Nachwuchs-Theater-Wettbewerb 2015 – Die FinalistInnen stehen fest
Wien (artphalanx) - Sind wir alle Peter Pan? Kindliche nimmersatte Konsumenten, die nach dem neuesten Gadget
schreien, und sich von unserer Gouvernante, dem Staat, entmündigen lassen? Oder sind wir erwachsene, mündige
Bürger, die ihr Leben gestalten und jenseits unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung denken und leben können?,
hieß es in der Ausschreibung zum Nachwuchs-Theater-Wettbewerb 2015. TheaterkünstlerInnen in Ausbildung
oder am Beginn ihrer Berufslaufbahn waren aufgerufen, bis zum 11. November 2014 ihre Projekte zum Thema "Für
immer Peter Pan!" einzureichen. Die bereits zum achten mal stattfindende Veranstaltung stieß auch diesmal
wieder auf reges, auch internationales Interesse: insgesamt wurden 73 Projekte eingereicht. Die Einreichenden stammen
vorwiegend aus Österreich, Deutschland und der Schweiz (85%), einzelne Personen kommen aus anderen EU Ländern
sowie u.a. aus Israel, Argentinien oder der Ukraine.
Nach drei Tagen intensiver Hearings, zu denen 12 Gruppen eingeladen waren, stehen jetzt die FinalistInnen fest.
Ausgewählt wurden vier Projekte, die das Leitungsteam des Theater Drachengasse durch einen klaren inhaltlichen
Fokus und eine schlüssige theatralische Umsetzung überzeugen konnten:
Lena Rasovsky, Jessica R. Hauser, Anna Laner, Nancy Mensah Offei und Alexander Tilling
LOST: girls and pirates and songs
Vom Wunsch verloren zu gehen angesichts der Anforderungen des Erwachsen-Seins erzählen Rasovsky/Hauser/Laner/Mensah
Offei/Tilling.
Carolyn Amann und Katharina Paul
Fairy Dust ™
Die schöne neue Arbeitswelt der Internet Start-Ups mit ihrer Vernutzung antikapitalistischer Lebensentwürfe
ist das Thema von Amann/Paul.
Theresa Thomasberger, Jean Philipp Oliver Viol und Anna-Sophie Fritz
ALB [when Alice met Peter]
Als Liebesgeschichte erzählt das Team Thomasberger/Viol/Fritz von der Lähmung angesichts der Überfülle
an Möglichkeiten. Alice hat eine Depression namens Peter.
Banafshe Hourmazdi und Frederik Müller
Meine Nase läuft
Die zeitgenössische Partykultur mit ihrem Glücksversprechen des seligen Vergessens untersuchen Hourmazdi/Müller.
Hat sie subversives Potential, oder erschöpft sie sich im Eskapismus?
Ablauf des Wettbewerbs
Die ausgewählten 20-Minuten-Projekte werden über 3 Wochen in der Bar&Co zu sehen sein (Premiere:
1. Juni 2015), an jedem Abend werden alle vier Kurzstücke gezeigt. Den Gruppen steht in der Probenphase die
Regisseurin Katharina Schwarz als Coach zur Seite. Es gibt zwei Preise zu gewinnen: den Publikumspreis, der mit
1.000.- Euro dotiert ist, sowie den Jurypreis. Jenes Stück, das die Jury (Bettina Hering, Intendantin Landestheater
Niederösterreich, Genia Enzelberger, Kuratorium für Theater, Tanz und Performance der Stadt Wien und
Tomas Schweigen, designierter Intendant Schauspielhaus Wien) zum Sieger kürt, erhält 5.000 Euro von der
Kulturabteilung des Magistrats der Stadt Wien für die weitere Ausarbeitung des Projekts in der kommenden Saison.
Die GewinnerInnen beider Preise werden am 20. Juni nach der Vorstellung bekannt gegeben. Für alle einreichenden
Gruppen, die es nicht in das Finale geschafft haben und ihre Projekte trotzdem gerne präsentieren wollen,
wird es auch dieses Jahr wieder einen Showcase geben.
Thematische und künstlerische Tendenzen der Einreichungen
Es werden Ohnmachtsgefühle, die Flucht in Parallelwelten (Drogen, Spiel, Parties und Terrorismus) und
die Wut über die Verhältnisse verhandelt. Explizit politische Inhalte werden oft in Dystopien gedacht.
Ein weiterer Themenkomplex ist die Selbstoptimierung und Selbstdarstellung in den Social Media mit der Frage nach
der Vereinbarkeit von virtuellem und realem Selbst. Häufig wird die Frage nach einer Balance zwischen Verpflichtung
und Sorglosigkeit aufgegriffen, verbunden mit einer klaren Absage an ein verantwortungsloses Erwachsenenleben und
der Suche nach zivilgesellschaftlicher Partizipation. Fast die Hälfte der Gruppen sind international besetzt,
wobei sich Arbeitszusammenhänge oft über den Studienort ergeben. Die gewählten Ausdrucksformen umfassen
Sprechtheater, Performance, Figuren-theater, Tanz- und Musiktheater.
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