Hundstorfer kündigt weitere Impulse an: Steuerreform, Wohnbau und Bürokratieabbau
Sozialausschuss debattiert über Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Wien (pk) - Österreich sei relativ gut durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen und konnte trotz
der angespannten budgetären Lage die aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen noch verstärken,
hob Bundesminister Rudolf Hundstorfer im heutigen Sozialausschuss hervor. Anhand von drei Themenblöcken -
Arbeit und Beschäftigung, Soziales sowie Internationales und Grundsatzangelegenheiten befassten sich die
Abgeordneten mit den verschiedensten Aspekten und Herausforderungen der Sozialpolitik. Grundlage für die ausführliche
Diskussion war der aktuelle Sozialbericht 2013-2014, der auf fast 400 Seiten nicht nur über die Tätigkeiten
des Ressorts informiert, sondern auch zahlreiche Studien enthält, die u.a. die Entwicklung und Verteilung
der Einkommen in Österreich, die Lebensbedingungen, die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung sowie die
Auswirkungen der Krise zum Inhalt haben. Der Bericht wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen im Ausschuss
mehrheitlich zur Kenntnis genommen, Team Stronach und NEOS waren bei der Abstimmung nicht zugegen.
Hundstorfer: Rückgang bei der Armutsgefährdung und bei den Invaliditätspensionen
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ging auf die Eckpunkte des Berichts ein und informierte vor allem über die
Schwerpunktsetzungen im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Die in die Wege geleiteten Maßnahmen zeigen
Wirkung, war der Minister überzeugt, so konnten etwa 92.000 Personen über 50 Jahre wieder eine Beschäftigung
finden. Weitergeführt werden auch die Programme für die jungen Menschen (z.B. Job- und Lehrlingscoaching,
Ausbildungsassistenz); die in Österreich eingeführte Ausbildungsgarantie sei mittlerweile sogar ein Best-Practice-Modell
und Grundlage für die EU-Initiative "Jugendgarantie". Erfreulich sei zudem, dass trotz schwieriger
finanzieller Rahmenbedingungen die sozialen Angebote ausgebaut werden konnten, wie etwa durch die Einführung
eines Umschulungsgeldes, die Bildungsteilzeit, das Fachkräftestipendium oder die Ausdehnung der Pflegekarenz.
Als weitere Erfolge führte der Ressortchef die Anhebung des Pensionsantrittsalters um 13 Monate, den Rückgang
bei den Invaliditätspensionen um 15 %, die Verringerung bei armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Menschen
(minus 127.000) sowie die stabile Sozialquote an.
Die Regierung werde sich auf den Erfolgen nicht ausruhen, sondern weitere Schritte unternehmen, um vor allem die
steigende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, kündigte Hundstorfer an. Neben der Umsetzung einer Steuerreform
und einem weiteren Bürokratieabbau soll bald ein neues Wohnbauprogramm vorgestellt werden, das wichtige wirtschaftliche
Impulse setzen wird. Vorstellen könne er sich auch die Einführung eines Bonus-Malus-Systems, um die Anstellung
von älteren ArbeitnehmerInnen zu fördern.
Abgeordnete fordern weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
August Wöginger von der ÖVP wies ebenso wie der Minister auf den Umstand hin, dass trotz einer guten
Beschäftigungssituation die Zahl der Arbeitslosen weiter steige. Aus diesem Grund habe man auch schon in der
Vergangenheit versucht, mit entsprechenden Beschäftigungspaketen speziell für die ArbeitnehmerInnen über
50 sowie für die jungen Menschen entgegenzusteuern. Um weitere Schritte setzen zu können, müssen
die Ursachen für die Probleme genau analysiert werden, forderte er. So sollte man sich etwa fragen, warum
die Arbeitslosenrate derzeit bei den 20- bis 29-Jährigen höher sei als bei anderen Gruppen. Für
wichtig erachtete er es auch, dass Teilzeitkräfte, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, in den Betrieben
vorrangig behandelt werden.
