Internationales ParlamentarierInnentreffen über nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung
Wien (pk) – Das weltweite Engagement gegen Atomwaffen braucht auch parlamentarischen Rückenwind. Am
Rande der derzeit tagenden Wiener Konferenz über die humanitären Auswirkungen von Kernwaffen diskutierten
MandatarInnen und VertreterInnen von NGOs am 09.12. im Hohen Haus über die Frage, wie das globale Abrüstungs-
und Nichtverbreitungsregime auch auf parlamentarischer Ebene gestärkt werden kann. Das Treffen, zu dem die
Interparlamentarische Union (IPU) und das Parlamentarische Netzwerk für nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung
(PNND) einluden, geht dabei von der grundsätzlichen Überzeugung aus, dass ParlamentarierInnen eine besondere
Verantwortung haben, die Rolle der nuklearen Abschreckung aus Sicherheitsdoktrinen zu verbannen und für eine
Welt ohne Atomwaffen zu kämpfen.
Abgeordnete Christine Muttonen, die als Ko-Präsidentin des PNND die zahlreichen Gäste begrüßte,
rief in Erinnerung, dass das Parlamentsgebäude am Ring schon einmal als Tagungsort für den Internationalen
Friedenskongress ausersehen war. Auf Initiative der beiden österreichischen Friedensnobelpreisträger
Bertha von Suttner und Alfred Hermann Fried hätte das Forum für die Zeit vom 15. bis zum 19. September
1914 einberufen werden sollen. Die Geschichte hatte anders entschieden. Heute, 100 Jahre und zwei Weltkriege später,
sei die Welt immer noch weit entfernt von Stabilität, Sicherheit und Frieden, meinte sie und sprach dabei
vor allem die permanente Gefahr an, die von den über 16.000 Atomwaffen ausgeht.
Anders als vor 100 Jahren haben wir heute die Zeit und die Möglichkeit, das fatale Wettrüsten zu verhindern,
es liegt an uns ParlamentarierInnen, diese Gelegenheit zu ergreifen. Muttonen sah die Parlamente im Besonderen
aufgerufen, zur öffentlichen Bewusstseinsbildung beizutragen und mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten,
um so auch Einfluss auf die Haltung der Regierungen zu nehmen und den weltweiten Kampf gegen Atomwaffen zu stärken.
Der österreichische Nationalrat habe dabei mit seinem einstimmigen Appell an die Bundesregierung, sich auf
internationaler Eben verstärkt für Abrüstung und Nichtverbreitung von Kernwaffen zu engagieren,
ein wichtiges Zeichen gesetzt, betonte Muttonen.
Einigkeit im Kampf für nukleare Abrüstung
Die Dringlichkeit und Wichtigkeit nuklearer Abrüstung zog sich wie ein roter Faden durch die anschließenden
Statements und Diskussionsbeiträge. So unterstrich die mexikanische Senatorin Laura Angelica Rojas-Hernandez
die Bedeutung von Sicherheitskonzepten ohne Kernwaffen und zeichnete dabei einen Weg in eine Welt ohne Atomwaffen
vor, an dessen Beginn die Bildung atomwaffenfreier Zonen wie etwa in Lateinamerika steht. Viktor Rogalew aus Kasachstan
erinnerte an die Auswirkungen der sowjetischen Atomversuche in seinem Land und erhob die Forderung nach einem weltweiten
Verbot von Atomtests und Atomwaffen, während der Generalsekretär der Interparlamentarischen Union (IPU),
Martin Chungong, den Blick auf die Zusammenarbeit der nationalen Parlamente beim Kampf für eine atomwaffenfreie
Welt lenkte. Rob van Riet wiederum gab als Ko-Herausgeber des PNND/IPU-Handbuchs einen Überblick über
die parlamentarische Praxis in Sachen nuklearer Abrüstung und sprach dabei auch die Rolle der ParlamentarierInnen
bei der Bewusstseinsbildung an. Die nationale Gesetzgebung in Bezug auf ein Atomwaffenverbot stand im Mittelpunkt
des Referats des ehemaligen neuseeländischen Ministers für Abrüstung, Matt Robson, der den breiten
Anti-Atom-Konsens in seinem Land auch mit den Erfahrungen des pazifischen Raums als Atomtestgebiet der Großmächte
erklärte.
Jeremy Corbyn, der britische Vizevorsitzende der "Kampagne für nukleare Abrüstung", und Jean-Marie
Collin, der als französischer Vertreter des PNND sprach, richteten den Fokus auf die Atommächte und wollen
diese in Abrüstungsfragen in die Pflicht zu nehmen, so etwa bei der Einhaltung der diesbezüglichen internationalen
Verträge. Corbyn drängte darüber hinaus auch auf die Errichtung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen
Osten. Yasuyoshi Komizo, Generalsekretär der auf die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki zurückgehenden
Initiative "Mayors for Peace", berichtete von der Kooperation der Bürgermeister mit den Parlamenten
und hob in diesem Zusammenhang das Gewicht der öffentlichen Meinung hervor. Die Geschichte stehe auf der Seite
jener, die für eine atomwaffenfreie Welt eintreten, war er überzeugt. Auch Silvio Heinze von ICAN Civil
Society Forum sah die Zivilgesellschaft aufgerufen, mit den Abgeordneten beim Kampf für eine Welt ohne nukleare
Sprengköpfe zusammenzuwirken.
PNND-Ko-Präsidentin Tarja Cronberg schließlich gab einen Ausblick auf die politischen Möglichkeiten
für zukünftige gemeinsame parlamentarische Aktivitäten zur atomaren Abrüstung. Sie appellierte
an die Abgeordneten, auf die Einhaltung der Abrüstungsverträge hinzuwirken und sich in ihrer politischen
Arbeit dafür einzusetzen, dass die enormen Summen, die derzeit in die Weiterentwicklung von Atomwaffen investiert
werden, eines Tages in humanitäre Programme und Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels fließen.
Das Parlamentarische Netzwerk PNND versteht sich als überparteiliches Forum für Abgeordnete im In- und
Ausland zur Zusammenarbeit, zum Informationsaustausch, zur Entwicklung gemeinsamer Strategien und zur Beteiligung
an Diskussionen und Initiativen für die nukleare Abrüstung.
Österreich ist bei der Veranstaltung durch die Abgeordneten Petra Bayr (S) und Andreas Karlsböck (F)
vertreten.
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