Innsbruck (universität) - Mit Hilfe der H.E.S.S. Gammastrahlen-Teleskope haben Forscher in der Großen
Magellanschen Wolke besonders energiereiche Grammastrahlenquellen entdeckt. In der Fachzeitschrift Science berichtet
das internationale Forscherteam – unter ihnen Innsbrucker Astroteilchenphysiker um Olaf Reimer – über die
erstmalige Entdeckung solcher extremen Objekte in einer anderen Galaxie als unserer Milchstraße.
Die Große Magellansche Wolke ist eine Zwerggalaxie in nächster Nachbarschaft zur Milchstraße,
in ungefähr 170.000 Lichtjahren Entfernung von der Erde. Dort werden in sehr rascher Folge neue, massereiche
Sterne gebildet, Supernovae treten im Vergleich zur Milchstraße fünfmal so häufig auf. Die H.E.S.S.-Forscher
haben daher viel Zeit in die Suche nach den sehr energiereichen Gammastrahlen aus dieser Himmelsregion investiert.
Das größte Sternenentstehungsgebiet in der Großen Magellanschen Wolke, der Tarantel-Nebel, wurde
insgesamt 210 Stunden lang beobachtet. Zum ersten Mal gelang es dabei, Objekte bei höchsten Energien in einer
unserer Nachbargalaxien zu finden: einen extrem hellen Pulsarwind-Nebel, den hellen Überrest ein Supernova
und eine sogenannte Superblase.
Drei extreme Himmelsobjekte
Die sogenannte Superblase 30 Dor C ist das größte bekannte, Röntgenstrahlen emittierende Objekt
dieser Art. Da Superblasen als mögliche Quellen der galaktischen kosmischen Strahlung, alternativ oder ergänzend
zu einzelnen Supernovae-Überresten, diskutiert werden, bekräftigen die aktuellen Ergebnisse eine derartige
Verbindung. „Eine Superblase stellt eine neue Quellklasse für die Astrophysik bei höchsten Energien dar“,
bestätigt OIaf Reimer vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck.
Der Pulsarwind-Nebel N 157B, den das H.E.S.S. Teleskop in der Großen Magellanschen Wolke ebenfalls nachweisen
konnte, ist in vielerlei Hinsicht dem bekannten Krebsnebel in unserer Milchstraße sehr ähnlich, leuchtet
allerdings um eine Größenordnung heller als dieser. Gründe dafür sind wohl das vergleichsweise
niedrigere Magnetfeld und das intensive Sternenlicht aus benachbarten Sternentstehungsgebieten.
Der Supernova-Überrest N 132D hingegen ist den Radio- und Infrarotastronomen bereits gut bekannt. Allerdings
sendet er trotz seines Alters zwischen 2.500 und 6.000 Jahren immer noch sehr energiereiche Strahlung aus. Während
Modelle für alte Supernova-Überreste eigentlich keine Teilchenbeschleunigung in den Energiebereich der
H.E.S.S. Teleskope mehr erwarten lassen, ist N 132 D heller als die stärksten Supernova-Überreste in
unserer eigenen Galaxie. „Dieser Befund bestätigt Indizien aus früheren H.E.S.S.-Beobachtungen in unserer
Milchstraße, nachdem Supernova-Überreste offenbar Teilchen über längere Zeiträume als
bisher erwartet zu höchsten Energien beschleunigen können“, sagt Olaf Reimer.
Die Entfernung zu den Objekten in der Großen Magellanschen Wolke stellt jedoch eine außerordentliche
experimentelle Herausforderung dar: Nur durch lange Beobachtungszeiten und die Entwicklung neuer, fortgeschrittener
Methoden für die Analyse des Cherenkov-Lichts waren die Entdeckungen an der Empfindlichkeitsschwelle des H.E.S.S.
Experiments schließlich möglich.
Überraschend ist auch ein weiteres Ergebnis dieser Beobachtungen: Der Supernova-Überrest SN 1987A, Relikt
der in der Großen Magellanschen Wolke vor knapp 28 Jahren stattgefunden Supernova, ist im Gammalicht noch
immer nicht sichtbar. „Hier sind die Modelle wohl zu optimistisch, aber wir werden mit den H.E.S.S.-Teleskopen
weiter nach Signalen von SN 1987A suchen“ sagt Olaf Reimer.
Bedeutendes Resultat einer internationaler Zusammenarbeit
Sehr energiereiche Gammastrahlen entstammen natürlichen kosmischen Teilchenbeschleunigern wie Neutronensternen
und deren Teilchenwinden, Supernovae und aktiven Galaxienkernen. Die H.E.S.S.-Teleskope beobachten schwache bläuliche
und extrem kurze Lichtblitze – sogenanntes Cherenkov-Licht. Es entstammt Teilchenschauern, die entstehen, wenn
kosmische Teilchen in der Erdatmosphäre mit Luftmolekülen kollidieren. Die Teleskope werden seit 2002
von einem internationalen Konsortium in Namibia betrieben. Vor sechs Jahren wurde Österreich mit Unterstützung
des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Kollaborationspartner. Im Herbst 2012 wurde
das nunmehr fünfte und zugleich größte Teleskop eingeweiht und in den Beobachtungsbetrieb einbezogen.
Publikation: The exceptionally powerful
TeV gamma-ray emitters in the Large Magellanic Cloud. H.E.S.S. Collaboration. Science 347, 2015. DOI: 10.1126/science.1261313
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