Der vorliegende Bericht stelle eine sehr gute Informationsquelle und Diskussionsgrundlage dar, meinte SPÖ-Mandatarin
Ulrike Königsberger-Ludwig. Es sei deutlich herauszulesen, dass die Einkommensverteilung immer ungleicher
werde und die Wirtschafts- und Finanzkrise deutliche Auswirkungen auf die Lohnquote gehabt habe. Ihrer Meinung
nach könne Armut am wirksamsten durch Einkommen aus Erwerbsarbeit bekämpft werden.
FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm war der Auffassung, dass angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen die Maßnahmen
der Regierung in den letzten Jahren überhaupt nichts gebracht haben. Obwohl knapp eine halbe Million Menschen
arbeitslos sind, klagen viele Firmen, vor allem Klein- und Mittelbetriebe, über einen Fachkräftemangel,
gab er zu bedenken. Er erinnerte zudem daran, dass die Freiheitlichen vor einer Öffnung des osteuropäischen
Arbeitsmarktes gewarnt haben; die Folgen davon seien jetzt zu spüren. Sein Fraktionskollege Werner Neubauer
zeigte sich skeptisch bezüglich des vom Minister angekündigten Wohnbauprogramms; Versprechen in diese
Richtung höre man nämlich seit fast vier Jahren. Weiters sprach er die Evaluierung der bedarfsorientierten
Mindestsicherung sowie die Bekämpfung von gewerbsmäßigem Pfusch an.
Gerald Loacker von den NEOS trat für eine Forcierung der präventiven Maßnahmen ein, um die Menschen
länger im Erwerbsprozess zu halten. Er sei auch überzeugt davon, dass viele Personen gar nicht so früh
in Pension gehen wollen und gerne länger arbeiten würden. Erfreulich sei aus seiner Sicht, dass die Anzahl
der armutsgefährdeten Menschen gesunken ist. Beim Minister erkundigte sich Loacker noch nach der geplanten
Einführung eines Teilkrankenstands (bzw. Teilarbeitsfähigkeit) sowie der Ausgestaltung der Rot-Weiß-Rot-Karte.
Wenn auf der einen Seite immer mehr Menschen keinen Job finden und andererseits viele unselbstständig Beschäftigte
gerne weniger Stunden arbeiten würden, dann sollte man sich ernsthaft über eine bessere Verteilung der
bezahlten Arbeit Gedanken machen, schlug Birgit Schatz (G) vor. Auffällig sei auch, dass die Fortbildungsmaßnahmen
in Wien reduziert worden sind und dass 40- bis 50-Jährige, die eventuell etwas Neues machen wollen, keine
Unterstützungen von Seiten des AMS erhalten. Handlungsbedarf bestehe ihrer Ansicht nach vor allem bei den
untersten Einkommensschichten. Schatz befürchtete, dass die geplante Steuerreform dieser Personengruppe kaum
etwas bringen wird.
Ein sehr negatives Ergebnis der im Bericht enthaltenen Studien sei, dass Frauen noch immer eklatant weniger verdienen
als Männer, zeigte Waltraud Dietrich vom Team Stronach auf. Im Angestelltensektor erhalten weibliche Bedienstete
sogar nur 63 % des Gehalts von Männern. Ebenso beunruhigend sei die Tatsache, dass die obersten 20 % der LohneinkommensbezieherInnen
fast 50 % des gesamten "Kuchens" erhalten, die untersten 20 % jedoch nur 2 %.
520.000 Menschen fanden neuen Job durch Vermittlung des Arbeitsmarktservices
Sozialminister Rudolf Hundstorfer stellte in Beantwortung der Fragen u.a. fest, dass es schwierig sei, einzelne
Maßnahmen, die besonders gut wirken, herauszugreifen. Während etwa die Eingliederungshilfe in Oberösterreich
sehr gut angenommen wird, nehmen sie die Wiener Betriebe kaum in Anspruch, teilte er dem ÖVP-Abgeordneten
Wöginger mit. Zustimmend äußerte sich der Minister zum Vorschlag von Wöginger, Teilzeitkräfte,
die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, vorrangig zu behandeln. Es gebe bereits einige Unternehmen, die dies in
die Betriebsvereinbarungen aufgenommen haben.
