Jugendprojekt im Rahmen des „Club de Strasbourg“
Graz (stadt) - Graz wurde im Jänner 2012 als erste österreichische Stadt Mitglied im „Club de
Strasbourg". Dieser Club ist ein breit angelegtes Städtenetzwerk, das anlässlich der EU-Osterweiterung
in Zusammenarbeit mit dem Europarat im Jahr 2003 gegründet wurde. In diesem Rahmen hat Graz den Vorsitz im
„Green Energy Committee" inne und ist damit Impulsgeber für wirtschaftliche und wissenschaftliche Kooperationen
im Umweltbereich.
Am Jugendprojekt „Cities for You, Cities for Europe (CT4EU)", das am 1. September 2012 startete und am 30.
November 2014 endete, nahmen acht Mitglieder des „Club de Strasbourg" teil: Arad und Iasi (beide in Rumänien),
Dresden (Deutschland), Graz, Kaunas (Litauen), Stara Zagora (Bulgarien), Straßburg (Frankreich) und Trikala
(Griechenland). Das Hauptziel bestand darin, möglichst vielfältige Projekte zu entwickeln, in denen die
Beteiligung junger Menschen an Politik verstärkt werden kann, auf regionaler ebenso wie auf europäischer
Ebene. Finanziert wurde dieses Projekt mit Unterstützung der Europäischen Kommission im Rahmen des Programmes
„Europa für Bürgerinnen und Bürger". Das Programm umfasste jährliche Netzwerktreffen in
Straßburg sowie Treffen in Dresden und Trikala.
Anlässlich des Abschlusses des Projektes CT4EU bedankten sich Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner, MBA und
die Leiterin des Referates für Internationale Beziehungen, Mag.a Claudia Sachs-Lorbeck beim Delegationsleiter
aus Graz, Mag. Patrick Kratzenstein und bei dessen Team für die tatkräftige Mitarbeit an diesem Projekt.
Im Zuge seines Besuches im Rathaus beantwortete Patrick Kratzenstein auch einige Fragen.
Wie war der Austausch zwischen den einzelnen teilnehmenden Städten während des Projektverlaufes?
Patrick Kratzenstein: Durch die personelle Kontinuität innerhalb der Laufzeit dieses Projektes konnten
die Fortschritte auch abseits der Treffen koordiniert werden. Bei den Treffen konnten wir beispielsweise Grazer
Konzepte wie z.B. den Jugendgemeinderat darstellen. Für Rückfragen stand man dann jederzeit zur Verfügung.
Die Möglichkeit des Zurückgreifens auf solche Kontakte ist auch für die Zukunft sehr wertvoll.
Welche Workshops und Diskussionen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Kratzenstein: Insbesondere in Dresden gab es eine sehr große Bandbreite an Diskussionsinhalten. Bei einem
Open Space Workshop gab es vordefinierte „Themenecken" und moderierte Gruppengespräche, die es jedem
Beteiligten ermöglichten, in einem Zeitraum von einigen Stunden jederzeit die Gruppe zu wechseln und in eine
andere „Themenecke" zu gehen. Ein solcher „Themenblock" hatte die sozialen Medien zum Inhalt, Bürgerbeteiligung
über elektronische Medien, E-Government und E-Democracy. Es war sehr anregend, darüber zu diskutieren,
wie soziale Medien eingesetzt werden können, um Jugendliche für Bürgerbeteiligung zu interessieren.
Wurde auch eine Website eingerichtet?
Kratzenstein: Nein, das Hauptziel dieses Projektes bestand darin, Entscheidungsträgern möglichst
viele kleine und größere Inputs zu geben.
Welche Projektidee hat Sie am meisten beeindruckt?
Kratzenstein: Ideen waren in zweifacher Hinsicht beeindruckend: Zum einen machten und machen sie das „Europa
der kleinen Schritte" sichtbar mit ihrem Alltagseinfluss, z.B. das Europapicknick, das auch in Graz im Juni
dieses Jahres stattfand oder der Vorschlag, den Gratiszugang zu WLAN in Städten mit einer Zugangsbeschränkung
zu versehen in Form einer vorgeschalteten Quizfrage zur EU, z.B. - Wie viele Sterne sind auf der EU-Flagge?+
Zum anderen waren und sind Ideen große Visionen wie z.B. die Vereinheitlichung des Wahlsystems. Die Abgeordneten
des Europäischen Parlaments werden in den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewählt. Jedes
Land bestimmt selbst, in welcher Form die Wahl durchgeführt wird, d.h. es gibt 28 Wahlmodi. So werden in Österreich
Listen auf nationaler Ebene erstellt, in Frankreich werden die Listen hingegen auf regionaler Ebene gewählt.
Ein Mehrheitswahlrecht würde gewährleisten, dass in definierten Sprengeln Abgeordnete auf sehr regionaler
Ebene ins EU-Parlament gewählt werden können und so die Nähe zur Bevölkerung besser „pflegen"
können.
Wurden bei der Abschlussveranstaltung von CT4EU auch schon in die Realität umgesetzte Projekte vorgestellt?
Kratzenstein: Leider noch nicht. Es wurden Ideen entwickelt, gesammelt und ausgetauscht. Die Umsetzung ist
ein anderes Blatt, das jetzt für die Zeit nach dem Projektabschluss ansteht. Es liegt zum Teil bei den beteiligten
Entscheidungsträgern auf europäischer und auf kommunaler Ebene, die entwickelten Ideen aufzugreifen und
zum Teil liegt der Ball aber auch bei den beteiligten Vereinen, die in ihren Städten eine großartige
Rolle spielen. Für die Zukunft bin ich sehr optimistisch, dass gerade Letztere durch viele neue Projektideen
auf sich aufmerksam machen werden.
Wie soll Bürgerpartizipation im Informationszeitalter Ihrer Meinung nach aussehen?
Kratzenstein: Den Stein der Weisen haben wir im Rahmen dieses Projektes zwar nicht ausgraben können, aber
wir konnten feststellen, mit welch unterschiedlichen Werkzeugen überall in Europa gearbeitet wird, um Bürgerpartizipation
zu fördern. Ich glaube daher, dass die Frage nicht pauschal beantwortet werden kann. Im Informationszeitalter
sind klassische und neue Medien letztendlich ein Werkzeug, um Interessen zu wecken. Und sie liefern dauernd Informationen,
aber man kann nicht alles über soziale Medien abwickeln. Jedoch vermögen auch diese neuen Errungenschaften
den persönlichen Kontakt und unmittelbar persönliche Erfahrungen nicht zu ersetzen. Deswegen bin ich
der Meinung, dass das Interesse besser durch direkten Kontakt geweckt wird, um anschließend über soziale
Medien die Menschen partizipieren zu lassen.
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