Wien (bmask/pid) - Ende 2014 hat der Nationalrat eine Gesetzesnovelle zur Bekämpfung
von Lohn-und Sozialdumping beschlossen, die seit 1. 1. 2015 in Kraft ist. Um zu gewährleisten, dass das Gesetz
in Wien so effizient wie möglich umgesetzt werden kann, haben Sozialminister Rudolf Hundstorfer und die Wiener
Vizebürgermeisterin Renate Brauner am 09.02. zu einem Sozialpartnergipfel eingeladen. Am Gipfelgespräch
nahmen neben den Sozialpartnern die kontrollierenden Behörden Finanzpolizei, Wiener Gebietskrankenkasse, Bauarbeiter-Urlaubs-
und Abfertigungskasse - BUAK sowie VertreterInnen des Magistrats der Stadt Wien teil. Ziel dieses Treffens war
es, gemeinsam die neuen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Sozialbetrug und Wettbewerbsverzerrung zu erörtern
und gleichzeitig die verstärkte Zusammenarbeit aller Verantwortlichen in die Wege zu leiten.
Brauner sieht "Schulterschluss von Bund, Stadt und Sozialpartnern gegen Schwarzarbeit und schwarzes Unternehmertum"
"Lohn- und Sozialdumping ist Betrug an der Allgemeinheit. Schwarzarbeit und schwarzes Unternehmertum sind
nicht zu tolerieren. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass durch Schwarzarbeit nicht
weitere Arbeitsplätze vernichtet werden, sondern dass die Menschen anständige Jobs mit guter Entlohnung
und sozialer Absicherung bekommen", betont Vizebürgermeisterin Renate Brauner. "Bei der Bekämpfung
von Sozialdumping geht es zum einen um die Selbstverständlichkeit, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
ein Recht auf die ihnen zustehende kollektivvertragliche Entlohnung haben. Wir wollen zum anderen auch im Interesse
der Wiener Wirtschaft verhindern, dass sich einzelne Unternehmen durch Lohn- und Sozialdumping einen Wettbewerbsvorteil
gegenüber seriösen Unternehmen verschaffen. Deswegen ist es uns enorm wichtig, in einem Schulterschluss
zwischen Bund, Stadt und Sozialpartnern gemeinsam Strategien festzulegen, damit die neuen gesetzlichen Bestimmungen
in Wien auch voll greifen können", so die Wiener Vizebürgermeisterin.
Hundstorfer: "Gesetzesreform bringt wesentliche Verbesserungen und unterbindet unlauteren Wettbewerb"
"Mit dem Lohn- und Sozialdumpinggesetz unterbinden wir unlauteren Wettbewerb und schaffen faire Bedingungen
für alle in Österreich aktiven Betriebe", so Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Mit der Novelle
wird Lohn- und Sozialdumping noch besser als bisher bekämpft werden. Unterentlohnung ist kein Kavaliersdelikt
und gehört mit aller gebotenen Härte verfolgt."
Die Gesetzesreform im Detail
Die wesentlichen Punkte der Gesetzesreform im Detail: Die Novelle beinhaltet eine Ausweitung der behördlichen
Lohnkontrolle. Davor wurde lediglich der Grundlohn kontrolliert. Neu ist die Einbeziehung aller Entgeltbestandteile
in die Lohnkontrolle. Das sind z.B. Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), Zulagen wie Gefahren-oder Nachtarbeitszuschläge
und Überstundenzuschläge.
Die Verwaltungsstrafen bei fehlenden Lohnunterlagen sind erhöht worden. Lohnunterlagen müssen jederzeit
bei Kontrollen einsehbar sein. Ist das nicht der Fall, wurden bisher 500 bis 5.000 Euro verhängt; das ist
deutlich weniger als die Strafe bei nachgewiesener Unterentlohnung. Mit anderen Worten, es kam bislang den Unternehmen
billiger, die Unterlagen gar nicht bereit zu halten. Das Strafniveau ist nunmehr auf jenes für Unterentlohnung
angehoben worden und macht künftig zwischen 1.000 bis 10.000 Euro aus. Die Strafe wegen Nichtbereithalten
der Lohnunterlagen ist pro Arbeitnehmer/in zu verhängen, für den/die die Lohnunterlagen nicht bereitgehalten
werden (bisher: Strafe pauschal pro Arbeitgeber, d.h. max. 5.000 Euro).