Der höhere Anstieg der Arbeitslosenrate in der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen sei nicht nur auf mangelnde
Qualifikationen zurückzuführen, sondern auch darauf, dass Absolventen einzelner Studienfächer (z.B.
Politikwissenschaft, Theaterwissenschaft) größere Probleme haben, einen Job zu finden, erläuterte
der Sozialminister. Allerdings müsse man generell feststellen, dass AkademikerInnen eine sehr kurze Verweildauer
in der Arbeitslosigkeit haben. Der G-Abgeordneten Schatz gegenüber gab Hundstorfer zu bedenken, dass auf die
Kritik bezüglich der zahlreichen AMS-Kurse "Wie bewerbe ich mich richtig" reagiert wurde und eine
Reduktion stattfand. Da aber 60 % der Arbeitssuchenden nur Pflichtschulabschluss haben, denke er, dass der Besuch
eines Kurses zu diesem Thema durchaus Sinn mache. Grundsätzlich war er der Meinung, dass die MitarbeiterInnen
des AMS, die in einem schwierigen Umfeld agieren müssen, einen sehr guten Job machen. Im letzten Jahr konnten
immerhin 512.000 Menschen aus dem AMS-Bezug heraus vermittelt werden. Auch die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit
liege noch immer unter 100 Tagen.
Hinsichtlich der Kritik von Seiten des FPÖ-Mandatars Peter Wurm an der Ostöffnung des Arbeitsmarkts wies
der Minister darauf hin, dass es EU-Verträge gibt, die eingehalten werden müssen. Außerdem gebe
es 200.000 ÖsterreicherInnen, die in Deutschland und 40.000, die in der Schweiz arbeiten.
Das von Loacker angesprochene Senioritätsprinzip in den Gehaltsschemata werde nach Auffassung von Hundstorfer
überbewertet. Dies betreffe nur mehr einzelne Brachen, wie etwa die Versicherungen oder die Banken; dort sind
aber wieder überproportional viele ältere Arbeitnehmer beschäftigt. Auf die Fragen der Abgeordneten
Waltraud Dietrich (T) führte der Minister aus, dass insgesamt 394 Mikrokredite vergeben wurden; 18 Mal kam
es zu Ausfällen. Der von ihr angesprochene Dienstleistungsscheck entwickle sich gut und soll noch weiter beworben
werden. Nicht zufrieden zeigte er sich auch mit den großen Gehaltsunterschieden zwischen Männern und
Frauen. Als Gegenstrategien propagierte Hundstorfer die Förderung von Frauen in technischen Berufen, den Ausbau
von Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die transparente Darstellung der Einkommen.
Armutsgefährdung: Vor allem Frauen betroffen
Das Thema Armutsgefährdung dominierte den weiteren Teil der Ausschussdebatte über den Sozialbericht in
Zusammenhang mit Pensionen und der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Besonders bedroht von Armut seien alleinstehende
Pensionistinnen und Alleinerzieherinnen, waren die Mandatarinnen Elisabeth Pfurtscheller (V) und Carmen Schimanek
(F) überzeugt, wobei letztere auch Mehrkindfamilien als Risikogruppe anführte. "Armutsgefährdung
ist weiblich", formulierte Schimanek ihre Sicht der Lage.
Konsens bestand unter den beiden Politikerinnen zudem, Teilzeitbeschäftigung sei nicht als Grund für
Armut bei Frauen zu verteufeln. Viele würden freiwillig nicht Vollzeit arbeiten, damit sie mehr Zeit der Familie
widmen könnten oder weil es keine geeigneten Arbeitsplätze in der Region gebe. Für Pfurtscheller
ist vor diesem Hintergrund entscheidend, das Pensionssplitting zwischen Eltern im Rahmen der Kindererziehung bekannter
zu machen und es über das vierte Lebensjahr des Kindes hinaus auszudehnen. Gerald Loacker (N) plädierte
wie die ÖVP-Abgeordnete für eine aktive Umsetzung des Pensionssplittings, allerdings führte er die
bestehenden Unterschiede in der Pensionshöhe von Frauen und Männern vorrangig auf das niedrigere Pensionsantrittsalter
bei Frauen zurück und forderte hier Reformen zur Angleichung der Versicherungszeiten.
