Nationalrat diskutiert über gerechte Verteilung der Steuerlast
Wien (pk – Die verschieden Vorschläge zur Steuerreform, die weitere Vorgangsweise in der Causa Hypo,
die Finanzpolitik in der EU sowie der Beitrag Österreichs zum Klimaschutz standen am 11.12. im Mittelpunkt
einer Fragestunde, in der Bundesminister Hans Jörg Schelling den Abgeordneten Rede und Antwort stand. Schelling
nahm die Gelegenheit zum Anlass, um das ÖVP-Konzept vorzustellen, das u.a. eine Senkung des Eingangssteuersatzes
auf 25 %, aber keine vermögensbezogenen Abgaben vorsieht. Mit ihm könne man jederzeit eine Grundsatzdiskussion
über das Steuersystem führen, erklärte der Minister, er halte jedoch wenig von Einzelmaßnahmen,
durch die ausgabenseitige Reformen weiter verzögert werden. Was die Causa Hypo anbelangt, so werde man sich
die nächsten Schritte genau überlegen. Falls es jedoch bis zum Jahresende zu keinem Vergleich mit der
Bayern LB kommt, werde man eine Rückabwicklungsklage einreichen, kündigte Schelling an.
Finanzminister Schelling: Keine weitere Belastung des Standorts durch zusätzliche Steuern
Mit zahlreichen Fragen und Kommentaren zum Thema gerechte Besteuerung von Erwerbseinkommen sah sich Finanzminister
Hans Jörg Schelling zu Beginn der heutigen Fragestunde konfrontiert. Kai Jan Krainer (S), Bruno Rossmann (G)
und Hermann Lipitsch (S) forderten eine stärkere Belastung von Vermögen und Kapital, das ihrer Ansicht
nach in Österreich im internationalen Vergleich sehr gering besteuert werde. Rossmann verwies u.a. auf eine
Studie der Europäischen Zentralbank, wonach die Vermögenskonzentration nur in den USA noch höher
sei als in Österreich.
Der Finanzminister war der Auffassung, dass nicht einzelne Positionen aus dem Steuersystem herausgegriffen werden
sollten, sondern stattdessen eine umfassende Strukturreform in Angriff genommen werden muss. Dieser Fehler wurde
in der Vergangenheit zu oft gemacht, wo viele punktuelle Maßnahmen beschlossen wurden, aber kein Gesamtkonzept
ersichtlich war. Österreich habe in den vergangenen Jahren sehr stark auf Vermögenszuwachssteuern gesetzt,
wie z.B. zuletzt durch die Einführung der Immo-ESt (Immobilienertragssteuer) oder die Kapitalertragssteuer,
die auf unbürokratische Weise eingehoben werde und seit 1993 eine Erfolgsgeschichte sei. Er sehe daher im
Bereich der Vermögensbesteuerung keine Notwendigkeit für weitere Maßnahmen. Gerade in einem Hochsteuerland
wie Österreich sollten nicht noch zusätzliche neue Steuern eingeführt werden, da sie den Standort
weiter belasten würden.
Das Steuerreform-Modell der ÖVP, das gestern vorgestellt wurde, beinhaltet vor allem eine Senkung des Eingangssteuersatzes
bei Löhnen und Gehältern auf 25 %, informierte der Minister den Abgeordneten August Wöginger (V).
Durch diese Maßnahme würden Einkommen bis zu 30.000 € pro Jahr im Ausmaß von 2,2 Mrd. € entlastet.
Gleichzeitig sollen Schritte gesetzt werden, um auch im mittleren Bereich einen ausgewogeneren Steuerverlauf zu
schaffen und um die Familien, die Pensionisten und die Bauern zu entlasten. Im Gegensatz zum SPÖ-Modell enthält
das Konzept auch Investitionsförderungsmaßnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Er denke aber, dass
es ein gemeinsames Anliegen der Koalitionsparteien ist, verstärkt gegen Steuerbetrug vorzugehen. Weitere Möglichkeiten
der Gegenfinanzierung würden sich durch das Streichen von historisch gewachsenen Ausnahmen und Privilegien
ergeben, merkte der Minister in Richtung des FPÖ-Abgeordneten Elmar Podgorschek an.
Auf die Frage des Abgeordneten Klaus Uwe Feichtinger (S) stellte Schelling klar, dass ein aufgabenorientierter
Finanzausgleich angestrebt werden soll, der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten ganz klar festlegt. Außerdem
müsse es im Hinblick auf die Geldflüsse, die vom Bund an die Länder und von den Ländern an
die Kommunen gehen, deutlich mehr Transparenz geben.
Hypo: Schelling kündigt Klage an, wenn es zu keinem Vergleich mit der Bayern LB kommt
Schelling begrüßte ausdrücklich den von der Untersuchungskommission vorgelegten Bericht zur
Hypo Alpe Adria, aus dem man nun lernen müsse. Einige Fragen sind jedoch noch zu beantworten, gab der Minister
zu bedenken, z.B. wie hätten die Alternativen zur Notverstaatlichung ausgeschaut oder welche Rolle haben die
Wirtschaftsprüfer gespielt? Er stimmte mit Abgeordneter Gabriela Tamandl (V) darin überein, dass auch
das Thema der Bankenaufsicht grundlegend betrachtet und neue Strukturen entwickelt werden müssen.
