GVO-Anbauverbot: Nationalrat begrüßt Selbstbestimmungsrecht in der EU
Wien (pk) - Große Zufriedenheit und einhellige Zustimmung herrschte am 21.01. im Nationalrat über
die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts in der EU in Bezug auf das Anbauverbot für gentechnisch veränderten
Pflanzen (GVO-Anbauverbot), zumal es unter den Parteien, in der Landwirtschaft und auch bei den KonsumentInnen
Konsens darüber gibt, dass Österreich gentechnikfrei bleibt. Davon zeugen auch mehrere diesbezügliche
angenommene Entschließungsanträge im Parlament.
Ein Wermutstropfen blieb für die Abgeordneten insofern, als es bislang aufgrund von Widerständen einiger
Mitgliedstaaten nicht gelungen ist, in der Europäischen Union ein generelles GVO-Anbauverbot durchzusetzen.
Einige Abgeordnete wie Christine Muttonen (S), Wolfgang Pirklhuber (G), Rouven Ertlschweiger (T) und Michael Ehmann
(S) bedauerten dies in ihren Wortmeldungen ausdrücklich. Ein diesbezüglicher FPÖ-Entschließungsantrag
von Philipp Schrangl (F) blieb dennoch in der Minderheit. Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser bekräftigte
in diesem Zusammenhang jedoch, dass man sich weiterhin in Brüssel für ein generelles Anbauverbot einsetzen
werde.
Ein später Erfolg für das Gentechnik-Volksbegehren
In Zukunft wird es für EU-Mitgliedstaaten möglich sein, de facto ein solches Anbauverbot auf ihrem Hoheitsgebiet
durchzusetzen, auch wenn ein gentechnisch verändertes Saatgut auf EU-Ebene zugelassen wurde. Das Europäische
Parlament hat vor kurzem mit 480 pro-Stimmen – bei 159 Gegenstimmen und 58 Enthaltungen – einer diesbezüglichen
Richtlinie zugestimmt, nachdem eine Einigung mit dem Rat erreicht worden war. Damit hat sich in dieser Frage das
Subsidiaritätsprinzip durchgesetzt. Die Kommission, deren ursprünglicher Vorschlag aus dem Jahr 2010
stammt, ist letztendlich der Argumentation einiger Länder gefolgt, wonach es sich in dieser Frage um ein "Thema
mit ausgeprägter nationaler, regionaler und lokaler Bedeutung handelt, weil es mit der Bodennutzung, den lokalen
landwirtschaftlichen Strukturen und dem Schutz oder der Erhaltung von Lebensräumen, Ökosystemen und Landschaften
verknüpft ist".
Nunmehr ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen. Firmen können einen Antrag auf Zulassung von Saatgut für
ganz Europa stellen. Die EU-Kommission verhandelt daraufhin mit dem Konzern über Ausnahmen für einzelne
Länder. Stimmt das Unternehmen nicht zu, kann in einem zweiten Verfahren erneut von einem Mitgliedstaat eine
Ausnahme beantragt werden, indem nationale Besonderheiten angeführt werden. Das Land kann damit das Anbauverbot
durchsetzen.
Die Länder, in denen kein GVO-Anbauverbot herrscht, müssen darüber hinaus durch Pufferzonen sicherstellen,
dass keine anderen Erzeugnisse verunreinigt werden und eine grenzüberschreitende Kontaminierung verhindert
wird.
Nachdem Österreich lange Zeit mit Nachdruck für das Selbstbestimmungsrecht beim GVO-Anbauverbot gekämpft
hat und dafür auch andere Länder gewinnen konnte, befasste sich heute das Plenum mit der nun vorliegenden
Lösung, die voraussichtlich noch im März in Kraft tritt. Grundlage für die Diskussion bot der Bericht
des EU-Unterausschusses, der einstimmig angenommen wurde. Der gefundene Kompromiss wurde von den Rednerinnen und
Rednern als ein Erfolg für Österreich bezeichnet. Er mache deutlich, dass sich auch ein kleines Land
in der EU durchsetzen könne, meinte etwa Georg Strasser (V). Er stelle einen riesigen politischen Erfolg für
die Bevölkerung dar, unterstrich Wolfgang Pirklhuber (G), der an das Gentechnik-Volksbegehren erinnerte, welches
im Jahr 1997 von 1,2 Millionen ÖsterreicherInnen unterstützt worden war.
Abgeordnete wünschen sich klare Kennzeichnung
Nach bisheriger Regelung wird gentechnisch verändertes Saatgut europaweit zugelassen, wenn die Europäische
Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach eingehender Prüfung und Risikoeinschätzung die
Genehmigung erteilt. Nationale Ausnahmen durchzusetzen, war dabei rechtlich schwierig, wie der ehemalige Landwirtschaftsminister
Nikolaus Berlakovich ausführte. Das innerstaatliche Anbauverbot stand auf wackeligen Beinen. Berlakovich begrüßte
daher wie Christine Muttonen (S) die vorliegende Regelung als einen guten Kompromiss, der eine klare rechtliche
Grundlage darstelle und damit Rechtssicherheit bringe. Beide zeigten sich überzeugt davon, dass dadurch die
österreichische Landwirtschaft besser geschützt ist und die Gentechnikfreiheit den österreichischen
Bäuerinnen und Bauern größere wirtschaftliche Chancen eröffnet.
Für die Abgeordneten stand zudem fest, dass die gefundene Lösung nun weiterer Schritte bedarf. Insbesondere
traten einige RednerInnen wie Rouven Ertlschweiger (T), Michael Pock (N), Franz Leonhard Eßl (V) und Elisabeth
Grossmann (S) für eine klare Kennzeichnung der Lebensmittelprodukte ein. Dies sei vor allem bei den verarbeiteten
Produkten notwendig, was für die heimischen landwirtschaftlichen Erzeuger große Vorteile bringen würde.
Auch sei es notwendig, das Zulassungsverfahren in der EU zu reformieren, urgierte Wolfgang Pirklhuber (G), der
auf das diesbezügliche Versprechen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hinwies. Rouven Ertlschweiger
brach ebenfalls eine Lanze für die Weiterentwicklung der biologischen Landwirtschaft und schlug vor, Anreizsysteme
für die Ökologisierung zu schaffen. So konnte er sich etwa vorstellten, dass die Beschaffung in Schulen,
Heimen und Krankenhäusern auf Bioprodukte umgestellt wird. Auch sollte ihm zufolge die ökologische Landwirtschaft
ein klar kommuniziertes Leitbild werden. Philipp Schrangl von der FPÖ drängte darauf sicherzustellen,
dass ein Klagsrecht amerikanischer Konzerne gegenüber der Republik Österreich ausgeschlossen bleibt.
Er bezog sich dabei auf die Schiedsgerichte im Rahmen der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den
USA (TTIP).
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