Laut Sozialbericht betrug 2013 die durchschnittliche Alterspension bei Männern 1.500 , bei Frauen 899 ,
bei den Invaliditätspensionen kamen Männer auf 1.113 , Frauen auf 740 . Der Großteil 37 Mrd.
bzw. 68,3% - der gesetzlichen Sozialversicherungssaufwendungen von 54 Mr. entfiel 2013 auf die Pensionsversicherung.
Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter betrug 58,5 Jahre, Frauen traten knapp zwei Jahre früher als Männer
mit 57,5 Jahren - den Ruhestand an.
Dass Armut vor allem Frauen treffe, konstatierte Judith Schwentner (G) genauso wie ihre VorrednerInnen; sie sieht
aber als Grund zu niedrige Löhne und prekäre Arbeitsverhältnisse. In diesem Zusammenhang brach sie
eine Lanze für Steuergerechtigkeit, konkret in Form von Vermögenssteuern. Immerhin würden Einkommen
aus Unternehmen und Vermögen eine höhere Steigerungsrate aufweisen als Arbeitseinkommen, zitierte sie
aus dem Sozialbericht. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) schütze nicht vor Armut, unterstrich
Schwentner in Reaktion auf eine Anmerkung August Wögingers (V), die Höhe der Mindestsicherung müsse
sich stärker vom Arbeitseinkommen unterscheiden. Nur so würden echte Anreize zur Rückkehr in den
Arbeitsmarkt geschaffen, analysierte der ÖVP-Mandatar und empfahl, dies in den laufenden Neuverhandlungen
zur Bund-Länder-Vereinbarung über die BMS zu berücksichtigen.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer stellte daraufhin klar, eigene Zuzahlungen der Bundesländer zur österreichweit
einheitlich geregelten Mindestsicherung könnten nicht untersagt werden. Die BMS stelle ein gesetzliches Grundgerüst
dar. Auf Grund der Länderkompetenz im Vollzug der Leistungen ergäben sich aber Differenzen in der Höhe
der BMS, zumal die Wohnkosten in den Bundesländern sehr unterschiedlich seien. Nicht zuletzt die derzeitige
Diskussion über das Mietrecht ziele daher darauf ab, vor allem in Ballungsräumen durch Mietanpassungen
für leistbaren Wohnraum zu sorgen, ging Hundstorfer näher auf die Anmerkung von Johann Hechtl (S) ein,
niedrige Einkommen müssten einen wesentlichen Teil ihres Haushaltsbudgets für das Wohnen aufwenden.
2013 erhielten 239.000 LeistungsbezieherInnen die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, davon waren 40% Frauen,
33% Männer und 27% Kinder, geht aus dem Sozialbericht hervor. Seit Einführung der Mindestsicherung habe
das AMS bereits 80.000 BMS-BezieherInnen wieder in Arbeit vermitteln können, zeigte Hundstorfer auf. Grundsätzlich
verwehre er sich dagegen, die BMS als eine soziale "Hängematte" zu qualifizieren: "BMS-BezieherInnen
haben nicht die Freiheit, ein Auto oder ein Sparbuch zu besitzen", außerdem erhielten sie tatsächlich
um rund 500 weniger als durchschnittliche ArbeiterInnen, unterstrich der Sozialminister. Dessen ungeachtet sei
eine Evaluierung der BMS im Gange, bei der auch die Vollzugspraxis überdacht werde. Zur Frage der Teilzeitarbeit
meinte der Minister, angesichts der lebenslangen Durchrechnung der letztendlichen Pensionshöhe müssten
Teilzeitbeschäftigte sich etwaiger Einbußen bewusst sein; das Pensionssplitting zwischen Ehepartnern
sei zwar eine mögliche Antwort auf dieses Problem, bei einer Scheidung sei dies aber auch keine Lösung.
