EU-Handelskommissarin erwartet positive Auswirkungen für Österreichs
Wirtschaft und Beschäftigung - Abgeordnete skeptisch
Wien (pk) – Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA (TTIP) bleibt weiter
umstritten. Dies wurde einmal mehr am 20.01. beim Gespräch zwischen der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström
mit österreichischen Abgeordneten im Parlament deutlich. Malmström zufolge ist TTIP eine gute Sache
für Österreich. Sie erwartet sich vor allem positive Effekte für Wachstum und Beschäftigung
und bekannte sich im Übrigen zu größtmöglicher Transparenz über die Verhandlungen. Die
VertreterInnen der Fraktionen konnten sich der optimistischen Einschätzung Malmströms nicht ungeteilt
anschließen und zeigten vor allem auf, dass in den Bereichen Investorenschutz und Herkunftsbezeichnung für
Lebensmittel noch Klärungsbedarf besteht.
Kopf: TTIP muss vom Parlament ratifiziert werden
Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf, der in seiner Funktion als Obmann des Ständigen Unterausschusses
des Hauptausschusses in EU-Angelegenheiten das Treffen leitete, bedauerte, TTIP habe sich zu einem Kommunikationsdesaster
entwickelt, begrüßte aber die nunmehr zu Tage tretende neue Offenheit der Europäischen Kommission
und ortete zudem ein stärkeres Problembewusstsein Brüssels. Klar war für Kopf, dass es sich bei
TTIP um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handelt, das demnach auch der Ratifikation durch die nationalen Parlamente
bedarf.
Sorge um Lebensmittelstandards und regionale Herkunftsbezeichnungen
Die Abgeordneten konfrontierten Malmström mit jenen Bedenken und Vorbehalten, von denen die österreichische
Debatte über TTIP gekennzeichnet ist. So sorgte sich ÖVP-Mandatar Hermann Schultes um die Zukunft der
hochwertigen heimischen landwirtschaftlichen Produktion und rief ebenso wie Rainer Hable von den NEOS zum Schutz
der regionalen Herkunftsbezeichnungen auf. ÖVP-Bundesrat Martin Preineder wollte die hohen österreichischen
Lebensmittelstandards gesichert wissen, während Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber vor
Dumping amerikanischer Großkonzerne zu Lasten der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe warnte. Skepsis überwog
auch beim außenpolitischen Sprecher der FPÖ, Johannes Hübner, der im Gefolge der Konkurrenz mit
der US-Agroindustrie Probleme auf die kleinstrukturierte heimische Landwirtschaft zukommen sah.
Schwere Bedenken gegen Investitionsschutzklauseln
Auch in Sachen Investorenschutz ist für die österreichischen Abgeordneten das letzte Wort noch nicht
gesprochen. Für die SPÖ äußerten Kai Jan Krainer und Christoph Matznetter die Befürchtung,
die vorgesehenen Investitionsschutzklauseln könnten zu einem Absenken der hohen europäischen Rechtsschutzstandards
führen. Werner Kogler erinnerte Malmström seitens der Grünen an die einstimmige Entschließung
des Nationalrats, in der eben diese Bedenken formuliert werden. Rouven Ertlschweiger vom Team Stronach brachte
seine Kritik am Investorenschutz mit den Worten auf den Punkt, die EU habe sich in diesem Bereich von den USA über
den Tisch ziehen lassen.
Wichtig für die Volkspartei war zudem, dass das Abkommen, wie Angelika Winzig und Wolfgang Gerstl betonten,
positive Wirkungen auf die KMU entfalte. Namens der Sozialdemokraten stellte Christine Muttonen schließlich
klar, TTIP dürfe nicht zu einer Gefährdung der öffentlichen Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge
führen.
Malmström: TTIP bringt Österreich Wachstum und Jobs
Gerade ein kleines, exportorientiertes Land wie Österreich werde von TTIP profitieren, zeigte sich Cecilia
Malmström überzeugt. Das Abkommen werde Jobs und Investitionen bringen, unterstrich sie und rechnete
dabei mit 23.500 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Von den neuen Reglementierungen und der Beseitigung der
bestehenden Handelsschranken werden ihrer Einschätzung nach in besonderem Maß auch die Klein- und Mittelbetriebe
profitieren, dies vor allem im ökologischen Bereich sowie in den Sektoren Fahrzeugindustrie und pharmazeutische
Produktion.
EU-Kommissarin kündigt Liste regionaler Herkunftsbezeichnungen an
Was nun die Sorge um die Erhaltung der hohen heimischen Standards betrifft, gab Malmström Entwarnung. Bei
Gentechnik oder Hormonen im Fleisch werde TTIP nicht in die nationalen Gesetze eingreifen, versicherte sie. Die
hohen österreichischen Lebensmittelstandards würden ebenso wenig bedroht wie die Leistungen der Daseinsvorsorge,
etwa die Wasserversorgung. Die öffentlichen Dienstleistungen seien sogar explizit vom Abkommen ausgenommen.
Geplant ist zudem die Erstellung einer Liste von geschützten regionalen Herkunftskennzeichnungen für
landwirtschaftliche Produkte. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Tiroler Speck nur aus Tirol und Feta-Cheese
nur aus Griechenland kommt. Beim Investorenschutz gebe es noch keine endgültige Entscheidung. Unter bestimmten
Bedingungen sollte dieser aber Teil des Vertrags werden, meinte Malmström und wies in diesem Zusammenhang
auf entsprechende Wünsche der USA hin.
TTIP bedarf der Zustimmung durch die nationalen Parlamente
Die Kommissarin kündigte mit Nachdruck an, die EU werde bei sämtlichen Verhandlungsschritten maximale
Transparenz walten lassen. In diesem Sinn sei auch das heutige Treffen zu sehen. Wichtig erachtete Malmström
zudem eine Einbindung der Zivilgesellschaft in den Diskussionsprozess. Abgeschlossen soll das Vertragswerk noch
in der Zeit der Obama-Administration werden. Im Übrigen ging Malmström davon aus, dass TTIP als gemischtes
Abkommen der Ratifikation durch die nationalen Parlamente bedarf, meinte aber, eine vorläufige Anwendung wäre
möglich und entspräche der auch bei anderen Abkommen geübten Praxis. Das letzte Wort hätten
aber auch in diesem Fall die Parlamente.
|