In Bezug auf die weitere Vorgangsweise bei der Hypo merkte Schelling an, dass das Management im ersten Quartal
des nächsten Jahres einen Abbauplan vorlegen muss. Gegenüber Abgeordnetem Robert Lugar vom Team Stronach
gab Schelling zu bedenken, dass eine Rückabwicklungsklage gegenüber der Bayern LB zunächst nur einmal
vorbereitet wird. Solange man nicht wisse, wie ein möglicher Vergleich mit den Bayern aussieht, könne
man nicht bewerten, ob dieser Weg besser sei oder eben eine Klage. Er habe zusätzliche externe Rechtsexperten
beauftragt, um genau zu prüfen, was nun die beste Vorgangsweise sei. Wenn es bis Ende des Jahres zu keiner
akzeptablen Einigung kommt, beabsichtige er, eine Klage einzubringen, teilte Schelling mit.
Was den geplanten Verkauf der Südosteuropa-Holding der Hypo anbelangt, so könne dieser keinesfalls als
gescheitert betrachtet werden, wie dies vom NEOS-Mandatar Rainer Hable behauptet wurde. Finanzminister Schelling
machte darauf aufmerksam, dass lediglich das Exklusivrecht, das man einem Anbieter eingeräumt hatte, am 28.
November ausgelaufen ist. Dadurch sei es möglich, dass die anderen bisherigen Bieter, die von Anfang an dabei
waren, wieder teilnehmen können. Der Verkauf der Hypo Italien sei ein eigenes Projekt; auch hier werden nun
Käufer gesucht.
Österreich setzt sich für faireren Steuerwettbewerb in der EU ein
Ein weiterer Themenschwerpunkt der Fragestunde war die aktuelle Finanz- und Wirtschaftspolitik in der EU. Die vom
ÖVP-Mandatar Andreas Zakostelsky angesprochenen unfairen Steuerpraktiken in der EU werden im Rat für
Wirtschaft und Finanzen (Ecofin) ausführlich diskutiert und entsprechende Maßnahmen überlegt. Er
habe u.a. die Einführung von Trust-Registern vorgeschlagen, erinnerte der Finanzminister. Außerdem war
Österreich war neben Frankreich das erste Land, das den OECD-Standard akzeptiert hat, was eine wichtige Voraussetzung
für die weitere Vorgangsweise in dieser Frage sei. Sehr engagiert setze man sich auch für die Einführung
einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene ein, teilte Schelling der SPÖ-Mandatarin Karin
Greiner mit. Frankreich und Italien treten aber dafür ein, dass die Derivate herausgenommen werden sollen.
Der aktuelle Vorschlag, der gemeinsam mit Deutschland eingebracht wurde, sehe ein "All-in-Konzept" vor,
das jedoch in zwei Etappen eingeführt wird. Er hoffe, dass es im ersten Quartal des nächsten Jahres zu
einer Einigung zwischen den elf beteiligten Ländern kommt.
Damit in Österreich erwirtschaftete Gewinne nicht so leicht ins Ausland transferiert werden können, habe
man auf nationaler Ebene bereits einige Schritte gesetzt, wie z.B. die Novellierung des Abgabenänderungsgesetzes,
das ein Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzgebühren enthält. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auch
auf der Betrugsbekämpfung, was aber nur mit einer Aufstockung der Personalressourcen und durch eine Intensivierung
der Ausbildungsaktivitäten möglich sein wird.
Was das vom FPÖ-Abgeordneten Hubert Fuchs angesprochene Steuerabkommen mit Liechtenstein betrifft, so teilte
Schelling dem Fragesteller mit, dass Ermessensstrukturen (z.B. Stiftungen, die im öffentlichen Interesse stehen)
sehr wohl davon erfasst sind. Außerdem laufen bereits Gespräche mit den politisch Verantwortlichen über
eine Verbesserung des Datenaustausches.
Positiv beurteilte Schelling den vom Präsidenten der EU-Kommission Juncker vorgelegten Investitionsplan, der
nun so schnell wie möglich umgesetzt werden sollte. Gegenüber ÖVP-Mandatar Jakob Auer gab der Minister
jedoch zu bedenken, dass dieser nur dann funktionieren könne, wenn möglichst viele private Investitionen
initiiert werden. Der dafür eingerichtete neue Fonds bei der EIB soll bereits ab Mitte 2015 operativ tätig
werden. Österreich und Deutschland sprechen sich aber dafür aus, dass sofortige Maßnahmen gesetzt
werden.
Klimaschutz: Finanzierungsbeitrag zum Green Climate Fund ist gesichert
Eva Glawischnig-Piesczek von den Grünen thematisierte schließlich noch den Klimaschutz und wollte wissen,
wann und mit welcher Höhe Österreich - als eine der letzten Industrienationen - das 2009 in Kopenhagen
gegebene Versprechen eines Finanzierungsbeitrages zum Green Climate Fund einlösen wird. Dies sei eine wichtige
Bedingung für das Gelingen der Klimakonferenz in Lima, unterstrich sie. Finanzminister Schelling wies darauf
hin, dass der zuständige Minister Andrä Rupprechter gestern zugesagt habe, 25 Mio. Dollar dafür
zur Verfügung zu stellen. Er habe auch den Medien entnommen, dass Verhandlungen mit den Ländern und privaten
Institutionen stattfinden, um den Betrag zu verdoppeln.
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