Den Bereich Pflege adressierte Gerald Loacker, der zwar die Konsolidierung des Pflegesystems durch die 2012 erfolgte
Übertragung der Länderkompetenzen an den Bund begrüßte, aber immer noch Nachbesserungsbedarf
ortete. Vor allem der häuslichen Pflege sei besonderes Augenmerk zu schenken, etwa durch ausreichende Schulungen
und einen zielgerichteten Mitteltransfer. Die Aufwendungen des Bundes für Pflegegeld steigerten sich von 2,4
Mrd. im Jahr 2012 auf 2,48 Mrd. im Jahr 2013, heißt es im Sozialbericht. Zur besseren Vereinbarkeit von
Pflege und Beruf wurde im Vorjahr die Möglichkeit der Pflegekarenz oder teilzeit geschaffen. Bewährt
habe sich dem Ministerium zufolge die 24-Stunden-Betreuung von pflegebedürftigen Menschen daheim, zur Qualitätssicherung
der häuslichen Pflege seien 2012/13 mehr als 140.000 Hausbesuche zur objektiven Bewertung der Pflegedienste
erfolgt.
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Hundstorfer: Sozialstaat hat positiven Beitrag zur Abfederung der Wirtschaftskrise geleistet
Österreich sei im Vergleich zu den anderen EU-Staaten relativ gut durch die Finanz- und Wirtschaftskrise
gekommen, erklärt Bundesminister Rudolf Hundstorfer in dem von seinem Ressort vorgelegten Sozialbericht für
die Jahre 2013 bis 2014. Er führt dies u.a. auf die wohlfahrtsstaatlichen Strukturen und die Sozialausgaben
zurück, die trotz einer schwierigen budgetären Situation teilweise sogar ausgebaut werden konnten. Dennoch
stehe man vor einer Reihe von Herausforderungen, räumt der Minister ein, wie etwa die steigende Arbeitslosenrate,
die hohe Abgabenbelastung der Arbeitseinkommen, die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie vor
allem die zunehmenden Einkommensungleichheiten.
Der fast 400 Seiten starke Bericht bietet nicht nur einen Überblick über alle Aktivitäten in den
einzelnen Arbeitsbereichen des Ministeriums (Arbeit und Beschäftigung, Soziales, Konsumentenpolitik sowie
internationale Zusammenarbeit und sozialpolitische Grundsatzangelegenheiten), sondern er enthält auch zahlreiche
aufschlussreiche Analysen und Studien, die vom Wirtschaftsforschungsinstitut, der Statistik Austria und dem Sozialministerium
erstellt wurden. Die untersuchten Themenfelder reichen von der allgemeinen Betrachtung der Sozialausgaben, der
Entwicklung der Einkommen bis hin zu den Auswirkungen der Krise auf die Lebensbedingungen der ÖsterreicherInnen.
Aufgrund des großen Umfangs des Berichts werden im folgenden nur einzelne Kapitel exemplarisch dargestellt;
der gesamte Inhalt ist auf der Homepage des Ressorts www.sozialministerium.at abrufbar.
Die Schwerpunktmaßnahmen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
Obwohl sich die Beschäftigungssituation in Österreich seit 2010 deutlich verbessert hat, kam es gleichzeitig
zu einem Anstieg der Arbeitslosenrate, die derzeit höher als vor der Krise ist. Dennoch schneidet Österreich
im europäischen Vergleich noch sehr gut ab und liegt mit 5,1% an zweiter Stelle hinter Deutschland (5%). Die
Anstrengungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik wurden weiter intensiviert, insgesamt standen dafür
Mittel in der Höhe von über 1 Mrd. zur Verfügung. Schwerpunkte wurden dabei im Hinblick auf ältere
und gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitssuchende (Beschäftigungsinitiative 50+, fit2work) sowie auf
Jugendliche (Ausbildungsgarantie, Jugend- und Jobcoaching, Berufsausbildungsassistenz) gesetzt. Im Bericht wird
darauf hingewiesen, dass sich etwa die Ausbildungsgarantie für Jugendliche in Österreich bewährt
habe und nun europaweit als Vorzeige-Projekt und Grundlage der neuen EU-Initiative "Jugendgarantie" gelte.
