Staatsminister Herrmann, Landeshauptleute Platter und Kompatscher fordern von EU
Innsbruck (lk) - Kriegerische Auseinandersetzungen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika treiben
tausende Menschen in die Flucht. Das weltweite Ausmaß von Flucht und Vertreibung ist so groß wie seit
dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Auch Europa sieht sich schon seit einiger Zeit mit großen Flüchtlingswellen
konfrontiert. „In einer solch schwierigen Situation kann die Europäische Union zeigen, dass sie tatsächlich
jene Wertegemeinschaft ist, als die sie sich selber darstellt“, meinen der bayerische Staatsminister Joachim Herrmann,
Tirols Landeshauptmann Günther Platter und sein Südtiroler Amtskollege Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Doch in der Asylfrage reicht die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten offenbar nicht besonders weit.
Nicht anders ist es zu erklären, dass bislang nur gut eine Handvoll der 28 EU-Staaten, darunter Italien, Österreich
und Deutschland die Hauptlast in der Unterbringung und Betreuung von Asylwerberinnen und Asylwerbern tragen. Herrmann
fordert alle EU-Staaten auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden: „Dies gilt umso mehr, da angesichts der Krise
im Nahen Osten und der brutalen Gewalt der IS im Irak der Flüchtlingsdruck auf Europa durch wirklich verfolgte
Menschen aus den Bürgerkriegen weiter steigen wird.“
Derzeit werde die Verantwortung nach unten weitergereicht: Da die EU jene Staaten, die viele Flüchtlinge beherbergen,
nicht genügend unterstütze, müssten diese Druck auf die Bundesländer bzw. Regionen ausüben,
um immer mehr AsylwerberInnen unterzubringen. Länder und Gemeinden seien dadurch stark gefordert. In Tirol
würden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Plätze für AsylwerberInnen zu schaffen, die ständig
steigende Quote sei trotzdem kaum erfüllbar. „Wir nehmen unsere Verantwortung sehr ernst: Unser erklärtes
Ziel ist es, jenen, die Schutz brauchen, Sicherheit und Betreuung zu gewähren. Doch die Quartiersuche ist
vor Ort nicht immer so einfach, wie sich das einige Wohlmeinende gerne vorstellen“, sagt Platter. Es müssen
Bedenken ausgeräumt und teilweise auch Widerstände überwunden werden, um eine gute Betreuung sicherstellen
zu können.
Gerade Bayern, Tirol und Südtirol sind stark mit der Herausforderung steigender Flüchtlingszahlen konfrontiert,
liegen sie doch an einer der Hauptfluchtrouten von Süden nach Norden über den Brenner. Allein in Tirol
wurden im Vorjahr über 7000 illegal eingereiste Personen von der Polizei aufgegriffen. „Das Problem der Flüchtlinge
ist nicht ein Südtiroler, nicht ein Tiroler und auch kein Problem Bayerns, sondern ein Problem, das ganz Europa
betrifft und nur gemeinsam zu lösen ist. Das wird uns etwa täglich am Brenner bewusst. Dort stranden
Flüchtlinge, für die wir eine erste Anlaufstelle eingerichtet haben. Diese Anlaufstelle ist keine dauerhafte
Unterkunft, sondern eine Notmaßnahme, mit der wir eine humanitäre Versorgung garantieren wollen. Aber
damit ist es natürlich nicht getan. Wir brauchen Aufnahmezentren, Unterkünfte und Anlaufstellen, die
von allen Ebenen mitgetragen werden müssen. Nur wenn alle Staaten, Länder, Gemeinden und Hilfsorganisationen
Hand in Hand arbeiten, haben wir eine Chance, der Situation Herr zu werden“, so Landeshauptmann Kompatscher.
Die drei Länder wollen daher ihre Zusammenarbeit intensivieren und gemeinsam darauf drängen, dass es
zu einer gerechteren Verteilung in Europa kommt. Nach dem so genannten Dublin-System ist jener EU-Staat für
das Asylprozedere verantwortlich, über den eine Person in die EU eingereist ist. „Wir wollen und können
es nicht länger hinnehmen, dass eine Minderheit der Mitgliedsstaaten mit der Unterbringung und Versorgung
der schutzbedürftigen Menschen alleingelassen wird und die anderen kaum Verantwortung übernehmen“, fordert
Platter die EU auf, aktiv zu werden. Bayerns Innenminister Herrmann: „Es müssen endlich auf Basis nachvollziehbarer
Kriterien verbindliche Quoten festgelegt werden, nach denen die Flüchtlinge gerecht den Mitgliedsstaaten zugeteilt
werden.“ Herrmann, Platter und Kompatscher wollen sowohl über die Innenminister der drei Staaten als auch
direkt bei der Kommission Druck auf die EU ausüben, damit sie in der Asylfrage tätig wird.
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