Mit technischen Tricks lassen sich an der TU Wien Details im Inneren von Zellen beobachten,
die der Lichtmikroskopie lange Zeit unzugänglich waren.
Wien (tu) - Objekte, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts kann man mit Lichtmikroskopen
nicht sehen – zumindest dachte man das lange. Mittlerweile wurden aber besondere Tricks entwickelt, um diese Regel
zu umgehen. An der TU Wien gelang es mit Hilfe eines Superauflösungs-Mikroskops, die Anordnung von Proteinen
mit einer Genauigkeit im Bereich von etwa 30 Nanometern zu untersuchen. Gemeinsam mit der Universität für
Veterinärmedizin in Wien konnten damit wichtige Details über das Arbeitsweise von Mitochondrien entschlüsselt
werden, die in unseren Zellen für die nötige Energie sorgen.
Viele Lichtpunkte ergeben ein Bild
„Proteine lassen sich mit fluoreszierenden Molekülen spezifisch markieren. Mit Hilfe von Laserlicht kann man
sie dann zum Leuchten bringen“, erklärt Prof. Gerhard Schütz vom Institut für angewandte Physik
der TU Wien. Würden alle Proteine gleichzeitig fluoreszieren, würden sich die jeweiligen Flecken überlagern
und ein verschwommenes, undeutliches Bild ergeben.
Der Trick besteht nun darin, dass die Farbstoffmoleküle zwischen zwei Zuständen hin und her wechseln:
Meistens befinden sie sich im Dunkelzustand, doch manchmal wechseln sie ganz zufällig in einen aktiven Zustand
und fluoreszieren. Nimmt man nun Bilder einer winzigen biologischen Struktur auf, so sieht man auf jedem Foto bloß
einzelne helle Flecken – die meisten Moleküle senden gerade kein Licht aus. In einem Film hingegen sieht man
die einzelnen Moleküle nacheinander aufleuchten und wieder verschwinden. Man kann also mit der Zeit alle markierten
Proteine getrennt voneinander beobachten.
Jedes fluoreszierende Protein wird als heller Fleck sichtbar. Am Computer kann man das genaue Zentrum dieses Flecks
ermitteln und daraus sehr exakt den Aufenthaltsort des jeweiligen Proteins bestimmen. Aus tausenden Bildern wird
dann die Gesamtstruktur zusammengesetzt, und so entsteht ein Bild mit einer Auflösung von ungefähr 30
Nanometern – obwohl das verwendete Licht eine Wellenlänge von etwa 500-700 Nanometern aufweist.
Mit diesem Trick untersuchte das Team von Gerhard Schütz an der TU Wien gemeinsam mit der Forschungsgruppe
von Prof. Elena Pohl (Veterinärmedizinische Universität Wien) die Proteinverteilung in Mitochondrien.
Mitochondrien sind für jede Zelle lebenswichtig. Sie sorgen dafür, dass Adenosintriphosphat (ATP) hergestellt
wird – der universelle Energieträger in unseren Zellen.
Konkurrenz um Energie
Das Mitochondrium hat eine glatte Außenmembran, unter der sich eine schlingenartig aufgefächerte Innenmembran
verbirgt. „An den Einstülpungen der verschlungenen Membran findet ein ganz wichtiger Prozess der zellulären
Energiegewinnung statt, die sogenannte Atmungskette“, erklärt Gerhard Schütz. „Dabei transportieren mehrere
Proteinkomplexe Protonen über die Innenmembran und bauen damit eine elektrische Spannung auf. Diese elektrische
Spannung nutzen bestimmte Proteine, um ATP zu erzeugen.“. Allerdings haben die ATP-erzeugenden Proteine dabei einige
Gegenspieler: Uncoupling Proteine können durch durch eine Art Kurzschluss die elektrischen Ladungsunterschiede
ausgleichen.
Nach so einem Kurzschluss kann die Energie, die in der elektrischen Ladungsverteilung gespeichert war, nicht mehr
zur Produktion von ATP verwendet werden. Stattdessen entsteht Wärme. Auch dieser Effekt hat eine wichtige
biologische Funktion: Zum Beispiel bei Tieren, die Winterschlaf halten, kann dadurch die zelluläre Wärmeproduktion
reguliert werden.
„Wir haben uns die Frage gestellt, wie die Balance zwischen diesen beiden Effekten – der ATP-Produktion und der
Wärmeerzeugung – überhaupt funktionieren kann“, sagt Gerhard Schütz. „Über die Details dieser
Abläufe wusste man bisher recht wenig.“
Die Supermikroskopie allerdings konnte nun endlich Licht in diese Angelegenheit bringen: Man fand heraus, dass
beide Proteine (die ATP-erzeugende Synthase und das Kurzschluss-verursachende UCP4) an unterschiedlichen Stellen
im Mitochondrium aktiv sind. Im Inneren der Schlingen der Mitochondrien-Wand entsteht ATP, weiter außen ist
UCP4 aktiv. So lässt sich nun verstehen, warum die Konkurrenz der beiden Effekte für unsere Zellen kein
Problem ist.
„Noch gibt es hier viel zu forschen. Wir können noch nicht genau sagen, wozu das Mitochondrium UPC4 an
der Membran benötigt“, sagt Gerhard Schütz. „Eine mögliche Erklärung wäre, dass es Protonen
davon abhält, aus dem Mitochondrium auszutreten und andere Teile der Zelle zu schädigen.“ Solchen Fragen
will das Forschungsteam mit Hilfe der Supermikroskopie noch weiter nachgehen.
Die wissenschaftliche Publikation erschien am 22.12.2014 im Journal PNAS (Proceedings of the National Academy of
Sciences of the United States of America.)
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