Salzburg beherbergt mehr als 50 Konsulate / Neuer Grenzfall auf salzburg.at erschienen
Salzburg (lk) - Warum Russland ein klitzekleines Stückchen Salzburg besitzt, wo in Salzburg die Polizei
nicht ungefragt amtshandeln darf, warum es ausgerechnet in Salzburg mehr als 50 Vertretungsbehörden anderer
Staaten gibt und warum Honorarkonsuln keine Honorare verrechnen, erhellt dieser Grenzfall für völkerrechtlich
Neugierige, der am 03.12. auf http://www.salzburg.at/, der
Plattform für die Europaregion, veröffentlicht wurde.
Etwas mehr als 1.000 Quadratmeter in der Stadt Salzburg gehören laut Grundbuch der Russischen Föderation,
also Russland. Nicht als Staatsgebiet, sondern als Standort für das Generalkonsulat in der Bürglsteinstraße.
"Konsulate zählen völkerrechtlich zwar zum Territorium des Standortstaates, aber nur im Innenbetrieb
kommt das Recht des Entsendestaates zur Anwendung wie etwa bei Feiertagen oder bei der Mitwirkungspflicht bei Notfällen",
erläutert Völkerrechtsprofessor Dr. Michael Geistlinger von der Universität Salzburg. So ist es
regelmäßig so, dass auch der Feiertag des Entsendestaats in den Konsulaten begangen wird.
Völkerrechtlich heikel wird es bei sicherheitspolizeilichen Einsätzen im Konsulatsgebäude. Für
die Sicherheit rund um das Gebäude ist nämlich die heimische Exekutive zuständig. Die österreichische
Polizei darf nur ins Gebäude, wenn der Generalkonsul oder ein ansonsten ermächtigter Konsularbeamter
zustimmt. Ist kein Angehöriger des Generalkonsulats erreichbar, ist die Zustimmung der Wiener Botschaft nötig.
Lediglich bei Gefahr im Verzug würde dieser Vorbehalt wegfallen. "Bei der Frage des Schusswaffengebrauchs
können die Rechtsordnungen, also jene des Entsendestaates und jene des Empfangsstaates, kollidieren. Nach
allgemeiner Rechtsmeinung dürfte ein österreichischer Polizist zum Zweck der Abwehr eines Angriffs einem
Angreifer ins Gebäude hinterherschießen, man geht da von einer vermuteten Zustimmung aus. In Salzburg
gab es jedoch in den vergangenen 30 Jahren nie außergewöhnliche Fälle", relativiert Geistlinger.
Als weiteren Fall von "Ausland im Inland" führt der Völkerrechtler in Salzburg landende Flugzeuge
an. Deren Inneres gilt rechtlich gesehen als Teil des Herkunftslandes der Fluglinie.
Konsularhauptstadt in der Provinz
Nach der Bundeshauptstadt Wien sind in Salzburg die meisten konsularischen Vertretungsbehörden akkreditiert.
51 Berufs- und Honorarkonsulate stellen das Interesse der Entsendestaaten unter Beweis, in Salzburg repräsentiert
zu sein und am politischen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die Zusammenarbeit umfasst behördliche
Agenden ebenso wie gegenseitige Unterstützung bei wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, touristischen und
kulturellen Aktivitäten. Die Konsulate sind zudem Anlaufstellen für in Not oder Bedrängnis geratene
Besucher Salzburgs, was für das Tourismusland von Bedeutung ist. Ein wichtiger Grund für die Häufung
der "kleinen" Diplomatie in Salzburg, liegt an der geografischen Lage in der Mitte Österreichs.
Da lässt sich der Westen praktischerweise gleich mitverwalten. Geschichtsbewusste führen auch Salzburgs
Stellung als selbständiges Fürstentum vom 14. Jahrhundert bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts im Bund
des Kaiserreiches bzw. im Verband des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation als möglichen Hintergrund
für den hohen Stellenwert der "Salzach-Diplomatie" an.
Titel (fast) ohne Mittel
In den seltensten Fällen sind jedoch in Salzburg Berufskonsuln, in der Regel Staatsangehörige des Entsendestaates,
tätig. Die Bezeichnung Generalkonsulat hat keine rechtliche Bedeutung. Häufiger vertreten sind Honorarkonsuln,
meist Österreicher/innen. Sie üben ihre Tätigkeit entgegen der Bezeichnung ohne Bezahlung aus oder
werden aus den eingehobenen Gebühren finanziert. Für ihre hoheitliche Tätigkeit wie zum Beispiel
bei einer Passverlängerung haften sie nach dem Recht des Entsendestaates.
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