Mit dem Umschulungsgeld wurde zudem eine neue Leistung aus der Arbeitslosenversicherung geschaffen. Es stellt auch
einen wesentlichen Eckpfeiler der Neugestaltung der Regelungen zur Invaliditätspension dar. Damit erhalten
gesundheitlich beeinträchtigte Personen, die zur Teilnahme an beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation
bereit sind, eine adäquate und zeitlich nicht befristete Existenzsicherung. Seit 1. Juli 2013 gibt es mit
dem Bildungsteilzeitgeld eine weitere neue Form der Ausbildungsförderung: Die Zielgruppe sind Personen, die
bei aufrechter Beschäftigung ihre Arbeitszeit reduzieren, um eine Weiterbildungsmaßnahme zu besuchen.
Das Fachkräfte-Stipendium wurde mit Juli 2013 eingeführt und unterstützt mehrjährige Ausbildungen
in konkreten Mangelberufen.
Immer mehr Versicherte gehen in reguläre Pension
Auf eine positive Entwicklung verweisen die AutorInnen des Berichts im Bereich der Alterspensionen, wo eine Steigerung
feststellbar war; die Zahl der Invaliditäts- und Hinterbliebenenpensionen habe hingegen abgenommen. Insgesamt
wurden per Dezember 2013 2.298.693 Pensionen ausbezahlt; 10 % davon erhielten eine Ausgleichszulage. Die durchschnittliche
Alterspension betrug in diesem Jahr 1.162 . Das durchschnittliche Antrittsalter bei den Direktpensionen wird mit
58,5 Jahren angegeben.
Im Berichtszeitraum gab es eine Reihe von Neuregelungen und Reformmaßnahmen in diesem Bereich wie etwa die
Einführung der Pensionskonto-Erstgutschrift, die Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen für vorzeitige
Alterspensionen wegen langer Versicherungsdauer und Korridorpensionen oder die Abschaffung der befristeten Invaliditätspensionen
für Geburtsjahrgänge ab 1964 bei gleichzeitiger Einführung eines Rehabilitations- und eines Umschulungsgeldes.
Rückläufige Lohnquote und zunehmende Belastung der Einkommen aus Arbeit
Der zweite Teil des Berichts enthält eine Reihe von sozialpolitischen Analysen, die einen detaillierteren
Einblick in die aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die Lebenssituation der österreichischen
Bevölkerung gewähren. Einer der Aspekte, der genauer untersucht wurde, war die Entwicklung und Verteilung
der Einkommen. So wurde etwa festgestellt, dass seit drei Jahrzehnten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen
fast durchgehend jedes Jahr stärker angestiegen sind als die Einkommen aus Arbeit. Auch die Abgabenbelastung
auf Arbeitseinkommen ist wesentlich höher als jene auf Unternehmens- und Vermögenseinkommen; und diese
Differenz hat sich seit 1995 noch verstärkt.
Obwohl die Zahl der unselbstständig Erwerbstätigen kontinuierlich gestiegen ist, haben die Arbeitnehmerlnnen-Entgelte
in den letzten Jahrzehnten schwächer zugenommen als die Nicht-Lohn-Einkommen bzw. Unternehmens- und Vermögenserträge.
Dies führte langfristig zu einem Rückgang der Lohnquote, also dem Anteil der Löhne am Volkseinkommen.
Der Rückgang war in Österreich stärker als in den meisten europäischen Ländern. Die (bereinigte)
Lohnquote verringerte sich zwischen 1990 und 2007 um 7,6 Prozentpunkte auf 66,2%; derzeit beträgt sie wieder
70,1% (2013). Aufgrund der steigenden Abgabenbelastung (Lohnsteuer, Sozialbeiträge) der Lohneinkommen sinkt
die Nettolohnquote aber in einem noch deutlich höheren Ausmaß als die Bruttolohnquote; sie betrug 2012
nur mehr 61%.
