme zu vereinfachen. Denn viele Fehler seien aufgrund der Komplexität der Gesamtarchitektur
für die Verwaltung und Kontrolle aufgetreten, heißt es. Die Komplexität komme auch dadurch zustande,
dass es sowohl EU-Vorschriften als auch nationale Vorschriften gibt, die nicht immer konform seien, gab Herics
zu bedenken. Man müsse aber auch bei der Ausbildung innerhalb der Verwaltung ansetzen.
Heric wies jedoch mit Nachdruck darauf hin, dass Fehler keinesfalls mit Betrug gleichzusetzen seien. Bei Betrug
handle es sich um eine vorsätzliche Täuschungshandlung und bei Verdachtsmomenten würden die Fälle
sofort an OLAF, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung, gemeldet.
Was die Finanzkorrekturen im Bereich der geteilten Mittelverwaltung betrifft, die im Falle einer unzureichenden
Erfüllung der Kontrollpflichten eines Mitgliedstaates verhängt werden, schneidet Österreich im europäischen
Vergleich sehr gut ab, unterstrich Herics.
Der Europäische Rechnungshof als unabhängiger Hüter der finanziellen Interessen der UnionsbürgerInnen
Mittels einer Powerpoint-Präsentation stellte Oskar Herics zunächst den Europäischen Rechnungshof
vor. Dieser trage zur Verbesserung des EU-Finanzmanagements bei und fungiere zugleich als unabhängiger Hüter
der finanziellen Interessen der UnionsbürgerInnen, erklärte er. Der Rechnungshof sei ein Kollegialorgan
mit Sitz in Luxemburg. Er bestehe aus 28 Mitgliedern, wobei jedes Mitglied aus jeweils einem EU-Land kommt. Er
verfüge über einen Personalstand von insgesamt rund 900 MitarbeiterInnen. Die Prüfbereiche sind
auf 4 Kammern aufgeteilt. Er selbst ist für die Kammer II zuständig, in der strukturpolitische Maßnahme,
Verkehr und Energie angesiedelt sind.
Als wichtigste Produkte nannte Herics die Jahresberichte einschließlich der Zuverlässigkeitserklärung
über die Zuverlässigkeit der Rechnungsführung sowie die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit
der zugrunde liegenden Vorgänge. Darüber hinaus werden besondere Jahresberichte zu den Agenturen, Einrichtungen
und sonstigen Stellen der EU verfasst, Sonderberichte gibt es zur Beurteilung der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit
und Wirksamkeit in ausgewählten Bereichen des EU-Haushaltsplans. Des Weiteren werden Landscape-Analysen zu
ausgewählten Bereichen der EU-Politik erstellt, in denen die größeren Herausforderungen sowie die
langfristigen Trends und Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Finanzkontrolle, analysiert werden. Auch gibt
der Europäische Rechnungshof Stellungnahmen zu Rechtsvorschriften und Verordnungen mit finanziellen Auswirkungen
ab. Erstmals in diesem Jahr veröffentlicht der Europäische Rechnungshof auch eine Auswertung auf der
Ebene der Mitgliedstaaten.
Was die Arbeitsweise des Europäischen Rechnungshofs betrifft, so prüft dieser stichprobenartig und gibt
aufgrund dessen Schätzungen ab. Die Stichproben erfordern laut Herics ein penibles Vorgehen. Stefan Schennach
merkte dazu an, in der Präsentation komme klar zum Ausdruck, dass das Geld der EU mit Argusaugen beobachtet
werde. Das neue Denken sei aber noch nicht überall angekommen.
Vorschriften sind oft zu kompliziert
Grundlage für die heutige Diskussion bildeten drei EU-Dokumente. Zunächst handelte es sich einerseits
um eine Kurzinformation zur Prüfung der EU–Vorstellung der Jahresberichte des Europäischen Rechnungshofs
zum Haushaltsjahr 2013, andererseits um die Jahresberichte zum Haushaltsjahr 2013. Ein weiteres Papier betraf die
Landwirtschaft und Kohäsion : Überblick über die EU-Ausgaben 2007-2013.
Über das letztere Thema entwickelte sich auch eine Diskussion, zumal es bei den landwirtschaftlichen Direktzahlungen
immer wieder zu Fehlern kommt. Da von den Bundesrätinnen und Bundesräten die Probleme bei den Almfutterflächen
angesprochen wurden, wies Herics darauf hin, dass der Europäische Rechnungshofs bereits im Jahr 2001 auf die
spezifischen Mängel hingewiesen habe, jedoch eine entsprechende Reaktion lange Zeit nicht erfolgt sei. Auf
den Vorwurf von Bundesrat Martin Preineder (V/N), die Bäuerinnen und Bauern litten an einer überbordenden
Kontrolle, antwortete Herics, die Regeln seien für alle gleich, der Rechnungshof prüfe deren Einhaltung.
Die Prüfung habe auch eine wesentliche Präventivwirkung. Er räumte aber ein, dass es notwendig wäre,
die Bestimmungen zu vereinfachen.
An der angeregten Diskussion mit Oskar Herics beteiligten sich die BundesrätInnen Reinhard Todt (S/W), Martin
Preineder (V/N), Christoph Längle (F/V), Werner Stadler (S/O), Monika Mühlwerth (F/W), Franz Perhab (V/St),
Heidelinde Reiter (G/S), Stefan Schennach (S/W), Ana Blatnik (S/K) und Ferdinand Tiefnig (V/O).
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