Wien (pr&d) - Die Auswirkung von Flutsperren bei Hochwasser kann jetzt in kürzerer Zeit noch besser
beurteilt werden. Das erlaubt die aktuelle Weiterentwicklung eines ausgeklügelten Visuelle Analyse-Systems,
das Einsatzkräften bei akutem Hochwasser wichtige Entscheidungshilfen bietet. Die Weiterentwicklung – genauso
wie das Visuelle Analyse-System – wurde unter anderem mit Unterstützung des FWF möglich und wird jetzt
in einem internationalen Fachjournal vorgestellt. Einsatzkräften erlaubt diese Innovation den effizienten
Einsatz knapper Zeit- und Computer-Ressourcen und so verbesserte Schutzmaßnahmen.
Computersimulationen sind eine effiziente Möglichkeit, Entscheidungen zu optimieren. Damit auch Einsatzkräfte
diese nutzen können, befasst sich ein Team um Prof. Eduard Gröller und Dr. Jürgen Waser an der VRVis
Forschungs GmbH seit Längerem mit dem Einsatz von Simulationen und Visualisierungen zur Unterstützung
von Hochwassermaßnahmen. So entstand das Softwaresystem Visdom, das Unterstützung für die Positionierung,
Struktur und Auswirkung von Hochwasser-Barrikaden liefert. Wesentlich dabei: Visdom braucht kein Rechenzentrum,
sondern ist auf handlichen Endgeräten direkt am Ort des Geschehens einsetzbar. Bei der steten Weiterentwicklung
von Visdom ist dem Team jetzt eine wichtige Innovation gelungen.
Analysieren statt probieren
Hintergrund der Innovation ist, dass aufwendige Berechnungen gerade in zeitkritischen Krisensituationen wertvolle
Ressourcen beanspruchen können. Deshalb hat das Team von Prof. Gröller an der VRVis Forschungs GmbH eine
Neuerung für Visdom entwickelt und diese nun in einem internationalen Journal vorgestellt. Dazu Prof. Gröller:
"Tatsächlich erreichen viele Simulationen für bestimmte Parameter unakzeptable Werte, lange bevor
sie zu Ende gelaufen sind. Dann machen weitere Berechnungen eigentlich keinen Sinn. Doch diese Werte – in stressreichen
Krisensituationen – zu erkennen, ist eine große Herausforderung. Deswegen haben wir nun sogenannte Run Watchers
entwickelt." Run Watchers sind vordefinierte Kriterien, die automatisch auf jeden Zeitschritt der Simulation
angewendet werden. Bewegen sich die Werte unterhalb einer kritischen Größe, signalisieren sie dies durch
einen grünen oder gelben Farbcode. Wird der kritische Wert erreicht, zeigen Run Watchers dies durch ein rotes
Farbsignal an. Gleichzeitig kann dann – wenn gewünscht – der Ablauf dieser Simulation automatisch abgebrochen
werden.
Ein konkretes Szenario wäre beispielsweise, dass die Auswirkung einer Flutbarriere auf den umliegenden Wasserstand
berechnet wird. Dabei gilt es, den erwarteten Verlauf des Hochwassers über Stunden oder Tage zu kalkulieren.
Zeigt die Simulation aber bereits nach wenigen Stunden simulierter Zeit negative Auswirkung durch diese spezielle
Barrikade, signalisiert dies der entsprechende Run Watcher. Die Simulation wird automatisch – oder manuell – abgebrochen
und sofort kann ein alternatives Szenario berechnet werden.
Internationale Zusammenarbeit
Bei ihren Berechnungen zur Entwicklung der Run Watchers verließ das Team um Prof. Gröller sich nicht
auf theoretische Überlegungen, sondern arbeitete eng mit der Hochwasserschutzzentrale Köln und dem Institut
für Hydrologie an der TU Wien (Prof. Blöschl) zusammen. Dazu Dr. Jürgen Waser, Koordinator und Senior
Scientist des Projekts Visdom: "Experten und Expertinnen des Hochwasserschutzes gaben uns konstruktives und
kritisches Feedback zu unserer Entwicklung. So wurde das gesamte System als sehr hilfreich angesehen. Für
bestimmte Visualisierungen zur Zusammenfassung von Entscheidungsmöglichkeiten gab es Anregungen zur Optimierung.
Diese werden wir jetzt umsetzen." Tatsächlich wurde darüber hinausgehend von der Hochwasserschutzzentrale
auch Interesse an einer gemeinsamen Weiterentwicklung auf kommerzieller Basis bekundet.
Die hohe Praxistauglichkeit von Visdom hat ihren Ursprung in mehreren grundlegenden Projekten des Wissenschaftsfonds
FWF zu den verwendeten Simulationen und Visualisierungen. Zusätzliche Unterstützungen des Wiener Wissenschafts-,
Forschungs- und Technologiefonds ermöglichten die weitere Entwicklung zu Systemen, die nun optimal auf die
Bedürfnisse von Einsatzkräften zugeschnitten sind. So leisten Wissenschaft und Forschung einen konkreten
Beitrag zum verbesserten Schutz der Bevölkerung in hochwassergefährdeten Gebieten.
Originalpublikation: Run Watchers: Automatic
Simulation-Based Decision Support in Flood Management. A. Konev, J. Waser, B. Sadransky, D. Cornel, R. A.P. Perdigão,
Z. Horváth and M. E. Gröller. IEEE Transactions on visualization and computer graphics. Vol. 20, No.
12, pp. 1873 – 1882. Digital Object Identifier 10.1109/TVCG.2014.2346930
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