Strukturelle Verschiebungen am Arbeitsmarkt haben bewirkt, dass der durchschnittliche Bruttorealbezug in den unteren
Einkommensklassen von 1995 bis 2012 deutlich gesunken ist; Steigerungen gab es fast ausschließlich für
die bestverdienenden 40 %. Auch die Einkommensverteilung innerhalb der Gruppe der unselbständig Beschäftigten
stellt sich somit sehr ungleich dar: Die obersten 20 % der LohneinkommensbezieherInnen bekommen fast die Hälfte
des "Kuchens", die untersten 20 % lediglich zwei Prozent. Das hängt u.a. auch mit der Verbreitung
von geringfügiger Beschäftigung, Teilzeitbeschäftigung und Saisonbeschäftigung zusammen. Die
Teilzeitquote unselbstständig beschäftigter Frauen beträgt bereits 47 %. Weiters wird darauf hingewiesen,
dass die Einkommensunterschiede (auf Basis Stundenlöhne) zwischen Männern und Frauen zu den höchsten
der EU zählen; dies zeige sich auch entlang von Branchen (Stichwort: frauentypische Berufe).
Etwas geringere Unterschiede gibt es, wenn man die Haushaltseinkommen als Vergleichsgrundlage heranzieht. Auf die
20 % Haushalte mit den niedrigsten Einkommen entfallen 8 % des gesamten verfügbaren Einkommens, auf das oberste
Fünftel 37 %. Generell sind die Haushaltseinkommen seit 2008 um 13 % und damit um 3 % Prozent stärker
als die Inflation gestiegen. Die meisten Haushalte hatten reale Einkommenssteigerungen. Der Grund dafür liegt
in der steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen. Das verfügbare mittlere Haushaltseinkommen (Median) betrug
2013 1.840 pro Monat.
Armut gesunken, aber noch immer 1.572.000 Personen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet
Die soziale Situation hat sich seit Beginn der Finanzkrise 2009 nicht nur in Europa, sondern auch in Österreich
verschärft, heißt es weiter im Bericht. Im Jahr 2013 waren 24,5 % bzw. 122,6 Mio. Menschen in der EU
von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht (2008: 23,7 Prozent). Österreich konnte aber die Zahl der armuts-
oder ausgrenzungsgefährdeten Menschen um 127.000 verringern. Die Quote ist in Österreich damit von 20,6
% auf 18,8 % gesunken. Ein besonders hohes Risiko der Armutsgefährdung haben Alleinerzieherinnen, Migrantlnnen,
Personen mit Behinderungen und Personen mit niedriger Bildung.
Fast 600.000 Menschen müssen mehr als 40 % ihres Einkommens für Wohnen inklusive Heizung und Strom ausgeben.
Seit 2008 sind die Wohnkosten für Menschen mit geringen Einkommen am stärksten gestiegen. 50 % der Personen
in Haushalten mit niedrigem Einkommen geben an, dass sie bei unerwarteten Ausgaben von über 1.050 größere
finanzielle Probleme haben. Schwierigkeiten mit derartigen unerwarteten Ausgaben haben hingegen nur 20 % der Haushalte
mit mittlerem Einkommen und nur drei Prozent der Haushalte mit hohem Einkommen. 44 % der Haushalte mit niedrigem
Einkommen können sich keinen Urlaub leisten. Personen in Haushalten mit weniger Einkommen haben zudem viermal
so häufig gesundheitliche Einschränkungen, sie haben weniger soziale Kontakte und ihre gesamte Lebenszufriedenheit
ist niedriger als beim Durchschnitt der Bevölkerung.
Sozialstaat bleibt auch in Zukunft finanzierbar
Die Sozialquote (Anteil der Sozialausgaben am BIP) bewegte sich im Zeitraum 1995 bis 2013 zwischen 27% und 29,8%.
Tendenziell ist sie in Phasen höheren Wirtschaftswachstums niedriger und erreichte ihren bisherigen Höchststand
im Jahr 2010 mit 29,8%. Der Großteil der Aufwendungen entfiel dabei auf die Bereiche Alter und Gesundheit.
Als bemerkenswert wird angesehen, dass der Anstieg der Ausgaben für die Frühpensionen und Invaliditätspensionen
seit 1995 deutlich reduziert werden konnte. Wenn man davon ausgeht, dass die BIP-Entwicklung auf längere Sicht
trotz der aktuell geringeren Wachstumsraten deutlich über den demografisch bedingten jährlichen Zusatzkosten
für die Sozialsysteme liegt, dann stellt die Alterung der Gesellschaft hinsichtlich der Finanzierung des Staates
aber eine lösbare Aufgabe dar, schließen die StudienautorInnen.
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