Frauen übernehmen 80 Prozent der Pflegearbeit

 

erstellt am
13. 02. 15
11.00 MEZ

LRin Christine Baur: „Nur wer gut für sich sorgt, kann für andere sorgen“ – Broschüre bietet Wertschätzung und Unterstützung
Innsbruck (lk) - In den letzten Jahren ist es in Vorarlberg und Tirol gelungen, die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Aufstiegschancen für Frauen im Erwerbsleben zu verbessern. Auch die aktive Mitwirkung von Frauen in der Politik ist gestiegen. Nichtsdestotrotz orten die Frauenlandesrätin Tirols, Christine Baur, und ihre Vorarlberger Amtskollegin Katharina Wiesflecker eine Ungleichverteilung bei der der bezahlten und unbezahlten Arbeit wie Hausarbeit, Kinderbetreuung, Pflege älterer und kranker Angehöriger. Konkret: Männer leisten 61 Prozent der bezahlten Arbeit, umgekehrt werden 66 Prozent der unbezahlten Arbeit von Frauen besorgt. Demzufolge sind treten auch Unterschiede hinsichtlich Arbeitszeit zutage: Aufgrund der Ungleichverteilung der unbezahlten Arbeit sind Frauen im Erwerbsleben besonders häufig in geringfügigen und Teilzeitbeschäftigungen zu finden, was sich auch in den Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen widerspiegelt.

Tirol und Vorarlberg entwickelten „Wertschätze – Pflegeschätze“
Hausarbeit, Kinderbetreuung, aber auch die Pflege sind weiblich. Laut der letzten Zeitverwendungserhebung von Statistik Austria übernehmen Frauen zwei Drittel der anfallenden Hausarbeit und Kinderbetreuung und 80 Prozent der familiären Pflege von Angehörigen. „Es ist uns daher wichtig, den Personen, die pflegen – und das sind vor allem Frauen – bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen“, betont Wiesflecker. Mehr als zwei Drittel der pflegenden Angehörigen fühlen sich bei ihrer Betreuungs- und Pflegearbeit „ab und zu“ oder „fast immer“ überlastet. Als besonders belastend werden die Verantwortung für die zu pflegende Person und die Aussichtslosigkeit hinsichtlich des Gesundheitszustandes genannt. Das geht aus dem Frauenbericht 2010 hervor.

Tirol und Vorarlberg haben angesichts dieser Situation eine Unterstützungsbroschüre mit zehn Geboten für Pflegende entwickelt und herausgegeben. Die zehn Wertschätze dienen zur Selbstsorge für Angehörige, die pflegen, betreuen und Verantwortung übernehmen. „Denn wer Angehörige pflegt, leistet täglich Enormes. Und oft passiert es, dass die eigenen Bedürfnisse zu kurz kommen“, weiß Baur.

Hilfe für die Helfenden
Für diejenigen, deren Leben sich rund um die Bedürfnisse einer pflege- oder betreuungsbedürftigen Person dreht, können die Belastungen sehr groß sein: gestörte Nachtruhe, wenig Zeit für sich, Einschränkung von Kontakten mit Menschen außerhalb der Familie sind die Folgen einer hohen Pflegeverantwortung.

Wenn die persönlichen Belastungsgrenzen überschritten werden, können körperliche Beschwerden auftreten, aber auch Müdigkeit, Gereiztheit und Ungeduld, vielleicht auch Wut. „Im Zusammenhang mit Pflege und Betreuung von Angehörigen ist viel von Verantwortung und Pflichten die Rede, es gibt sehr viel ‚Müssen‘ – dem möchten wir ein ‚Dürfen‘ gegenüberstellen. Nur wer gut für sich sorgt, kann auch für andere sorgen“, erläutert Baur den Inhalt der Unterstützungsbroschüre.

In der Broschüre wurden daher wichtige Grundsätze zusammengestellt, um Pflegende bei ihrer herausfordernden Tätigkeit zu unterstützen:

  • Du darfst offen über die Zukunft sprechen
  • Du darfst andere mit in die Verantwortung nehmen
  • Du darfst professionelle Unterstützung holen und Pflege- und Betreuungsaufgaben abgeben
  • Du darfst mitteilen, wie es dir wirklich geht
  • Du darfst dich wichtig nehmen und dir Gutes tun
  • Du darfst für deine Gesundheit sorgen
  • Du darfst negative und positive Gefühle haben (Hinweise dazu unter http://www.pflegen-und-leben.de/index.php/staerken-sie-sich/notfallkoffer)
  • Du darfst dir Hilfe für dich holen
  • Du darfst das Thema Geld ansprechen
  • Du darfst den Erwartungen nicht entsprechen
  • Wo finde ich Rat und Unterstützung?

Abschließend nutzte LRin Christine Baur noch die Gelegenheit, den pflegenden Angehörigen ihren Respekt und ihre Wertschätzung auszusprechen: „Einen Angehörigen zu pflegen ist eine dankbare, aber auch sehr fordernde Aufgabe, die oft sehr an die Substanz geht. Ohne den aufopfernden Einsatz dieser Menschen, würde unsere Gesellschaft um Mitgefühl ärmer sein, aber auch gleichzeitig das Sozialsystem unseres Landes in eine Schieflage geraten“.

 

 

 

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