Internationales Wissenschaftler-Team baut ersten Germanium-Zinn Halbleiterlaser für Siliziumchips
Jülich (fz) - Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und des Schweizer Paul Scherrer Instituts
haben gemeinsam mit internationalen Partnern den ersten Halbleiterlaser vorgestellt, der ausschließlich aus
Elementen der vierten Hauptgruppe besteht. Der Germanium-Zinn-(GeSn) Laser lässt sich daher direkt auf einem
Silizium-Chip aufbringen und schafft damit eine neue Grundlage, um Daten auf Computerchips mit Licht zu übertragen:
schneller und mit einem Bruchteil der Energie als es über klassische Kupferleitungen möglich wäre.
Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Photonics erschienen.
Der Datentransfer zwischen multiplen Kernen wie auch zwischen Logik- und Speicherelementen gilt als Flaschenhals
der sich rasant weiterentwickelnden Computertechnologie. Die Kommunikation mit Licht käme wie gerufen, um
den Datenfluss auf Computerchips sowie zwischen verschiedenen Komponenten auf dem Board zu beschleunigen und wesentlich
energieeffizienter zu gestalten. "Die Signalübertragung über Kupferverbindungen limitiert die Weiterentwicklung
von größeren und schnelleren Rechnern aufgrund der Wärmebelastung sowie der begrenzten Bandbreite
von Kupferverbindungen. Allein das Signal zur Synchronisation der Schaltkreise verbraucht bis zu 30 Prozent der
Energie - Energie, die sich durch die optische Übertragung einsparen lässt", erläutert Prof.
Detlev Grützmacher, Direktor am Jülicher Peter Grünberg Institut.
Langstrecken-Telekommunikationsnetze und Rechenzentren setzen teilweise schon seit Jahrzehnten auf optische Verbindungen.
Mit ihnen lassen sich auch über größere Entfernungen noch sehr hohe Bandbreiten erzielen. Über
Glasfaserkabel pflanzen sich die Signale praktisch verlustfrei und simultan über verschiedene Wellenlängen
fort: ein Geschwindigkeitsvorteil, von dem zunehmend auch die Mikro- und Nanoelektronik profitiert. "In vielen
Bereichen ist die Integration optischer Bauteile bereits ziemlich weit fortgeschritten. Was aber trotz intensiver
Forschung bislang fehlt, ist eine Laserquelle, die mit der Chip-Herstellung kompatibel ist", so der Leiter
des Bereichs Halbleiternanoelektronik (PGI-9).
Passendes Material für die Chip-Produktion
Grundlage der Chip-Fertigung ist Silizium, das der vierten Hauptgruppe im Periodensystem angehört. Typische
Halbleiterlaser für Telekommunikationssysteme, etwa aus Galliumarsenid, sind jedoch teuer und bestehen aus
Elementen der dritten und fünften Hauptgruppe. Das wirkt sich grundlegend auf die Kristalleigenschaften aus.
Entsprechende Laserbauelemente lassen sich daher nicht direkt auf Silizium aufbringen. Sie müssen aufwendig
extern produziert und beispielsweise nachträglich mit dem Wafer verklebt werden. Dass sich die thermischen
Ausdehnungskoeffizienten deutlich von Silizium unterscheiden, schränkt die Lebensdauer derartiger Elemente
allerdings stark ein.
Halbleiter der vierten Hauptgruppe - dazu gehört neben Silizium auch Germanium - lassen sich dagegen ohne
grundlegende Schwierigkeiten in den Herstellungsprozess integrieren. Doch beide Elemente sind als Lichtquelle nicht
besonders effizient. Sie zählen zu den sogenannten indirekten Halbleitern. Im Gegensatz zu einem direkten
Halbleiter geben sie im angeregten Zustand in erster Linie Wärme und nur wenig Licht ab. Forschergruppen auf
der ganzen Welt verfolgen daher intensiv das Ziel, die Materialeigenschaften von Germanium so zu manipulieren,
dass es sich zur Verstärkung optischer Signale und damit als Laserquelle nutzen lässt.
