EU-Kommission könnte Mutterschutz-Richtlinie
 schon bald zurückziehen

 

erstellt am
06. 02. 15
11.00 MEZ

Sozialminister Hundstorfer berichtet über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich
Wien (pk) – Die EU-Kommission will heuer Arbeitspakete zu den Themen Langzeitarbeitslosigkeit und Arbeitskräftemobilität vorlegen und überlegt, die seit dem Jahr 2008 in Diskussion stehende neue Mutterschutz-Richtlinie zurückzuziehen, sollte es nicht bald zu einer Einigung kommen. Das geht aus einem Bericht von Sozialminister Rudolf Hundstorfer an das Parlament hervor. Wie die anderen Regierungsmitglieder informiert der Sozialminister die Abgeordneten über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich.

Dem Bericht zufolge könnte es demnach unter lettischer Präsidentschaft einen letzten Anlauf geben, einen Konsens zwischen den Mitgliedstaaten der Union über eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und zusätzliche Schutzfristen für Mütter zu erzielen. Angesichts der zahlreichen offenen Punkte ist das Sozialministerium allerdings skeptisch. Auch Österreich steht in vielen Bereichen auf der Bremse und verweist nicht zuletzt auf drohende Zusatzkosten, sollte der Mutterschutz auf mehr als 16 Wochen ausgedehnt werden. Auch vom in Österreich bewährten System eines verpflichtenden absoluten Beschäftigungsverbots acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt will Hundstorfer nicht abgehen.

Wenig Bewegung ist auch in Bezug auf die beiden EU-Initiativen zur Ausweitung des Diskriminierungsschutzes außerhalb der Arbeitswelt und zu verpflichtenden Frauenquoten in Aufsichtsräten zu verzeichnen. Über beide Richtlinienentwürfe wird dem Sozialministerium zufolge weiter verhandelt. Zuletzt hat der italienische Ratsvorsitz den Richtlinienvorschlag zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, der auf eine Initiative der ehemaligen Kommissionsvizepräsidentin Viviane Reding zurückgeht, bedeutend abgeschwächt, dennoch konnten sich die zuständigen FachministerInnen bei ihrer Tagung im Dezember auf keinen Grundsatzbeschluss einigen. Auch Österreich ist laut Bericht noch unschlüssig und hat "keine abschließende Position".

Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit: EU plant Mitteilung und Empfehlungen
Was die hohe Arbeitslosigkeit in Europa betrifft, wird die EU-Kommission laut Hundstorfer voraussichtlich im 2. Quartal ein Paket zur Langzeitarbeitslosigkeit vorlegen, bestehend aus einer Mitteilung und Empfehlungen. Darüber hinaus ist geplant, die Jugendbeschäftigungsinitiative weiterzuführen und ein Paket zur Förderung der Arbeitskräftemobilität – bei gleichzeitiger Missbrauchsbekämpfung – zu schnüren. Auch der Rat der zuständigen FachministerInnen der EU-Staaten will im Bereich der Arbeitsmarktpolitik einen besonderen Fokus auf Risikogruppen – Jugendliche, langzeitarbeitslose Personen, Menschen mit Behinderung – legen.

Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt könnten auch Überlegungen der EU-Kommission haben, neue Ansätze zur legalen Migration zu schaffen und Migration durch eine intensivere Zusammenarbeit mit Drittstaaten sowie durch verstärkte Anstrengungen zur Bekämpfung illegaler Migration besser zu steuern. In diesem Zusammenhang ist auch geplant, die "Blue Card", die hoch qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten den Zugang zum Arbeitsmarkt in der EU ermöglicht, zu überprüfen.

Bereits am Tisch liegt ein Verordnungs-Vorschlag zur Intensivierung des Kooperationsnetzwerks EURES, dem neben der Europäischen Kommission die öffentlichen Arbeitsverwaltungen der EWR-Länder und der Schweiz sowie andere mit Beschäftigungsfragen befasste nationale Stellen angehören. Aufgabe des Netzwerks ist es, Dienstleistungen – Information, Beratung, Vermittlung – für Arbeitskräfte und Arbeitgeber anzubieten, die in einem anderen Mitgliedsland arbeiten wollen bzw. grenzüberschreitend MitarbeiterInnen suchen. Die Europäische Kommission schlägt nun unter anderem vor, den Datenaustausch auszuweiten, Praktika und Lehrstellen einzubeziehen, Unterstützungen für mobilitätsinteressierte Arbeitsuchende auszuweiten und ein Zulassungssystem für private Dienstleister zu schaffen.

Ebenfalls verbessert werden soll die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten bei der Prävention und Abschreckung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit. Konkret hat die EU-Kommission die Einrichtung einer gemeinsamen Plattform jener nationalen Behörden vorgeschlagen, die gegen illegale Beschäftigung vorgehen. Insbesondere geht es um Informationsaustausch, den Aufbau von Fachwissen und Analysefähigkeiten, einen Austausch über bewährte Verfahren und die Koordinierung grenzüberschreitender operativer Maßnahmen. Die Plattform wird grundsätzlich von allen Mitgliedstaaten begrüßt, noch strittig ist allerdings, ob die Teilnahme daran verpflichtend sein soll.

Um das Wachstum anzukurbeln, läuft seit Oktober 2013 ein Programm zur Vereinfachung und Verringerung des Verwaltungaufwands von Unternehmen, insbesondere für kleine und mittlere Betriebe (REFIT). In diesem Zusammenhang sollen etwa Arbeitsschutzvorschriften und Informationspflichten evaluiert sowie bestimmte Konsumentenrechte einem "Fitness-Check" unterzogen werden.

Produktsicherheit: Ursprungslandangabe weiter strittig
Im Bereich des Konsumentenschutzes ist darüber hinaus eine Überarbeitung des EU-Verordnungsentwurfs für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht geplant. Zudem soll über das 2013 vorgelegte Produktsicherheitspaket, das aus zwei Verordnungen besteht, weiter verhandelt werden. Dabei geht es zum einen um allgemeine Anforderungen an die Sicherheit von Verbraucherprodukten abseits des Lebensmittelbereichs (CPSR) und zum anderen um Marktüberwachungsbestimmungen (MSR). Über die CPSR-Verordnung gibt es laut Sozialministerium mittlerweile zwar weitgehend Konsens, allerdings können sich die EU-Mitgliedstaaten nicht auf eine verpflichtende Ursprungskennzeichnung einigen. Zwischen Befürwortern und Gegnern gebe es eine Pattstellung, heißt es im Bericht.

Österreich selbst lehnt eine Verpflichtung zur Ursprungskennzeichnung von Non-Food-Produkten mit der Begründung ab, dass die Angabe des Ursprungslands für die Bewertung der Sicherheit eines Produkts irrelevant sei und die Gefahr einer Diskriminierung von Produkten aus bestimmten Herstellungsländern berge. Zudem sei eine Ursprungslandangabe eine weitere bürokratische Belastung vor allem für kleine Unternehmen und das Ursprungsland in einer globalisierten Zulieferkette nur schwer zu bestimmen.

Trends in der Betreuungs- und Pflegepolitik sollen dem Bericht zufolge auf ExpertInnenebene weiterbehandelt werden.

 

 

 

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