Wien (bgf) - Die vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene Studie über "Rechtliche
Rahmenbedingungen und Erfahrungen bei der Umsetzung von Patientenverfügungen" hat gezeigt, dass die Patientenverfügung
in der Bevölkerung zwar bekannter ist als noch bei der Erhebung von 2009, tatsächlich aber nur wenige
Personen eine Patientenverfügung errichten. Gründe für die geringe Zahl sind einerseits die Scheu
vor einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod, andererseits der damit verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand.
"Die Patientenverfügung soll nicht isoliert von anderen Instrumenten zur Selbstbestimmung, wie zum Beispiel
die Vorsorgevollmacht, betrachtet werden", erklärt Gerhard Aigner, Sektionsleiter im Bundesministerium
für Gesundheit. "Selbstbestimmung und Autonomie sind eine Frage der Menschenwürde und der Menschenrechte.
Ich sehe es als Aufgabe der Gesundheitspolitik, gezielt über die Möglichkeiten zur Selbstbestimmung am
Ende des Lebens zu informieren", so Aigner weiter.
Auf Seiten der Angehörigen der Gesundheitsberufe mangelt es an Informationen über die Patientenverfügung
ebenso wie an einem Bewusstsein für deren Bedeutung. Nur sehr Wenige sprechen ihre Patientinnen und Patienten
darauf an, ob eine Patientenverfügung vorliegt oder klären sie über die Möglichkeit einer Errichtung
auf. "Die Stärkung des individuellen Willens von Patientinnen und Patienten für Behandlungsentscheidungen
ist ein wichtiger Schritt im Sinne von Patientenrechten. Die Studie zeigt jedoch eine Tendenz zu einer Entscheidungsdelegation
an Ärztinnen und Ärzte bzw. an Angehörige. Es wäre zu diskutieren, ob das jetzige Maß
an Autonomie bei Behandlungsentscheidungen für viele Menschen ohne eine entsprechende Unterstützung eine
Überforderung oder gar eine Zumutung bedeutet", erklärt Ulrich Körtner, Vorstand des Instituts
für Ethik und Recht in der Medizin an der Universität Wien und Leiter des Studienprojekts. "Über
das Sterben zu sprechen, fällt vielen Angehörigen der Gesundheitsberufe nach wie vor schwer. Die routinemäßige
Abfrage nach einem Instrument der Selbstbestimmung, das über die Wünsche und Vorstellungen der Patientinnen
und Patienten informiert, sollte Teil des Qualitätsmanagements in einer Gesundheitseinrichtung sein",
fordert Körtner.
Katharina Leitner vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin und verantwortlich für den empirischen
Teil der Studie merkt an, dass die Errichtung einer Patientenverfügung stark von den soziodemographischen
Faktoren wie Alter, Ausbildung oder Einkommen abhängt. "Nicht jeder weiß, wie eine Patientenverfügung
zu errichten ist und kann sich die Kosten dafür leisten", stellt Leitner fest.
Die Studie hat auch gezeigt, dass valide Daten und Statistiken über den Einsatz von Patientenverfügungen
in Österreich fehlen. Christian Kopetzki, ebenfalls vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin,
schlägt vor, den Mangel einer zentralen Registrierung mit rechtlichen Mitteln zu beheben. "Auch Unsicherheiten
über die Wirksamkeit ausländischer Patientenverfügungen, die Voraussetzungen eines Widerrufs oder
Notfälle lassen sich durch gesetzliche Präzisierungen mindern", so Kopetzki. Laut Umfrage haben
4,1 Prozent der in Österreich lebenden Bevölkerung eine Patientenverfügung errichtet. Das entspreche
in absoluten Zahlen etwa 348.000 Personen. Zählt man jedoch die bei den Patientenanwaltschaften, der Notariats-
und der Rechtsanwaltskammer registrierten verbindlichen Patientenverfügungen zusammen, so sind dort nur 20.398
Patientenverfügungen erfasst. "Die Differenz kann daher kommen, dass viele Personen keine verbindliche,
sondern eine beachtliche Patientenverfügung haben, sie also alleine oder nur mit dem Hausarzt errichtet und
nicht registriert haben. Es ist aber auch davon auszugehen, dass es bezüglich der Patientenverfügung
viele Fehleinschätzungen gibt", erklärt Katharina Leitner den großen Unterschied.
Eine verbindliche Patientenverfügung muss nach einer umfassenden ärztlichen Aufklärung entweder
von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin, einem Notar oder einer Notarin oder einem rechtskundigen
Mitarbeiter oder Mitarbeiterin bei der Patientenanwaltschaft rechtlich bestätigt werden. Sie kann dann im
Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats oder der österreichischen Rechtsanwälte
registriert werden. Für die Errichtung entstehen in der Regel Kosten von mehreren hundert Euro. Sie gilt für
einen Zeitraum von fünf Jahren und muss danach erneuert werden.
Die Studie "Rechtliche Rahmenbedingungen und Erfahrungen bei der Umsetzung von Patientenverfügungen"
ist auf der hier > auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit abrufbar.
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