Wenn ein begründeter Verdacht auf eine Verwaltungsübertretung nach diesem Gesetz vorliegt und Vollstreckungsschwierigkeiten
zu erwarten sind (weil Auftragnehmer seinen Sitz im Ausland hat), können die Verwaltungsbehörden einen
vorläufigen Zahlungsstopp des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer verhängen. D.h. der Auftraggeber
darf zunächst den restlichen Werklohn nicht mehr leisten. Binnen drei Tagen hat die Behörde dann zu entscheiden,
ob der Auftraggeber anstelle des Zahlungsstopps eine Sicherheitsleistung zu erlegen hat. Anstelle eines Zahlungsstopps
kann von den Kontrollbehörden auch eine vorläufige Sicherheit - beispielsweise auch Sachleistungen wie
Baumaschinen - verlangt werden, wenn ein begründeter Verdacht auf eine Verwaltungsübertretung in Verbindung
mit Vollstreckungsschwierigkeiten - Auftragnehmer hat seinen Sitz im Ausland - vorliegt.
Es besteht auch eine Informationspflicht an die ArbeitnehmerInnen. Wenn aufgrund von Unterentlohnung ein Strafbescheid
gegen den Arbeitgeber vorliegt, müssen die betroffenen ArbeitnehmerInnen darüber informiert werden. Zudem
wurde die Verjährung im Fall des Lohndumpings neu geregelt. Bisher verjährte das Delikt der Unterentlohnung
kaum, da die Verjährungsfrist von einem Jahr erst begann, wenn nachgezahlt wurde. Nun wurde die Verjährungsfrist
auf drei Jahre ausgedehnt und beginnt mit Fälligkeit des Entgelts.
Der Auftraggeber muss nach dem Bundesvergabegesetz Auskunft verlangen, ob gegen den Auftragnehmer eine rechtskräftige
Bestrafung nach dem LSDB-G vorliegt. Da sich das Entgelt aus vielen Bestandteilen zusammensetzt, die nun alle kontrolliert
werden, können dem Arbeitgeber mitunter Fehler bei einzelnen Abrechnungen passieren, die nicht gleich zu einer
Bestrafung führen sollen. Die Behörde kann daher jetzt bei geringfügiger Unterentlohnung Nachsicht
von der Strafe üben.
AK - Präsident Kaske: "Für faire Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sorgen"
"Ein Gesetz ist erst umgesetzt, wenn es durchgesetzt ist", fordert AK Präsident Rudi Kaske, dass
"es auf keinem Fall bei Absichtserklärungen bleiben darf. Unsere gemeinsamen Vorhaben sind rasch und
effizient umzusetzen. Wir müssen für faire Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Fair für die
ArbeitnehmerInnen, die hier leben und arbeiten, fair für die, die zum Arbeiten kommen und fair für die
kleinen und mittleren Gewerbebetriebe, die sich an das Arbeits- und Sozialrecht halten."
IV-Wien Präsident Hesoun: "Umsetzung des Gesetzes sinnvoll und effizient handhaben"
IV-Wien-Präsident Wolfgang Hesoun betont die Unterstützung der Industriellenvereinigung Wien für
"wirksame Maßnahmen im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. Es ist in unser aller Interesse, unlauteren
Wettbewerb zu unterbinden und faire Bedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Unternehmen zu
schaffen." Die Umsetzung des Gesetzes solle nun sinnvoll und effizient gehandhabt werden. "Es ist dringend
geboten ein Mehr an Bürokratie für seriös wirtschaftende Unternehmen zu vermeiden. Unternehmen brauchen
ausreichend Flexibilität zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit", so Hesoun.
ÖGB Vizepräsidentin Anderl: " ÖGB setzt sich vehement für gleichen Lohn für gleiche
Arbeit am gleichen Ort ein"
ÖGB Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende Renate Anderl: "Wir müssen uns dessen bewusst
sein, dass wir nicht mehr nur nationale Arbeitsmärkte haben, sondern auch einen europäischen Arbeitsmarkt.
Der ÖGB setzt sich vehement für das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort"
ein. Das österreichische Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz ist ein extrem wirksames Instrument,
um ganz entschieden gegen jene Unternehmen vorzugehen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ihre kollektivvertraglich
geregelten Löhne und Gehälter vorenthalten, um sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das geht
nicht nur auf Kosten der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder der Unternehmer, die sich an die Gesetze
halten. Dieses Vorgehen ruiniert den gesamten Arbeitsmarkt".
WK Wien für Fairness gegenüber Unternehmern: "Wirtschaft trägt Hauptteil der Steuer- und
Abgabenlast"
Für mehr Fairness und weniger Klassenkampf in der Debatte spricht sich Georg Toifl, Vertreter der Wirtschaftskammer
Wien im waff, aus: "Viel zu oft wird vergessen, wer den größten Anteil zum Funktionieren unseres
Sozialsystems beisteuert: die mehr als 400.000 Unternehmerinnen und Unternehmer. Dass es vereinzelt zu Problemen
mit dem Lohn- und Sozialdumpinggesetz kommt, hängt vor allem mit der Komplexität der Entlohnungsregeln
in den arbeitsrechtlichen Gesetzen und Kollektivverträgen, dem schwer zu administrierenden Beitragswesen in
der Sozialversicherung sowie den hohen Einkommensunterschieden in den EU-Staaten zusammen. Selbst große erfahrene
Betriebe haben Schwierigkeiten, alles hundertprozentig korrekt umzusetzen. Die Praxis zeigt, dass es bei Prüfungen
häufig zu unterschiedlichen Auslegungen der Rechtslage kommt. Im Vordergrund muss daher stehen:
beraten statt bestrafen - und vereinfachen, anstatt alles immer komplizierter zu machen. Das ist der effektivste
Garant für ein funktionierendes Lohn- und Sozialsystem."
