ForscherInnen legen Fundament für astrophysikalische Uhr in unserer
Galaxie
Wien (universität) - Bedeutende astrophysikalische Ereignisse in unserer Milchstraße, wie kosmische
Explosionen, können mithilfe radioaktiver Isotope zeitlich zugeordnet werden. ForscherInnen der Universität
Wien, der Technischen Universität Wien, der Australian National University (ANU) und des Paul-Scherrer-Instituts
in der Schweiz ist es gelungen, die Halbwertszeit des radioaktiven Eisen-60-Isotops genau zu bestimmen. Damit legen
sie den Grundstein für eine präzise astronomische Uhr zur Erfassung von Zeitabläufen im Universum.
Die Arbeit war Teil eines experimentellen Astrophysikprogramms an der Beschleunigeranlage VERA der Universität
Wien und wurde zu einem Highlight des renommierten Fachjournals "Physical Review Letters" gewählt.
Das radioaktive Isotop Eisen-60 ist ideal dafür geeignet, als astrophysikalische Uhr Informationen über
Supernovae, Elementbildung in Sternen und auch über das frühe Sonnensystem zu liefern. "Eisen-60
erlaubt es uns, die Bildung von chemischen Elementen in massiven Sternen sozusagen 'live' zu verfolgen. Dafür
benötigen wir jedoch eine genaue Kenntnis der Halbwertszeit – also der Lebensdauer dieses Isotops", erklärt
Anton Wallner, der die aktuelle Studie an der Fakultät für Physik der Universität Wien und später
als Gruppenleiter an der australischen Nationaluniversität (ANU) in Canberra geleitet hat.
Rätsel um langjährige Unstimmigkeit gelöst
Bisher gab es zwei stark voneinander abweichende Werte: Eine Messung aus dem Jahr 1984 besagt, dass die Halbwertszeit
des Eisen-60-Isotops 1,5 Millionen Jahre beträgt, während eine Messung aus dem Jahr 2009 eine beinahe
doppelt so lange Halbwertszeit ergab. Mit ihren jüngsten Experimenten bestätigen die ForscherInnen nun
die Messungen aus dem Jahr 2009 und lösen somit das Rätsel um eine langjährige Unstimmigkeit auf
diesem Gebiet. Die genaue Halbwertszeit des radioaktiven Eisens-60 wurde nun auf 2,6 Millionen Jahre festgesetzt.
Anton Wallner führt weiter aus: "Durch diese Erkenntnis lässt sich das Isotop nun als präzise
kosmische Uhr, also als natürliches Archiv zur Erfassung von Zeitabläufen im Universum, verwenden".
Fingerzeig kosmischer Großereignisse
Das Eisen-60-Isotop kommt nicht natürlich auf unserer Erde vor. Es wird hauptsächlich in massereichen
Sternen gebildet, die am Ende ihres Lebens als Supernovae explodieren und so radioaktive Elemente im Weltraum verteilen.
Aufgrund der charakteristischen Strahlung, die die Isotope während ihres radioaktiven Zerfalls aussenden,
kann es seit kurzem mit Satelliten direkt in unserer Milchstraße beobachtet werden. Diese Strahlung liefert
Hinweise darauf, wie durch jüngste Supernovae neue Elemente entstanden sind. "Findet man natürliche
Eisen-60-Atome auf der Erde, so müssen diese aus erdnahen kosmischen Explosionen der letzten paar Millionen
Jahre stammen. Derartige Ereignisse könnten Änderungen des Klimas auf der Erde bewirkt haben, erklärt
Walter Kutschera vom VERA-Labor der Universität Wien. "Sogar die Geburt des Sonnensystems vor viereinhalb
Milliarden Jahren könnte so ausgelöst worden sein, da man die Zerfallsprodukte von Eisen-60 in Meteoriten
nachgewiesen hat."
Präzise Messung an weltweit einzigartigen Beschleunigeranlagen
Da Eisen-60-Isotope langsam zerfallen, ist es eine Herausforderung ihre Halbwertszeit genau zu messen. Die
WissenschafterInnen aus Österreich, Australien und der Schweiz verwendeten dazu "radioaktiven Abfall"
aus einer Beschleunigeranlage des Paul Scherrer Instituts, in der eine ausreichende Menge an künstlich produziertem
Eisen-60 enthalten war. Um die geringe Zahl an Atomen in der Probe genau zu bestimmen, nutzten sie eine besonders
empfindliche Technik, mit der sich die Atome direkt zählen lassen.
Die Beschleunigeranlagen VERA (Vienna Environmental Research Accelerator) der Universität Wien und das Beschleuniger-Massenspektrometer
der Australian National University zählen zu den weltweit sensitivsten Anlagen, um winzigste Spuren von seltenen
Elementen nachzuweisen. "Das Besondere an unserer Arbeit ist, dass wir den Gehalt von Eisen-60 relativ zu
einem weiteren radioaktiven Eisen-Isotop, nämlich Eisen-55, bestimmen konnten, welches genauer zu messen war",
so Wallner.
Die Ergebnisse der ForscherInnen wurden von den Herausgebern des renommierten Fachjournals Physical Review Letters
zu einem "Highlight" gewählt und in weiteren Artikeln der American Physical Society und des IOP
(Institute of Physics) vorgestellt.
Publikation in Physical Review Letters: A.
Wallner, M. Bichler, K. Buczak, R. Dressler, L.K. Fifield, D. Schumann, J.H. Sterba, S.G. Tims, G. Wallner, and
W. Kutschera. Settling the Half-Life of 60Fe: Fundamental for a Versatile Astrophysical Chronometer. Physical Review
Letters. Jänner
2015.
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