Unterschiede in CEE wachsen, Zentraleuropa
 könnte 2015 Wachstums­vorsprung halten

 

erstellt am
14. 01. 15
11.00 MEZ

Angesichts zögerlicher Erholung der Eurozone und schwachen Welthandel ist Inlandsnachfrage ausschlaggebend für CEE-Wachstum, Reformen fundamental
Wien (bank austria) - Die zögerliche, wirtschaftliche Erholung der Eurozone und der schwache Welthandel werden 2015 die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern Zentral- und Osteuropas (CEE) weiter vergrößern. Insbesondere reformfreudige Volkswirtschaften sollten heuer wachsen, während Staaten mit offenen Strukturproblemen in Rezession sein werden. Das ist eine zentrale Aussage des jüngsten „CEE Quarterly“, das von UniCredit Economics & FI/FX Research quartalsweise publiziert wird und das der Konjunktur in der Region gewidmet ist. Einmal mehr stechen Zentraleuropa und das Baltikum mit einer breiten Erholung, besserer Steuermetrik sowie einer soliden Außenfinanzierungsfähigkeit hervor. Insgesamt soll die Wirtschaft in Zentral- und Südosteuropa dieses Jahr um 2,5 Prozent und 2016 um 2,9 Prozent zulegen, in der ganzen Region werden es wegen des Rückganges in Russland 0,2 bzw. 2,2 Prozent sein.

Begrenzte Impulse von globalen Exporten
Anders als zu Jahresbeginn 2014 sind die Nettoexporte derzeit in vielen CEE-Ländern eher eine Belastung als eine Triebfeder für das Wirtschaftswachstum. Denn eine verstärkte Inlands­nachfrage lässt die Importe steigen, die zögerliche Erholung der Eurozone, eine schwache Nachfrage aus anderen Schwellenmärkten sowie die Konflikte in der Ukraine und im Mittleren Osten bremsen hingegen die Exporte. Diese Faktoren sind auch dafür verantwortlich, dass die weltweiten Exporte 2015 und 2016 lediglich um 3 bis 4 Prozent jährlich zunehmen werden.

„Vor dem Hintergrund eines geringen Exportwachstums gewinnen wettbewerbsfähige Preise an Bedeutung. Dabei könnte sich die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar kurzfristig als hilfreich für CEE-Exporte außerhalb der EU erweisen. Sollte dies nicht ausreichend sein, könnten CEE-Länder mit flexiblen Wechselkursen zum Euro ihre Währungen abwerten, um die Geldpolitik zu lockern“, sagt UniCredit-Ökonom Dan Bucsa. Langfristig müssen sich jedoch die Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas zu anspruchsvolleren Produktions­standorten mit höherer Wertschöpfung entwickeln. Mit Bezug auf die Kapitalflüsse bleiben EU-Mittel das wichtigste Differenzierungsmerkmal zwischen den jüngeren EU-Mitgliedsländern und anderen Schwellenmärkten, zumal ausländische Direktinvestitionen begrenzt sind.

In der Vergangenheit ist es den CEE-Ländern leichter gefallen, ihre Marktanteile in der EU auszuweiten als in neue Märkte zu expandieren. Das gilt vor allem für die jüngeren EU-Mitgliedsländer, die ihre Marktanteile bei den Exporten innerhalb der EU zu Lasten der EWU-Peripherie, Frankreichs und Großbritanniens, ausgebaut haben. 2015 könnten die jüngeren EU-Mitgliedsländer die Peripherie bei den Marktanteilen an den inner-EU Exporten dank geringerer Produktions­kosten, flexibleren Arbeitsmärkten, geografischer Nähe und niedrigerer Steuern sogar überholen. Dennoch werden die CEE-Exporte in die EU 2015 kaum mehr als 5 Prozent wachsen.

Damit ruhen die Hoffnungen der CEE-Länder auf den USA und Deutschland. Wenngleich die UniCredit-Analysten für die USA ein stärkeres Wachstum prognostizieren, wird sich dieses Plus nur beschränkt und auf indirektem Weg, über die Nachfrage aus Deutschland, positiv auf CEE auswirken. Trotz einer graduellen Beschleunigung des quartalsweisen Wachstums wird sich die deutsche Konjunktur dieses Jahr voraussichtlich auf plus 1,2 Prozent nach 1,5 Prozent 2014 einbremsen. Nächstes Jahr könnte sich das Wachstum dann wieder auf 2,0 Prozent beschleunigen.

Handelssanktionen gegen Russland könnten heuer fallen
Neben den Wahlen in Griechenland und den unsicheren Wachstums­aussichten der EWU bleiben die internationalen Sanktionen gegen Russland die wichtigste Frage für CEE. Die Handelssanktionen könnten dabei zuerst fallen, sofern die 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union keinen Konsens über ihre Verlängerung erzielen. Werden die Handels­sanktionen teilweise zurückgenommen, könnte Russland im Gegenzug die Beschränkungen für Lebensmittelimporte lockern. Die Finanzsanktionen hingegen werden wohl solange in Kraft bleiben, bis die USA eine zufriedenstellende Lösung für die Ukraine-Krise sehen.

„Die Auswirkungen der Konflikte in der Ukraine und im Mittleren Osten auf den CEE-Handel sind bisher begrenzt. Obwohl die saisonalen Energieimporte aus Russland vermutlich zu einer Ausweitung des Handelsdefizits der CEE-Länder im letzten Quartal 2014 geführt haben, schließen wir eine starke Verschlechterung ihrer Handelsbilanzen aus“, meint Bucsa, „Der Konflikt in der Ukraine stellt erst im Wege seiner Auswirkungen auf die Eurozone und die Konjunkturaussichten Deutschlands ein größeres Risiko für Zentral- und Osteuropa dar.“

Russland ist hingegen schon kurzfristig mit dem Risiko einer Rezession und eines niedrigeren Potenzialwachstums in der Zukunft konfrontiert. Das liegt vor allem an seiner Abhängigkeit von Rohstoffexporten und der sinkenden Energie­intensität der globalen Wirtschaft, in der ein immer größerer BIP-Anteil auf den Dienst­leistungs­sektor entfällt und sich die Schwellenländer weg von der Schwerindustrie hin zu höherwertigen Produktionen entwickeln. In der Zwischenzeit kann Russland nicht auf die Energie­exporte nach Europa verzichten, die nur schwer zu ersetzen sind: So werden die beiden jüngsten Lieferverträge mit China erst 2018 rund 60 Prozent des Jahresgasexportes nach Europa erreichen.

Inlandsnachfrage – Erledigte Reformen als Unterscheidungsmerkmal
Im Fall, dass die Exporte 2015 enttäuschen, werden die CEE-Märkte eine robuste Inlandsnachfrage brauchen. Doch nicht alle Länder verfügen über diesen Polster. Für die Ukraine, Serbien und Kroatien wird es angesichts schwacher Fundamentaldaten und ungelöster Steuerthemen schwierig sein, die Rezession zu überwinden. In Russland werden Konsum und Investitionen nicht die niedrigen Rohstoffpreise und die unzureichende Außen­finanzierung ausgleichen können.

In den jüngeren EU-Mitgliedsländern wird die Belastbarkeit des Wachstums maßgeblich vom Konsum und den Investitionstreibern abhängen, die schon 2014 gewirkt haben: nämlich niedrige Inflation, dynamische Entwicklung der Arbeitsmärkte und eine akkommodative Geldpolitik.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Die Nachrichten-Rubrik "Österreich, Europa und die Welt"
widmet Ihnen der
Auslandsösterreicher-Weltbund

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at