Außenminister Kurz legt EU-Jahresvorschau für den Bereich
Außenpolitik vor
Wien (pk) - Der Erweiterungsprozess bleibt auch 2015 ganz oben auf der Agenda der Europäischen Union.
Außenminister Sebastian Kurz bekennt sich in seinem Bericht über das EU-Arbeitsprogramm auf dem Gebiet
der Europa- und Außenpolitik dazu, den westlichen Balkanländern eine europäische Perspektive anzubieten,
und bezeichnet diese Region als eine der außenpolitischen Prioritäten Österreichs. Hohen Stellenwert
räumt das Papier auch der Forcierung der Europäischen Nachbarschaftspolitik ein, bei der es darum geht,
Stabilität an den Außengrenzen der Union zu fördern.
Österreich unterstützt europäische Perspektive für den Westbalkan
Im Fokus des Erweiterungsprozesses stehen weiterhin die Länder des Westbalkans – Montenegro, Mazedonien, Serbien,
Albanien, Bosnien und Herzegowina und Kosovo. Erfahrungen zeigen, dass die europäische Perspektive nach wie
vor der wichtigste Motor für die Stabilisierung und Entwicklung dieser Staaten ist, heißt es dazu im
Bericht. Aufgrund der geografischen Nähe, der engen wirtschaftlichen Verflechtung und der historischen Verbundenheit
sei die Region für Österreich von besonderer Bedeutung. Klar ist für das Außenministerium
dabei, dass von der politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung insbesondere die österreichische Wirtschaft
profitiert.
Österreich begrüßt die Politik des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses und sieht darin
ein Mittel, die bilateralen, politischen und wirtschaftlichen Verbindungen der Europäischen Union
mit dem Westbalkan zu stärken und zudem den Weg für weitere Reformen zu bereiten. Mit Montenegro und
Serbien konnten darüber hinaus bereits Beitrittsverhandlungen begonnen werden, bei Mazedonien scheitert die
Aufnahme der Verhandlungen nach wie vor am Namensstreit mit Griechenland. Albanien wiederum hat seit 2014 Kandidatenstatus.
Was Bosnien und Herzegowina betrifft, will Brüssel der EU-Annäherung neue Dynamik verleihen. Die weitere
Heranführung des Kosovo an die Union hängt nach den Worten des Berichts von den Fortschritten ab, die
Pristina im Normalisierungsprozess mit Belgrad sowie in den Bereichen Justiz, Rechtsstaatlichkeit, öffentliche
Verwaltung und Aufbau einer funktionsfähigen Marktwirtschaft macht.
Wien will "maßgeschneiderte Partnerschaft" der EU mit der Türkei
Einen Sonderfall im Erweiterungsprozess stellt die Türkei dar. Die politischen Entwicklungen in der gemeinsamen
Nachbarschaft der EU und der Türkei haben den Wert einer engeren Abstimmung mit Ankara unterstrichen, heißt
es. Die EU verfolgt daher eine so genannte "Positive Agenda", die neben einer Vertiefung des außenpolitischen
Dialogs auch einen technischen Dialog unterhalb der Schwelle von Verhandlungskapiteln vorsieht. Das Außenministerium
bekräftigt einmal mehr die Präferenz Wiens für eine maßgeschneiderte Partnerschaft zwischen
der EU und der Türkei und betont, einem darüber hinausgehenden Verhandlungsergebnis könne nur mit
Einbindung der österreichischen Bevölkerung zugestimmt werden. Keinen Zweifel lässt der Bericht
daran, dass das letzte Wort dabei die österreichischen BürgerInnen in einer Volksabstimmung haben.
Europäische Nachbarschaftspolitik soll stärker auf den Reformprozess ausgerichtet werden
Einer grundlegenden Überprüfung soll die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) unterzogen werden.
Geplant ist dabei eine kohärentere Abstimmung mit der Handelspolitik, der Entwicklungspolitik und den Beteiligungen
an den internationalen Finanzinstitutionen. Besondere Bedeutung kommt im Rahmen der ENP jedenfalls der Förderung
von Stabilität an den Außengrenzen Europas zu. Handels- und Investitionsbeziehungen sollen weiter verfestigt
werden, zugleich geht es darum, die Nachbarländer zielgerichteter bei demokratischen Reformen und Wirtschaftsreformen
und insgesamt in ihrem Streben nach mehr Wohlstand zu unterstützen.
Bericht rechnet mit längerem Bestand der Russland-Sanktionen
Im Hauptfokus der Beziehungen der EU zu Russland werden weiterhin die durch den Ukraine-Konflikt hervorgerufenen
Spannungen stehen. Vor diesem Hintergrund scheint es nach den Worten des Berichts zweifelhaft, ob im ersten Halbjahr
2015 der bereits für Juni 2014 vorgesehene EU-Russland Gipfel nachgeholt werden kann. Nicht gesichert sind
daneben auch die Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen
Brüssel und Moskau sowie die Fortführung der Gespräche über eine Visa-Liberalisierung. Der
Bericht geht überdies davon aus, dass die Sanktionen der EU gegen Russland noch länger Bestand haben
werden.
Kein Eingriff in europäische Standards durch TTIP
Als einen Schwerpunkt des derzeitigen lettischen EU-Vorsitzes nennt der Bericht die Verhandlungen über das
Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Ein Abschluss ist aus Sicht der EU noch für das laufende Jahr geplant.
Außer Streit steht dabei, dass TTIP weder Europas Standards in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Soziales
und Datenschutz noch die kulturelle Vielfalt gefährden darf. In diesem Sinn werden Nahrungsmittelsicherheit
und der Schutz der persönlichen Daten nicht verhandelbar sein, stellt der Bericht klar.
Terrorismusbekämpfung: EU will stärker gegen Radikalisierung vorgehen
Ein eigenes Kapitel widmet der Bericht auch der Terrorismusbekämpfung und dem Phänomen der "Foreign
Fighters". Diesem Thema wird nicht nur in den Bereichen Justiz und Inneres, sondern auch im Rahmen des gesamten
auswärtigen Handelns der EU Priorität zukommen. Die Strategie der Union zielt dabei darauf ab, die Kooperation
und den Dialog mit den Ländern des Mittleren Ostens und Nordafrikas zielgerichtet zu intensivieren und externe
Finanzierungsinstrumente für Projekte heranzuziehen, die die betreffenden Staaten bei der Terrorismusbekämpfung
und bei der Vorbeugung gegen Radikalisierung stärken. Österreich begrüßt diesen umfassenden
Ansatz der EU und setzt dabei, wie der Bericht betont, auf eine alle Medien einschließende und auf interkulturellen
Dialog ausgerichtete strategische Kommunikation, in deren Mittelpunkt vor allem die europäischen Grundwerte
stehen. Darüber hinaus sieht sich Österreich auch gefordert, die Staaten des Westbalkans, die Herkunfts-
und Transitländer für ausländische Kämpfer darstellen, bei der Entwicklung von Maßnahmen
zur Terrorismusbekämpfung zu unterstützen.
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