Auftakt für Ausstellung „Silent Witnesses“ im Rahmen der Kampagne „16 Tage gegen Gewalt“
Eisenstadt (blms) - Den Auftakt für die landesweite Ausstellung „Silent Witnesses“ gab Frauenlandesrätin
Verena Dunst am 09.12. im Gewaltschutzzentrum Burgenland in Oberwart, das im heurigen Jahr sein 15-jähriges
Bestandsjubiläum begeht. 20 Figuren erinnern jeweils an das Schicksal einer Frau, die von ihrem Partner oder
ehemaligen Partner in den vergangenen Jahren in Österreich ermordet wurde; dabei wird auch zweier Burgenländerinnen
gedacht. Die Wanderausstellung ist eine der Aktivitäten im Rahmen der internationalen Kampagne „16 Tage gegen
Gewalt“ vom 25. November bis 10. Dezember, dem „Internationalen Tag der Menschenrechte“. Sie ist bis 12. Jänner
2015 an vier Standorten im Burgenland – in der FH Burgenland, der Frauenberatungsstelle Oberwart, im Gewaltschutzzentrum
Oberwart und in der Bezirkshauptmannschaft Güssing – zu sehen.
„Laut einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte hat jede 3. Frau in der EU seit
ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren, in Österreich ist es jede fünfte
Frau - eine alarmierende Zahl. Dabei ist Gewaltausübung durch einen nahestehenden Menschen die häufigste
Menschenrechtsverletzung an Frauen. Wir wollen den Internationalen Tag der Menschenrechte vor allem dazu nutzen,
zu signalisieren, dass es Hilfe gibt für Frauen, die von Gewalt bedroht sind. Wir haben im Burgenland ein
dichtes Netz an Einrichtungen, die Betroffenen rasch helfen können“, betont Frauenlandesrätin Dunst.
1.800 Betretungsverbote in 15 Jahren, Tendenz steigend
1999 wurde das Gewaltschutzzentrum Burgenland gegründet. Seine Aufgabe im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes
ist es, Opfern von familiärer Gewalt, seit 2006 auch von Stalking, schnell, unbürokratisch, kostenlos
und vertraulich beizustehen. „In den 15 Jahren seit Bestehen haben wir mehr als 6.500 Personen betreut“, berichtet
Zentrums-Leiterin Annemarie Reiss. Die Anzahl ist ansteigend; waren es zu Beginn noch rund 200, waren es 2013 bereits
540 betreute Personen. Rund 1.800 Betretungsverbote wurden seit der Gründung durch die Polizei verhängt,
auch deren Anzahl nimmt zu – von anfangs 64 auf 160 im Vorjahr. 88% der Opfer waren weiblich, die Täter in
92% der Fälle männlich. In rund der Hälfte der Fälle waren die Opfer Ehefrauen oder Lebensgefährtinnen,
in etwa 10% wurde der Ex-Partner gewalttätig. In der Hälfte der Fälle leben minderjährige Kinder
im Haushalt.
Muster als Warnsignale
Viele Frauen zögern zu lange, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder Anzeige bei der Polizei zu erstatten,
berichtet Reiss. „Dabei sind sich viele gar nicht bewusst, dass eine Situation, bei der Gewalt im Spiel ist, jederzeit
lebensbedrohlich werden kann“. Nach wie vor würden die meisten Tötungsdelikte von nahestehenden Personen
verübt. „Fast immer sind Muster erkennbar, die Warnsignale sein müssten“, so Reiss. Dazu zählen
etwa Morddrohungen, extremes Kontrollverhalten, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, zunehmende Gewalt, Erzwingen sexueller
Handlungen, versuchtes Erwürgen, Bedrohung mit Waffen und Trennungssituation. Experten können diese Gefährdungen
einschätzen; dabei sei das Zusammenspiel von Polizei, Gerichten, Strafjustiz und Opferschutzeinrichtungen
besonders wichtig.
Hilfe auf mehreren Ebenen
Unmittelbar nach Verhängung eines Betretungsverbotes durch die Polizei oder nach anderen Einsätzen
bei familiärer Gewalt wird das Gewaltschutzzentrum kontaktiert, dieses informiert in der Folge die Betroffenen,
die meist selbst vor Schritten gegen nahe stehende Menschen zurückscheuen. Das Gewaltschutzzentrum unterstützt
Opfer von Gewalt unter anderem durch rechtliche und psychosoziale Beratung, bei Gerichts- und Behördenkontakten,
bei Problemen mit Kindern, berät bei den weiteren rechtlichen Schritten und beim Erarbeiten von Entscheidungshilfen.
Weniger Morde durch Gewaltschutzgesetz
Jährlich eine von 300.000 Frauen in Österreich ist Opfer eines (versuchten) Tötungsdeliktes
durch einen aktuellen oder ehemaligen Partner. Im europaweiten Vergleich hat Österreich die niedrigste Mordrate,
was auf das Gewaltschutzgesetz zurückzuführen sei. Seit 2000 werden in Österreich jährlich
50 Morde verübt, in den 80er und 90er Jahren waren es 70 bis 80 Morde. 1997 wurde das erste Gewaltschutzgesetz,
1998 die Gleichstellung der Geschlechter in der Verfassung beschlossen. Die Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes
2013 brachte einen besseren Schutz der Kinder durch die Ausweitung des Betretungsverbotes im Bedarfsfall auf Schulen,
Horte oder Kindergärten.
Burgenland: dichtes Netzwerk an Gewaltschutzeinrichtungen
Im Burgenland können sich Betroffene an das Frauenhaus, das Gewaltschutzzentrum Burgenland, an eine der
sieben Frauenberatungsstellen des Landes oder die bundesweite 24-Stunden-Frauenhelpline 0800/222 555 wenden.
Das Gewaltschutzzentrum ist unter 03352/31420 von Montag bis Freitag von 9 – 12 Uhr, am Donnerstag von 17 - 20
Uhr erreichbar, per Mail unter burgenland@gewaltschutz.at, Beratungen
werden nach Vereinbarung durchgeführt.
Kostenlose Fem:Help-App
Eine neue, speziell für Frauen entwickelte Smartphone-App des Frauenministeriums bietet darüber hinaus
Hilfe in akuten Notsituationen. Nur mit einem persönlichen Pincode zugänglich, informiert diese gezielt
über Gewaltschutz, bietet die Möglichkeit zur Dokumentation von Gewaltsituationen und zum Speichern wichtiger
Daten oder Bilder von Verletzungen. Die fem:HELP-App kann als Android- oder IOS-Version unter http://frauen.bka.gv.at kostenlos heruntergeladen werden.
|