Kinderbetreuung und Arbeitsplätze stehen im Zentrum kommunalen Handelns
Wien (gemeindebund) - Die Gemeinden Österreichs wollen weiter sparen, gehen aber mit etwas mehr Zuversicht
ins neue Jahr. Das geht aus dem Kommunalbarometer 2015 hervor. Bereits zum dritten Mal führt die Intranet-Plattform
kommunalnet.at gemeinsam mit dem Gemeindebund die größte Befragung von Bürgermeister/innen in Österreich
durch. Dabei werden die Bürgermeister/innen - immer am Ende eines Kalenderjahres - zu ihren Erwartungen und
Plänen für das kommende Jahr befragt. Ein Teil der Fragen wird jedes Jahr im gleichen Wortlaut gestellt,
um etwaige Veränderungen im Meinungsbild aufzeigen zu können.
"Heuer haben sich insgesamt 503 Gemeinden an dieser Befragung beteiligt", berichtet Gemeindebund-Präsident
Helmut Mödlhammer. "Bei 2.354 Gemeinden (inzwischen sind es durch die steirische Gemeindestrukturreform
nur noch 2.102) ist das ein Rücklauf von 21 Prozent aller Gemeinden." Damit, ergänzt Kommunalnet-Geschäftsführer
Lucas Sobotka, "sind wir sowohl von der Gesamtzahl, als auch von der regionalen Verteilung höchst repräsentativ."
Die durchschnittliche Gemeinde hat für 2015 einen ordentlichen Haushalt zwischen 2 und 5 Mio. Euro budgetiert
(43 Prozent). 19 Prozent der Kommunen haben einen ordentlichen Haushalt zwischen 5 und 10 Mio. Euro, weitere 7
Prozent liegen in ihrem Voranschlag zwischen 10 und 20 Mio. Euro. Im Jahresvergleich sieht man, dass die Anzahl
der Gemeinden mit Budgetvolumina zwischen 2 und 5 Mio. Euro steigt. Größere Investitionsprojekte werden
in der Regel über die außerordentlichen Haushalte abgewickelt, die zum überwiegenden Teil die 1-Mio-Euro-Grenze
nicht übersteigen.
Interessant ist auch die Erwartungshaltung der Gemeinden, wenn es um die Planung ihrer Einnahmen geht. 64,7 Prozent
glauben, dass die Ertragsanteile steigen werden. Das sind jene Einnahmen, die über den Finanzausgleich an
Länder und Gemeinden ausbezahlt werden. Deutlich weniger Gemeinden erwarten einen Anstieg der Einnahmen aus
eigenen Steuern oder Gebühren.
Bei den großen Ausgabeposten befürchten die heimischen Bürgermeister/innen auch 2015 einen starken
Anstieg der Ausgaben für Soziales und Pflege. 85 Prozent glauben, dass es hier zu starken oder zumindest leichten
Steigerungen kommen wird. Für die Bereiche Gesundheit, Schule oder Verwaltung werden leichte Kostensteigerungen
angenommen. "Der Sozialbereich ist natürlich ein Dauerbrenner", weiß Mödlhammer. "Obwohl
wir durch den Pflegefonds sicher eine Erleichterung für die Kommunen erreicht haben, ist das eine der größten
Zukunftsherausforderungen in der Finanzierung. Darüber müssen wir uns bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich
ausgiebig unterhalten."
Bei ihren Investitionen legen die Kommunen in den letzten Jahren konstant ihre Schwerpunkte auf die Sanierung.
Dementsprechend steigen die Ausgaben für Sanierungsvorhaben auch merkbar stärker, als jene für Neuinvestitionen.
"Das liegt u.a. auch daran, dass viele unserer 60.000 Gebäude inzwischen sanierungsbedürftig sind.
Auch beim Kanal-, Wasser- oder Straßenbau kommen wir bei vielen Anlagen in die Sanierungsphase. Hier sind
Neuerrichtungen inzwischen deutlich weniger geworden", so Mödlhammer.
Erfreulich ist auch, dass die Kommunen den Konsolidierungspfad weiterhin nicht verlassen wollen. In 43 Prozent
der Gemeinden soll die Finanzschuld 2015 weiter sinken, in weiteren 20 Prozent zumindest gleich bleiben. "Wir
haben ja schon in den letzten beiden Jahren die Schuldenstände österreichweit gesenkt", erinnert
Mödlhammer. "Es ist wichtig, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und wir unsere Verpflichtungen im
Stabilitätspakt einhalten können." Trotzdem sind immerhin noch 32 Prozent der Gemeinden auf Bedarfszuweisungsmittel
angewiesen, um ihren Haushalt ausgleichen zu können. Diese Mittel werden von den Ertragsanteilen abgezogen
und quasi in einem "Solidaritätsfonds" für strukturschwache Gemeinden verwaltet
Kinderbetreuung, Arbeitsplätze, Lebensqualität
Die höchste Priorität wird 2015 die Kinderbetreuung in Österreichs Gemeinden haben. "Wir
haben ja vor einigen Wochen eine Bevölkerungsumfrage präsentiert, die zeigt, wie hoch die Zufriedenheit
ist, die uns aber auch sagt, wo wir noch Handlungsbedarf haben", so Mödlhammer. "Die Gemeinden haben
in den letzten Jahren gewaltige Anstrengungen unternommen, um das Angebot auszubauen. Bei den Kindergärten
sind wir hervorragend versorgt, bei der Kleinkind-Betreuung und der schulischen Nachmittagsbetreuung ist der Ausbau
bei weitem noch nicht abgeschlossen, das sehen auch die Bürgermeister/innen so." Die Schaffung von Arbeitsplätzen
sowie der Erhalt der Lebensqualität im ländlichen Raum sind auf Rang 2 und 3 der wichtigsten Themenfelder
für die Ortschefs.
