Gerald Klug und Sebastian Kurz im Dialog mit BundesrätInnen
Wien (pk) - Die drei Vorsitzenden der von neun auf elf Mitglieder erweiterten Parlamentarischen Bundesheerkommission
– zuständig für Beschwerden von SoldatInnen - müssen künftig aktive Abgeordnete sein. Außerdem
wird der Zugang von Soldatinnen zu Milizübungen erleichtert. Diese vom Bundesrat mehrheitlich befürworteten
Änderungen im Wehrgesetz standen am 18.12. an der Spitze der Tagesordnung seiner letzten Sitzung im Jahr 2014.
Einhellig stimmten die Ländervertreter dem Beitritt Österreichs zum Rahmenabkommen des Europarats über
den Wert des Kulturerbes und der Ratifikation des revidierten Europäischen Übereinkommens zum Schutz
des archäologischen Erbes zu. Ebenfalls einstimmig votierten die BundesrätInnen für den Rücktritt
Österreichs vom Gemeinsamen Rohstofffonds, weil sich dieser als zu wenig operativ erwiesen habe. Beiträge
von mehr als 1,5 Mio. € kann Österreich zurückgewinnen. Gelegenheit zu einer außenpolitischen Tour
d'horizon bot die Debatte über die Außenpolitischen Berichte 2012 und 2013. Der Schwerpunkt dieser Debatte
lag auf den Krisenherden im Nahen Osten und in der Ukraine.
Milizübungen werden für Frauen geöffnet
In der Debatte zur Änderung des Wehrgesetzes begrüßte Nicole Schreyer (G/T) die Möglichkeit
für Frauen, freiwillig an Milizübungen teilzunehmen, übte aber Kritik an der Änderung der Zusammensetzung
der parlamentarischen Bundesheerkommission, die ihrer Ansicht nach nur dazu diene, die Mehrheit der Regierungsparteien
in der Kommission zu sichern. Tatsächlich gehe es darum, jeder Fraktion im Nationalrat einen Sitz in dieser
Kommission zu wahren, erwiderte Wolfgang Beer (S/W), der im übrigen Nachholbedarf bei der Frauenquote des
Heeres sah. Der Klage von Bernhard Ebner (V/N) über zu geringes Tempo bei der Reform des Bundesheeres hielt
Verteidigungsminister Gerald Klug entgegen, eine Beschleunigung der Grundwehrdienstreform habe finanzielle Voraussetzungen,
die noch nicht gegeben seien. Klug bekannte sich zur Attraktivierung des Grundwehrdienstes und zur Verbesserung
der Situation von Frauen bei der Miliz sowie zu zusätzlichen Erwerbschancen für Frauen beim Bundesheer.
Einen von Christoph Längle (F/V) eingebrachten Entschließungsantrag zur Erhaltung der Militärmusik
in allen Bundesländern lehnte der Bundesrat ab, nahm aber einen von Wolfgang Beer (S/W) vorgelegten ÖVP-SPÖ-Entschließungsantrag
zur Erhaltung des Militärmusikwesens in Österreich mehrheitlich an.
Basis der Identität Europas ist das kulturelle Erbe
Europäische Übereinkommen zum Wert des Kulturerbes und zum Schutz des archäologischen Erbes gaben
Gottfried Kneifel (V/O) Gelegenheit, die Bedeutung der Kultur für die Identität Europas herauszustreichen.
Diese Übereinkommen erleichtern Projekte wie jene des Landes Oberösterreich, das Landesausstellungen
zum "Welterbe Donaulimes" und über "Pfahlbauten in Oberösterreich" plane. "Europa
ist mehr als ein gemeinsamer Markt und eine gemeinsame Währung", sagte Kneifel. Stefan Schennach (S/W)
stimmte zu und unterstrich die Teilhabe der Menschen am kulturellen Erbe als ein Menschenrecht, was insbesondere
für sozial Benachteiligte gelte. "Das Kulturerbe ist der Schlüssel für eine friedliche und
demokratische Entwicklung", sagte Schennach. Aus Wiener Sicht kritisierte Reinhard Pisec (F/W) die mangelnde
Rücksichtnahme der rot-grünen Stadtverwaltung auf das kulturelle Erbe der Stadt. Barockhäuser, Jugendstilvillen
blieben unsaniert, sagte Pisec, der sich gegen Hochhausprojekte in Wien wandte. Für problematisch hielt es
Heidelinde Reiter (G/S), dass das Transatlantische Freihandelsabkommen keinerlei Bestimmungen zum Schutz des archäologischen
Erbes enthalte, umso mehr deshalb, weil die USA ein entsprechendes UNESCO-Abkommen nicht ratifiziert haben. Reiter
befürchtet Auseinandersetzungen mit potenten Investoren.
Lob für den Außenpolitischen Bericht und für Minister Kurz
Allgemein war der Debatte über die Außenpolitischen Berichte der letzten beiden Jahre das gemeinsame
Lob für die informativen Werke. Gerd Krusche (F/St) allerdings wünschte sich tiefergehende Analysen und
Einschätzungen. Seine Kritik galt in erster Linie einer "blauäugigen" österreichischen
Syrien- und Maghreb-Politik. Der Islamische Staat (IS) sei gefährlicher als etwa die Taliban in Afghanistan
und Pakistan, sagte Krusche und warnte vor den Expansionsbestrebungen des Kalifats über die Region hinaus.
