20 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs

 

erstellt am
02. 01. 15
10.00 MEZ

Eine Erfolgsgeschichte, die es durch aktives Engagement fortzusetzen und zu vertiefen gilt – Erklärung von EU-Kommissar Johannes Hahn aus Anlass der zwanzigjährigen Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union
Brüssel/Wien (ec) - Am ersten Jänner 2015 jährt sich der EU-Beitritt Österreichs zum zwanzigsten Mal. Ohne Zweifel ein Anlass zum Feiern, denn die EU-Mitgliedschaft Österreichs ist eine einzige Erfolgsgeschichte: alle seriösen Studien bestätigen die wirtschaftlichen Vorteile der Mitgliedschaft, wie zum Beispiel den Zugang zum EU-Binnenmarkt, der zu einer Verdreifachung der Exporte geführt hat. Damit verbunden: Wachstum und Internationalisierung der Wirtschaft sowie neue Arbeitsplätze! Denn mittlerweile ist jeder vierte Arbeitsplatz in Österreich vom Export abhängig. Ich möchte in Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Vorteilen nur eine einzige beeindruckende Zahl nennen: gemäß einer aktuellen Studie der WKO haben sämtliche EU-Integrationsschritte zu einer Erhöhung der Wertschöpfung in Österreich in den letzten 20 Jahren um 63 Mrd EUR geführt. Auch die Tatsache, dass unser Land die Wirtschaftskrise relativ gut überstanden hat, ist auf die erfolgreiche gemeinsame Krisenbewältigung der EU zurückzuführen.

Aber die EU ist bei weitem mehr als eine reine Wirtschaftsunion. Sie ist ein zutiefst politisches Zukunftsprojekt. Die uneingeschränkte Reisefreiheit etwa, sowie die Möglichkeit, in jedem EU-Land zu arbeiten und zu studieren, wird vor allem von der jungen Generation geschätzt. Bis zum heutigen Tage haben 75.000 österreichische Studentinnen am Austauschprogramm ERASMUS teilgenommen.

Darüber hinaus steht die EU global für die Sicherung von Frieden, Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Standards. Das Jahr 2014 hat mit der Ukraine-Krise sowie weiteren Umbrüchen und Konflikten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft gezeigt, wie kostbar aber auch verletzlich der Friede am Europäischen Kontinent ist. In einer globalisierten Welt kann kein Land für sich alleine den Frieden sichern, dies gilt auch für die Länder mit neutralem Status wie Österreich. Dasselbe gilt für grenzüberschreitende Probleme wie Migration, Epidemien wie Ebola, Umweltkatastrophen sowie organisierte Kriminalität und die Zunahme radikaler, fundamentalistischer Bewegungen. Als EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen arbeite ich jeden Tag daran, Stabilität und Frieden in unserer unmittelbaren Nachbarschaft - und damit auch in Europa - zu sichern und die Interessen Europas zu wahren: von der Ukraine bis in den Nahen Osten; am westlichen Balkan ebenso wie in Nordafrika. Österreich leistet mit seiner Diplomatie einen wesentlichen Beitrag dazu, von seinem Engagement im Rahmen der Donaustrategie und in den Balkanländern bis zu seiner Rolle bei den Verhandlungen über das Atomprogramm des Iran.

Der heutige Tag sollte jedoch nicht nur ein Tag der Rückschau auf bereits Erreichtes sein, sondern auch Anlass zur Reflexion über die zukünftige Rolle Österreichs in der EU. Die Zustimmung zur EU hat sich in vielen Bereichen gebessert und man kann mit Recht sagen, Österreich ist in der EU "angekommen". EU-Politik wird zunehmend als Innenpolitik wahrgenommen und so schwindet auch die Distanz zwischen Nationalstaat und einem angeblich "fernen" Brüssel. Das Bewusstsein, dass die Mitgliedstaaten ein ganz zentraler Baustein des europäischen Hauses sind und die Richtung des "Projekts Europa" maßgeblich mitbestimmen, wird immer stärker und positiv anerkannt.

Damit bin ich schon bei einem Thema, das mir sehr am Herzen liegt und bei dem es sicherlich einiges an Aufholbedarf gibt: eines der wesentlichen Vorteile der EU-Mitgliedschaft Österreichs ist es, in allen Politikfeldern mitbestimmen zu können. Dieses Mitbestimmungsrecht ist eine enorme Chance, die besonderen Stärken, aber auch Anliegen eines Landes und seiner BürgerInnen in die EU einzubringen. Mit anderen Worten: das Projekt EU aktiv mitzugestalten! Hier würde ich mir mehr Engagement wünschen, von allen politischen Verantwortungsträgern, auf nationaler und Landesebene. Die Juncker-Kommission hat die Kommunikation und den Dialog mit den BürgerInnen zu einem wichtigen Schwerpunkt gemacht. Das Arbeitsprogramm der Kommission ist mit Initiativen wie dem Investitionsprogramm, Deregulierung und Verpflichtung zur Transparenz in entscheidenden Punkten den Anliegen der BürgerInnen entgegengekommen. Aber die Kommunikation über diese Zukunftsprojekte muss gemeinsame Sache sein: von den politischen Verantwortungsträgern auf allen Ebenen, bis zu den Interessenvertretern und allen BürgerInnen, die von EU-Projekten profitieren oder denen die EU ein echtes Anliegen ist. Ich hoffe daher sehr, dass diese Amtszeit auch geprägt sein wird von einem intensiven Dialog über die weitere Entwicklung und Gestaltung des gemeinsamen Projektes Europa.

Österreich ist durch die EU ohne Zweifel weltoffener, internationaler geworden. Die einstige "Insel der Seligen" ist zu einem aktiven und respektierten Partner im Verbund der Europäischen Staaten geworden. Österreichs Stimme zählt in Europa! Gerade die Juncker-Kommission legt Wert auf ein Gleichgewicht zwischen kleinen und grossen Staaten. Nicht die Grösse ist entscheidend, sondern das aktive Engagement: Länder wie Luxemburg, die baltischen oder Visegrad-Staaten zeigen es vor! In diesem Sinne hoffe ich, dass auch die kommenden Jahre eine Erfolgsgeschichte für Österreich - und die EU - bleiben werden. Und dass die Europäische Union als ein Projekt verstanden wird, das für die BürgerInnen Europas gegründet wurde und dessen positive und demokratie-politische Weiterentwicklung zu einem wesentlichen Teil von deren aktiven Engagement abhängt.

*) Der gebürtige Wiener Johannes HAHN ist EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen

 

 

 

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