Wien (meduni wien) - Pilzinfektionen führen oft zu lebensbedrohlichen Entzündungsreaktionen mit sehr
hohen Sterblichkeitsraten. ForscherInnen der Medizinischen Universität Wien haben nun ein neues Signalmolekül
entdeckt, das die Entstehung entzündlicher Immunreaktionen des Körpers - bis hin zur Sepsis - reguliert.
Die Entdeckung dieses "Starters" hat hohes Potenzial für die Entwicklung neuer antifungaler Medikamente.
Infektionen mit invasiven pathogenen Pilzen stellen KlinikerInnen weltweit vor enorme Herausforderungen. Diese
Infektionen fordern zahlreiche Todesopfer und verursachen medizinische Gesamtkosten in dreistelliger Milliardenhöhe.
Das Heimtückische an Pilzinfektionen ist jedoch, dass oft nicht der Pilzerreger selbst zum Tod führt,
sondern die überschießende entzündliche Immunantwort (Sepsis) der betroffenen PatientInnen. Die
molekulare Entschlüsselung der Mechanismen, die zu diesen Entzündungsreaktionen führen, sind daher
essenziell, um bessere und effizientere antifungale Therapien entwickeln zu können.
Die Arbeitsgruppe von Karl Kuchler in den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Universität Wien und der Medizinischen
Universität Wien hat nun ein neues Signalmolekül entdeckt, welches massiv die Entwicklung der lebensbedrohlichen
entzündlichen Sepsis reguliert. Diese Arbeit legt auch die Grundlage für eine neue Behandlungsmethode
bei betroffenen PatientInnen: Die pharmakologische Blockade dieses Signalmoleküls bewirkt bei invasiven Pilzinfektionen
in einem Tiermodell eine massive Reduktion der Entzündung und Sepsis und ermöglicht es dem Immunsystem,
die Infektion zu neutralisieren.
"Wir konnten erstmals zeigen, dass dieses intrazelluläre Molekül an der Regulierung der Entzündungsreaktion
im Wirt beteiligt ist. Man vermutete schon lange, dass dieses Signalmolekül im Immunsystem eine Rolle spielen
muss, da es in nahezu jeder Zelle des Immunsystems vorkommt", so Kuchler. "Wir waren selber erstaunt,
dass dieses Molekül als ein Relais wirkt und die Entzündungsreaktionen bei invasiven Pilzinfektionen
über dieses Molekül gestartet wird."
In der Studie, die im Top-Journal "PloS Pathogens" publiziert wurde, konnten die AutorInnen zeigen, dass
das Signalmolekül, ein Mitglied der so genannten Familie der Tec Kinasen, die Aktivierung eines erst kürzlich
entdeckten Multiprotein-Komplexes (Inflammasome) reguliert. Das Inflammasome ist einer der wichtigsten molekularen
"Schalter" der entzündlichen Immunantwort. Außerdem konnten die WissenschafterInnen den kompletten
Signalweg entschlüsseln, in welchem der Signalüberträger wirkt. Durch die Verabreichung eines Medikaments,
das die Kinase chemisch blockiert (inhibiert), konnte die Sepsis in einem Mausmodell dramatisch reduziert werden.
Somit gelang es erstmals, die hohe Sterblichkeitsrate von invasiven Pilzinfektionen zu reduzieren.
"Der chemische Inhibitor des Signalüberträgers ist nicht ganz unbekannt, da er bereits für
die Therapie maligner Erkrankungen in klinischen Phasen getestet wird und unmittelbar vor der Zulassung steht",
erklärt Florian Zwolanek von den Max F. Perutz Laboratories sowie der Abteilung für Molekulare Genetik
der MedUni Wien und Erstautor der Studie. "Die bisherigen Studienergebnisse waren bereits sehr positiv. Dass
die Wirkung dieser Substanz jedoch auch bei Infektionskrankheiten eine so erfreuliche sein würde, hätten
selbst wir nicht erwartet".
Diese Ergebnisse könnten die Suche nach neuen und effizienten Therapien bei invasiven Infektionskrankheiten
erleichtern. Die Entdeckung könnte auch einen Paradigmenwechsel in der Behandlung von mikrobiellen Infektionskrankheiten
einleiten. Klinische antifungale Therapien könnten statt - wie bisher üblich - den Pilzerreger selbst,
vor allem die überschießende entzündliche Immunantwort der PatientInnen regulieren. Somit kann
die sogenannte unkontrollierte Immunreaktion (Sepsis) stark verzögert oder gar verhindert werden.
PLoS Pathogens
The non-receptor tyrosine kinase Tec controls assembly and activity of the noncanonical caspase-8 inflammasome,
Florian Zwolanek, Michael Riedelberger, Valentina Stolz, Sabrina Jenull ,Fabian Istel, Afitap Derya Köprülü,
Wilfried Ellmeier & Karl Kuchler.
http://www.plospathogens.org/article/info:doi/10.1371/journal.ppat.10
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