Verbindung mit hohem Zinngehalt
Den Wissenschaftlern vom Jülicher Peter Grünberg Institut ist es nun erstmals gelungen, einen "echten"
direkten Gruppe-IV-Halbleiterlaser durch die Verbindung von Germanium und Zinn, das ebenfalls der vierten Hauptgruppe
angehört, herzustellen. "Entscheidend für die optischen Eigenschaften ist der hohe Zinngehalt. Wir
konnten erstmals über zehn Prozent Zinn in das Kristallgitter einbauen, ohne dass es seine optische Güte
verliert", berichtet Doktorand Stephan Wirths. "Die Funktion des Lasers ist allerdings bisher auf tiefe
Temperaturen von bis zu minus 183 Grad Celsius beschränkt, was in erster Linie daran liegt, dass wir mit einem
nicht weiter optimierten Testsystem gearbeitet haben", ergänzt Dr. Dan Buca.
Gemeinsam mit seinen Kollegen aus der Abteilung von Prof. Siegfried Mantl am PGI-9 hat Stephan Wirths den Laser
direkt auf einem Silizium-Wafer aufgebracht, dessen Eigenschaften anschließend am Schweizer Paul Scherrer
Institut vermessen wurden. Der Doktorand Richard Geiger hat die Laser-Strukturen dort hergestellt. "Damit
konnten wir nachweisen, dass die Germanium-Zinn Verbindung optische Signale verstärken kann und darüber
hinaus in der Lage ist, Laserlicht zu erzeugen", berichtet Dr. Hans Sigg vom Labor für Mikro- und Nanotechnologie.
Für den Nachweis wurde der Laser optisch angeregt. Nun arbeiten die Jülicher Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe
von Dr. Dan Buca daran, Optik und Elektronik noch stärker zu verschränken. Der nächste große
Schritt ist jetzt, das Laser-Licht mit Strom zu erzeugen, möglichst ohne Kühlung. Ziel ist es, einen
elektrisch gepumpten Laser zu fabrizieren, der bei Raumtemperatur funktioniert.
Neue Wellenlänge für neue Anwendungen
Sehen kann man den Laserstrahl mit dem bloßen Auge übrigens nicht. GeSn absorbiert und emittiert
Licht im Wellenlängenbereich von 3 Mikrometer. An dieser Grenze des nahen und mittleren Infrarotbereichs weisen
auch viele Kohlenstoffverbindungen starke Absorptionslinien auf: Klimagase etwa oder Biomoleküle. Detektoren
aus GeSn versprechen somit neue Möglichkeiten , diese Verbindungen nachzuweisen.
Von dem neuen Lasermaterial könnten daher neben Computerchips auch völlig neue Anwendungen profitieren,
die aus Kostengründen bisher kaum verfolgt wurden: Gassensoren und implantierbare Chips für medizinische
Anwendungen etwa, die mittels spektroskopischer Analyse Informationen über den Blutzuckerspiegel und andere
Parameter ermitteln. Kostengünstige und tragbare Sensorik, zum Beispiel in ein Smartphone integriert, könnte
in Zukunft Echtzeitdaten von Stoffverteilungen in der Luft und im Boden liefern und damit einen Beitrag zum besseren
Verständnis der Wetter- und Klimaentwicklung liefern.
Originalpublikation
Lasing in direct bandgap GeSn alloy grown on Si
S. Wirths, R. Geiger, N. von den Driesch, G. Mussler, T. Stoica, S. Mantl, Z. Ikonic, M. Luysberg, S. Chiussi,
J.M. Hartmann, H. Sigg, J.Faist, D. Buca and D. Grützmacher
Nature Photonics (published online 19 January 2015), DOI: 10.1038/nphoton.2014.321
Teile der Arbeit wurden durch den Schweizerischen Nationalfonds SNF gefördert. Die Untersuchung von Wachstumsprozessen
mittels CVD (Chemische Gasphasenabscheidung, engl. chemical vapor deposition) erhielt Mittel aus dem 7. EU-Forschungsrahmenprogramm
(Grant 115 Agreement Nr. 619509, Projekt E2SWITCH) und dem BMBF-Projekt UltraLowPow (16ES0060 K).
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