Wiener Sozialpartnergipfel schafft Grundlage, damit Gesetz voll greifen kann: "Aktion scharf", Schulungen,
regelmäßige Kooperationstreffen der Behörden
"Wir sind sehr froh über die Verschärfung des Gesetzes, weil es uns weitere Instrumente in die Hand
gibt, möglichen Sozialbetrug wirksam zu bekämpfen und die gleichen Spielregeln für alle durchzusetzen",
erläutert Brauner. "Wichtig ist, dass die Behörden und Sozialpartner bestmöglich zusammenarbeiten.
Mit dem Sozialpartnergipfel haben wir dafür den Weg geebnet. Damit können wir gerechte Arbeitsbedingungen
und unser hohes Sozialniveau sichern", so Brauner.
Die konkreten Ergebnisse des Sozialpartnergipfels umfassen folgende Punkte:
"Aktion scharf": In konzertierten Behörden-Aktionen wird die Einhaltung der Gewerbeordnung kontrolliert
und es wird überprüft, ob Verstöße gegen das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungs-Gesetz
vorliegen.
Schulungen für Wiener Behörden, die Gesetz vollziehen: Das neue Anti-Lohndumping Gesetz ist hoch komplex.
Das erfordert sowohl von den MitarbeiterInnen der Kontroll- als auch der Verwaltungsbehörden, die Strafbescheide
ausstellen, ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz. Für die mit der Vollziehung des Gesetzes befassten
Wiener Behörden soll es daher Schulungen mit den ExpertInnen des BMASK geben. Das soll den MitarbeiterInnen
die Möglichkeit bieten, ein qualitativ hochwertiges und detailgenaues Wissen über die neuen gesetzlichen
Bestimmungen zu erwerben, etwa im Hinblick auf die konkrete Bearbeitung von Anzeigen. Die Sozialpartner werden
dabei ebenfalls ihr arbeits- und sozialrechtliches Know-How einbringen. Halbjährliches Vernetzungstreffen
für optimale Behörden-Kooperation:
Für die Kontrolle der gesetzlichen Vorschriften zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sind verschiedene
Behörden zuständig. Eine koordinierte Vorgangsweise und ein intensiver Erfahrungsaustausch über
die rechtlichen und praktischen Problemstellungen sind daher enorm wichtig. Daher wird zweimal jährlich ein
Vernetzungstreffen stattfinden, zu dem die Stadt Wien alle verantwortlichen Organisationen und Einrichtungen, die
in der Praxis mit der Thematik befasst sind, einlädt. Ziel ist es, gemeinsam zu erörtern, wo es etwaige
Informationsdefizite, Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit oder Probleme in der Umsetzung des Gesetzes
gibt. Zusätzlich sollen durch die intensive Zusammenarbeit der Gewerbebehörde mit anderen Behörden
die Gründung von Scheinfirmen und verschiedene Formen von Scheinselbständigkeit erschwert werden.
Die wesentlichen Punkte der Gesetzesreform auf einen Blick:
- Die Lohnkontrollen durch die Behörden werden ausgeweitet, künftig werden
auch Überstundenzuschläge und nicht nur der Grundlohn überprüft.
- Die Verwaltungsstrafen bei fehlenden Lohnunterlagen werden erhöht und machen
künftig zwischen 1.000 und 10.000 Euro aus.
- Die Verwaltungsbehörden können künftig einen vorläufigen
Zahlungsstopp der Auftraggeber gegenüber den Auftragnehmern verhängen.
- Das neue Gesetz bringt auch eine Informationspflicht an die ArbeitnehmerInnen.
Diese müssen informiert werden, wenn aufgrund von Unterentlohnung ein Strafbescheid gegen den Arbeitgeber
vorliegt.
- Auch die Verjährung wurde neu geregelt.
- Zusammenfassung der Ergebnisse des Wiener Sozialpartnergipfels:
- "Aktion scharf" - konzertierte Behördenkontrollen
- Schulungen für Wiener Behörden, die Gesetz vollziehen, mit ExpertInnen
des BMASKs und der Sozialpartner
- Halbjährliches Vernetzungstreffen für optimale Behörden-Kooperation
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