Drei Viertel der Bürgermeister/innen glauben, dass sich die wirtschaftliche Situation ihrer Gemeinde im kommenden
Jahr verbessern oder zumindest stabil bleiben wird. Ein Viertel befürchtet leichte oder starke Verschlechterungen.
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Mödlhammer: "Chance auf umfassende Aufgabenreform wurde offensichtlich vertan"
Gemeindebund-Chef wehrt sich gegen bürokratische Lasten für Gemeinden
Mit Enttäuschung kommentierte Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer am 10.02. die Tatsache,
dass eine Aufgabenreform bei den Überlegungen zu einer Steuerreform offenbar keine Rolle spielt. "So
wie es derzeit aussieht wurde die Chance auf eine große Aufgabenreform vertan", so Mödlhammer.
"Da diskutiert man lieber lang und breit ein neues Haushaltsrecht, bevor man sich überlegt, welche Ebene
welche Aufgaben erfüllen soll", so Mödlhammer im Zuge einer Pressekonferenz zum "Kommunalbarometer
2015".
"Ich hätte mir gewünscht, dass diese Debatte anders verläuft. Man müsste zuerst klären,
ob eine Aufgabe vom Bund, den Ländern oder den Gemeinden ausgeführt werden soll, bevor man darüber
redet, wer welche Mittel und Steuern dafür braucht", so der Gemeindebund-Chef. "Stattdessen will
man den Gemeinden ein Haushaltsrecht überstülpen, dessen Einführung allein rund 230 Mio. Euro kosten
soll." Die relevanten Daten, wie sie u.a. auch von der EU gefordert würden, könnten die Gemeinden
jederzeit liefern, "dazu brauchen wir kein völlig neues System einführen, das ohne Expertenhilfe
gar nicht zu implementieren ist."
Am Beispiel des Rechnungsabschlusses des Bundes verdeutlichte Mödlhammer seine Ablehnung: "Dieses Dokument
hat 15.000 Seiten. Allein die Schaffung der technischen Voraussetzungen hat mehr als 5 Mio. Euro gekostet und rund
6.000 Arbeitsstunden in der Verwaltung bedurft. Und selbst der Bund konnte das nicht ohne Beiziehung externe Experten
durchführen, deren Arbeit ebenfalls mehr als eine Million Euro gekostet hat", so Mödlhammer. Die
vom Gemeindebund-Chef genannten Zahlen gehen aus einer Anfragebeantwortung der Grünen an Finanzminister Schelling hervor.
Der Gemeindebund habe ein Modell erarbeitet, das alle gewünschten Daten liefere. "Wir haben das den Experten
im Finanzministerium schon vorgelegt, ich werde es demnächst auch dem Herrn Rechnungshof-Präsidenten
vorstellen", so Mödlhammer.
Mit Verärgerung kommentierte der Gemeindebund-Präsident auch, "dass wir ständig mit populistischen
Forderungen und Versprechungen anderer zu kämpfen haben." Es könne nicht sein, dass Bundes- und
Landespolitiker immer wieder mit Ideen vorpreschen, zu deren Finanzierung sie nichts beitragen wollen. "Die
Kinderbetreuung etwa haben die Gemeinden zu organisieren und weitgehend zu bezahlen. Wer ein zweites kostenfreies
und verpflichtendes Kindergartenjahr will, der soll auch dazusagen, wer das bezahlen soll. Die Gemeinden können
sich das ebenso wenig leisten, wie die vollständige Akademisierung der Ausbildung für Kindergartenpädagog/innen
oder Pflegepersonal."
Überdies verlangte Mödlhammer die Einhaltung von Zusagen, die den Gemeinden mehrfach gegeben wurden.
"Die Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft hängt noch immer in der Luft", so Mödlhammer.
"Hier wurden uns von der Bundesregierung rund 100 Mio. Euro zugesagt, um dringend nötige Sanierungsarbeiten
kofinanzieren zu können", erinnerte Mödlhammer. "Geflossen ist von diesen Mitteln bisher nichts."
Um die Bauwirtschaft anzukurbeln schlug Mödlhammer eine Reform der Auszahlung der Bedarfszuweisungsmittel
vor. Diese Mittel werden vom Gemeindeanteil aus dem Finanzausgleich vorab abgezogen und von den Ländern verwaltet.
"Hier sollte man einen Schwerpunkt auf die Sanierung kommunaler Einrichtungen und Gebäude legen und mit
diesen Mitteln einen stärkeren Anreiz schaffen", so Mödlhammer.
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