Demgegenüber hänge eine "planlose EU-Außenpolitik" am Gängelband der USA, sagte
Krusche und warnte vor einer außenpolitischen Bedeutungslosigkeit Europas.
Die effiziente Erledigung außenpolitischer Aufgaben durch das Ressort würdigte Günther Köberl
(V/St) und sah das weltumspannende Netz der Vertretungsbehörden als wichtigen Service für ÖsterreicherInnen
weltweit und insbesondere in Krisenregionen. Köberl konzentrierte sich auf die Intensivierung der europäischen
und bilateralen Beziehungen zum EZA-Schwerpunktland Moldawien, die in der Einrichtung einer Botschaft gipfelten.
Lob erhielt Außenminister Sebastian Kurz auch für die aktive Mitgestaltung der europäischen Außenpolitik,
insbesondere im Ukraine-Russland-Konflikt. Dass sich Verhandlungen lohnten, zeige die aktuelle Annäherung
der jahrzehntelangen Feinde USA und Kuba.
Auf die Entwicklung der Beziehungen zu den Nachbarländern und zu den Balkanländern seit dem EU-Beitritt
Österreichs konzentrierte sich Susanne Kurz (S/S). Inhaltlich gehe es Österreich um die Nichtweiterverbreitung
von Massenvernichtungswaffen, um den Dialog der Zivilisationen und Themen, in denen auch kleine Länder etwas
bewegen können, etwa bei Verwaltungspartnerschaften, in denen administrativen Kapazitäten in EU-Bewerberländern
gestärkt werden. Mehr als 200 Projekte unterstützte Österreich bislang maßgeblich, sowohl
in Europa als auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit.
Auf die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ging Efgani Dönmez (G/O) ein und kritisierte Versuche
der Regierung Erdogan, kritische Zeitungen mundtot zu machen. Dieser Weg führe die Türkei nicht an Europa
heran, sondern weg von Europa. Die demokratischen Stimmen in der Türkei sollten durch Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen
unterstützt werden. Da an einer Zwei-Staaten-Lösung in Palästina kein Weg vorbeiführe, sollte
auch Österreich Palästina als eigenen Staat anerkennen, wie dies das Europäische Parlament beschlossen
hat. Edgar Mayer (V/V) sah die EU als Exporteur von Stabilität weltweit wirken und würdigte das starke
Engagement Österreichs in Krisenregionen, auf dem Balkan und in der Donau- und Schwarzmeerinitiative, die
Österreich angestoßen hat und an der sich mittlerweile 14 Länder beteiligen. Der österreichische
Vorsitz im Ministerratskomitee des Europarats sei international hoch angesehen. Mayers Einschätzung, die Leistungen
des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz werde weltweit mit einem AAA bewertet, teilte auch
Stefan Schennach (S/W), der Kurz Respekt für seinen Vorsitz im Ministerkomitees des Europarats zollte, der
mit einem Familienkonflikt zwischen den Mitgliedern Ukraine und Russland umgehen müsse. Die Beendigung des
über 50-jährigen Konflikt zwischen den USA und Kuba sei ein Stück Weltgeschichte, das in diesen
Tagen Barack Obama und Raul Castro schreiben. Dieselbe Hoffnung richtete der Redner auf den Konflikt zwischen Russland
und der Ukraine. Denn Russland sei ein Teil Europas und Russland solle in dieser Gemeinschaft bleiben. Dabei gehe
es auch um den direkten Zugang von 200 Millionen Menschen zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Der Ansicht Schennachs, die Hamas sei ein Dialogpartner im Friedensprozess in Palästina, widersprach Marco
Schreuder (G/W), da es für Hamas-Mitglieder eine heilige Pflicht sei, Juden zu töten. "Was sonst
ist als Terrorismus zu bezeichnen", fragte Schreuder seinen Vorredner. Schreuder sah die Gefahr eines neuen
Kalten Krieges und betonte die Notwendigkeit des globalen gemeinsamen Kampfes gegen den Klimawandel, auch im Interesse
der Menschenrechte.
Kurz will bei der Anerkennung Palästinas wohlüberlegt vorgehen
Außenminister Sebastian Kurz riet, bei der Anerkennung Palästinas wohlüberlegt vorzugehen, weil
man eine solche Entscheidung nur einmal treffen könne, eine Anerkennung ohne Fortschritte im Friedensprozess
aber niemandem helfen würde. Österreich stehe zur Zwei-Staaten-Lösung im Einklang mit Fortschritten
im Friedensprozess mit Israel. In der Ukraine bewertete Kurz den nunmehr stabileren Waffenstillstands und die Nutzung
der neuen Kommission positiv. Man müsse sehen, dass dieser Konflikt mehrere Wurzeln habe. Wichtig sei es jedenfalls,
demokratische und rechtsstaatliche Entwicklungen zu unterstützen. Blockdenken zwischen EU und Eurasischer
Wirtschaftsgemeinschaft sei zu überwinden, mit Russland zu sprechen Aggressionen und Völkerrechtsbrüche
aber zu sanktionieren.
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