Ein internationales Forschungsteam hat im All etwas Aussergewöhnliches entdeckt: Ein sich
neu formierendes Sternensystem, das aus Teilen einer fadenförmigen Gaswolke hervorgeht.
Zürich (idw) - Ein internationales Team von Astrophysikern ist Zeuge eines besonderen Ereignisses geworden:
Im Sternbild Perseus entdeckten Forscherinnen und Forscher erstmals die Entstehung eines vierpoligen Sternensystems,
das sich aus weit auseinanderliegenden Fragmenten einer fadenförmigen Gaswolke bildete. Das Sternensystem
besteht aus einem noch jungen Stern, der sich in einer frühen Entstehungsphase befindet, und aus drei kondensierenden
Gaswolken, die durch Gravitationskräfte rasch verdichtet werden. Berechnungen der Astrophysiker zufolge wird
sich jede der Gaswolken in 40‘000 Jahren zu einem Stern formieren. Die Sterne dürften relativ klein sein und
nur rund einen Zehntel der Masse unserer Sonne erreichen. Der Abstand zwischen den einzelnen Sternen beträgt
mehr als das Tausendfache der durchschnittlichen Distanz zwischen Sonne und Erde.
Instabiler Quadrupol bricht auseinander
Die Fachleute berechneten, dass die beiden Sterne mit der kürzesten Distanz zueinander ein stabiles Doppelsystem
bilden, während die beiden anderen weiter entfernten Sterne nach rund einer halben Million Jahre ins All hinausgeschleudert
werden. «Sternensysteme mit mehr als drei Mitgliedern sind instabil und störungsanfällig»,
sagt Jaime Pineda vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. Er ist Erstautor einer Studie, die
soeben in «Nature» erschienen ist. So sei das wahrscheinlichste Szenario, dass der Quadrupol zerfallen
und nur «kurze» Zeit Bestand haben werde.
Die Forscher konnten nicht nur erstmals die Entstehung eines multiplen Sternensystems aus einer fragmentierten
Gaswolke beobachten. Ungewöhnlich ist auch, wie schnell sich das System bildet. Die veranschlagten 40‘000
Jahre sind für astronomische Verhältnisse «aussergewöhnlich rasch», betont der Pineda.
Auch konnte bis anhin noch nie jemand beobachten, das sich Sternensysteme aus Teilen einer fadenförmigen Gaswolke
bilden. «Zuerst dachten wir, dass die Fragmente nicht miteinander in Wechselwirkung treten würden.»
Oftmals würden sich nur Dreiersysteme bilden.
Einmaliges System untersucht
Pineda ist Mitglied einer Forschungskollaboration, die das Sternensystem beobachtete sowie dessen Werden und Vergehen
simulierte. Er arbeitete zur Zeit dieser Entdeckung als Postdoc am Institut für Astronomie der ETH Zürich
in der Gruppe von Professor Michael Meyer, genauso wie Mitautor Richard Parker, der am Computer die Stabilität
des Sternensystems bestimmte. An der Arbeit beteiligt waren Astrophysikerinnen und Astrophysiker mehrerer amerikanischer
und europäischer Hochschulen, darunter die Universitäten von Harvard, Yale, Manchester und Liverpool
John Moores. Ihre Beobachtungen machten die Forschenden mit einem Very Large Array (VLA) in den Vereinigten Staaten.
Damit wiesen sie die von Ammoniummolekülen (NH3) ausgehende Emissionen nach. Ammonium ist ein Bestandteil
der Gaswolken.
«Mehrfach-Sternensysteme sind an sich in unserer Galaxie sehr häufig», sagt Michael Meyer, Professor
am Institut für Astronomie der ETH Zürich. Die meisten Forscher haben sich jedoch auf die «Geburt»
und Entwicklung einzelner Sterne konzentriert, da dies nicht so komplex sei. Ausserdem würden sich diejenigen
Wissenschaftler, die Mehrfachsysteme analysierten, mehr auf das Endresultat der Sternenbildung fokussieren. «Deshalb
ist diese Entdeckung auch etwas ganz Besonderes.»
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