Innsbruck (universität) - Ein Quantennetzwerk benötigt effiziente Schnittstellen, über die Information
von Materie auf Licht und umgekehrt übertragen werden kann. Wie dieser Informationstransfer unter Ausnutzung
eines kollektiven Quantenphänomens optimiert werden kann, zeigen Innsbrucker Physiker um Rainer Blatt und
Tracy Northup nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters.
Seit einigen Jahren sind Quantencomputer keine reine Theorie mehr. Im Labor haben Forscher die ersten Bausteine
eines zukünftigen Quantenrechners bereits realisiert und erfolgreich getestet. Über ein Dutzend unterschiedliche
Technologien kommen dabei zum Einsatz. Der am weitesten fortgeschrittene Ansatz sind Ionenfallen, in denen einzelne
geladene Atome mit Hilfe von Lasern sehr gut kontrolliert werden können. Diese Idee wurde von Ignacio Cirac
und Peter Zoller entwickelt und von einem Team um den Innsbrucker Experimentalphysiker Rainer Blatt federführend
in die Realität umgesetzt. Die Gruppe am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck
hat 2013 auch erstmals die Quanteninformation eines in einer Ionenfalle gespeicherten Atoms gezielt auf ein Photon
übertragen und damit den Grundbaustein für eine Schnittstelle zwischen Quantenprozessoren und Lichtleitern
geschaffen. Nun haben die Physiker um Blatt dieses Interface noch einmal verbessert, indem sie sogenannte superradiante
Zustände ausnutzen.
Zuverlässige Schnittstelle
„Will man ein Quantennetzwerk mit gefangenen Ionen realisieren, benötigt man ein effizientes Interface,
über das die Quanteninformation von Teilchen auf Photonen übertragen werden kann“, erklärt Projektleiterin
Tracy Northup aus dem Team von Rainer Blatt. „In unserer Schnittstelle positionieren wir zwei Ionen zwischen zwei
stark reflektierenden Spiegeln. Dann verschränken wir die Teilchen und koppeln sie beide an den optischen
Resonator.“ Die kollektive Wechselwirkung zwischen den Teilchen und dem Resonator kann nun so eingestellt werden,
dass die Erzeugung von Photonen verstärkt wird. „Diesen Zustand nennt man superradiant“, erläutert Bernardo
Casabone, der Erstautor der aktuellen Arbeit. Um die Eignung für die Quanteninformationsverarbeitung zu demonstrieren,
schreiben die Forscher einen Quantenzustand in die verschränkten Teilchen ein und übertragen diesen auf
das Photon. Aufgrund der superradianten Wechselwirkung wird das Photon fast doppelt so rasch erzeugt wie im früheren
Experiment. „Durch die Ausnutzung der Superradianz wird der Informationstransfer von den Teilchen auf das Photon
wesentlich zuverlässiger“, freut sich Casabone über das gelungene Experiment. Damit verringern sich auch
die technischen Voraussetzungen für den Bau solcher Schnittstellen.
Schreib-Lese-Einheit für Quantenspeicher
In ihrem Experiment konnten die Innsbrucker Physiker über die Wechselwirkung zwischen den Teilchen und
dem optischen Resonator auch subradiante Zustände erzeugen. Dabei wird die Emission von Photonen unterdrückt
statt verstärkt. „Auch diese Zustände sind interessant, weil die Quanteninformation dadurch für
den Resonator unsichtbar wird und so geschützt werden kann“, sagt Tracy Northup. Damit ist es sogar denkbar,
durch ein Hin- und Herschalten zwischen sub- und superradianten Zuständen die Quanteninformation in den Teilchen
gezielt abzufragen. In einem zukünftigen Quantencomputer könnten so adressierbare Lese- und Schreib-Operationen
an einem Quantenregister realisiert werden.
Unterstützt werden die Physikerinnen und Physiker der Universität Innsbruck und des Instituts für
Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bei ihren Forschungen
zu einer Quanten-Schnittstelle vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, der europäischen Union und
der Tiroler Industrie.
Publikation: Enhanced quantum
interface with collective ion-cavity coupling. B. Casabone, K. Friebe, B. Brändstatter, K. Schüppert,
R. Blatt, and T. E. Northup. Phys. Rev. Lett. 114, 023602 DOI: 10.1103/PhysRevLett.114.023602
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